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2. Oktober 2020
Nach TV-Schlacht und Corona-Schock: Das bedeutet die US-Wahl für Anleger

Nach TV-Schlacht und Corona-Schock: Das bedeutet die US-Wahl für Anleger

Die US-Präsidentschaftswahlen gehen in die heiße Phase. Das erste TV-Duell sorgte für Entsetzen. Nun ist auch noch US-Präsident Donald Trump positiv auf Corona-Virus getestet worden. Die hitzige US-Wahl beschäftigt auch zahlreiche Anlageexperten. AssCompact zeigt, ob sie eher zur Vorsicht oder zur Gelassenheit raten.

Am 03.11.2020 wird der neue US-Präsident gewählt. Verteidigt Donald Trump doch noch sein Amt, oder kann Joe Biden den Vorsprung aus den Umfragen in einen Wahlsieg ummünzen? Diese Frage beschäftigt nicht nur die US-Bevölkerung und ausländische Politikbeobachter, sondern auch die Märkte. Das hitzige TV-Duell am Dienstag blieb an den Börsen noch weitestgehend ohne Folge. Dass Donald Trump nun positiv auf Corona getestet wurde, setzte die Kurse an den Aktienmärkten in einer ersten Reaktion allerdings deutlich unter Druck.

Positiver Corona-Test sorgt für vielfältige Unsicherheiten

Die Verunsicherung an den Börsen ist nachvollziehbar. Schließlich sind die Folgen der Corona-Infektion des US-Präsidenten völlig unklar. Wird Trump die Amtsgeschäfte weiter wahrnehmen können? Wie kann der Wahlkampf unter diesen Bedingungen fortgesetzt werden? Und drohen dem US-Präsidenten vielleicht sogar ernsthafte gesundheitliche Folgen? All das ist zunächst nicht absehbar. Und nichts mögen die Börsen weniger als Unsicherheit.

Anleger sollten cool bleiben

Die Experten der Sutor Bank raten Anlegern allerdings ganz allgemein nicht zu sehr auf Präsidentschaftswahlen zu schauen. Die Hamburger Bank hat analysiert wie sich die Performance des S&P 500 seit 1929 in Jahren demokratischer und in Jahren republikanischer Präsidentschaften entwickelt hat. Das Ergebnis: Anleger sollten „cool“ bleiben. Insgesamt 30 Jahren mit positiver Performance des S&P 500 unter republikanischen Präsidenten stehen 37 Jahre mit positiver Performance unter demokratischen Präsidenten gegenüber. Bei den Jahren im Minus sind es 14 Jahre auf republikanischer Seite und elf Jahre auf demokratischer Seite. Demnach mache es historisch keinen signifikanten Unterschied, ob ein republikanischer oder ein demokratischer US-Präsident regiert.

Begrenzter Einflüsse von Präsidenten und Parteien

Die Einflüsse von US-Präsidenten und ihren Parteien auf Börsenkurse und die Wirtschaft seien ohnehin sehr begrenzt. Zwar gelte der US-Präsident als Machtzentrum im politischen System der USA, doch gebe es mit dem Kongress ein klares Gegengewicht zu ihm. Insgesamt gebe es viele Einflüsse, die auf die Börse besonders stark durchschlagen, die weder mit dem Präsidenten noch mit einer bestimmten Partei zu tun. Anleger sollten daher mit Blick auf die US-Wahlen ruhig und entspannt bleiben. Die Auswirkungen auf die Börse im Nachgang der nächsten Präsidentschaftswahlen dürften kaum spürbar sein – ganz gleich, wie der nächste Präsident heißt und welcher Partei er angehört.

„Ein denkwürdiges Umfeld“

Auch das US-Investmenthauses American Century Investments (ACI) rät zur Gelassenheit. Die Präsidentschaftswahlen in den USA erhitzen zwar auch die Gemüter der Investoren. De facto steige die Volatilität aber nur vorübergehend, während die längerfristige Wertentwicklung der Märkte von den Wahlen kaum beeinflusst wird. „Die US-Präsidentschaftswahlen finden in einem denkwürdigen Umfeld statt. Unsere Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Wahlergebnisse die Ergebnisse auf den Finanzmärkten nicht über einen längeren Zeitraum beeinträchtigen. Es lohnt sich also nicht, Investments an den Wahlen auszurichten“, sagt Rich Weiss, CIO Multi Asset bei American Century Investments.

Ausstieg vor der Wahl lohnt sich nicht

Auch ACI untermauert die eigene These mit Zahlen. Die Experten haben die Marktentwicklung in allen Wahljahren seit 1932 analysiert. Wer sechs Monate vor der Wahl in den S&P 500 investiert hatte und bis sechs Monate nach der Wahl investiert blieb, erwirtschaftete demnach im Durchschnitt einen Wertzuwachs von rund 10%. Wer hingegen vor oder nach der Wahl aus dem Markt ausstieg, fuhr im Durchschnitt erheblich schlechter. Am schwächsten fiel der Wertzuwachs für Anleger aus, die von sechs Monaten vor der Wahl bis sechs Monate nach der Wahl in 1-monatige US Treasury Bills statt in den Aktienmarkt investiert hatten.

Wahl ist enger als es scheint

Die Experten von Amundi haben sich ebenfalls mit den möglichen Folgen der US-Wahl auf Wirtschaft und Märkte beschäftigt. Didier Borowski, Head of Global Views, Marco Perondini, Head of Equities, Christine Todd, Head of Fixed Income und Paresh Upadhyaya, Director Currency Strategy sehen das Rennen um die US-Präsidentschaft enger als es scheint. So liege der Vorsprung Bidens gerade in den Swing States gerade einmal innerhalb der Fehlergrenze. Genau dort werde aber die Wahl entschieden.

Das sind die Konsequenzen für die Anleger

Wegen des erneuten Doppeldefizits, rasant steigender Staatsschulden und der langfristigen (Fast-)Nullzinspolitik der US-Notenbank Fed erwartet Amundi mittelfristig einen schwachen Dollar. Sollten Trumps Siegchancen steigen, könne der US-Dollar kurzfristig aufwerten, da die Märkte in diesem Fall wachsende Handelsspannungen und geopolitische Unsicherheit befürchten müssten. In jedem Fall erwarten Didier Borowski und seine Kollegen unmittelbar vor den Wahlen eine steigende Volatilität. Das größte Risiko für die Märkte gehe allerdings kurzfristig von einem unklaren Wahlergebnis aus.

Corona-Test könnte die Unsicherheit verstärken

„Die heutige Nachricht, dass Präsident Trump und seine Frau Melania positiv auf Covid-19 getestet wurden, könnte die Unsicherheit noch verstärken”, bezieht Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management, als einer der ersten Stellung zum positiven Corona-Test Donald Trumps. Auch zur hitzigen TV-Debatte äußert sich Dowding. Diese sei in einer Farce geendet, in der sich Donald Trump und Joe Biden Vorwürfe an den Kopf warfen wie zwei alte, zornige Männer.

Wahlen dürften vieles überschatten

Insgesamt dürften Dowding zufolge die Wahlen in den USA dürften vieles von dem überschatten, was sich ansonsten in den kommenden Wochen abspielt. Normalerweise wäre zu erwarten, dass aufgrund der jeweiligen Steuerpolitik Aktien von einem Sieg Donald Trumps profitierten, während ein Erfolg der Demokraten eher zu Kursrückgängen führte. Hoffnungen auf höhere Fiskalausgaben unter einer Biden-Präsidentschaft könnten andererseits aber die Märkte unterstützen. Unabhängig davon teil Dowding die Ansicht, dass Bedenken, dass ein knapper Trump-Gewinn soziale Unruhen schürt, problematisch sein dürften. (mh)

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