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20. September 2022
Nachhaltigkeit forcieren, Bewusstsein dafür schaffen

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Nachhaltigkeit forcieren, Bewusstsein dafür schaffen

Können Sie mir bitte diese Zertifikatlandschaft im ESG-Bereich kurz erläutern?

Hier existieren drei vergleichsweise bedeutende Zertifizierungssysteme: das der DGNB (Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen), das BREEAM (Building Reserach Establishment Environmental Assessment Method) und das LEED (Leadership in Energy and Environmental Design). Mitunter sind diese Zertifizierungen recht kleinteilig und detailliert, da das Monitoring im Optimalfall früh – bereits mit Protokollierungen während der Bauphase – beginnt. Daher: Viele möchten das Zertifikat besitzen, aber nur wenige möchten den Zertifizierungsprozess durchlaufen.

Nichtsdestotrotz ist die energetische Sanierung eines Gebäudes ein mitunter kostspieliges Vorhaben. Auch so manche Folgeeffekte sind beim Erwerb nicht absehbar. Wie reagieren darauf Ihre Kundinnen und Kunden?

Wir haben in der Vermittlung mittlerweile Kundinnen und Kunden, die von bestimmten Immobilien Abstand nehmen, weil sie nicht überblicken können, was da an energetischem Sanierungsaufwand auf sie zukommt. Bei Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen und bei denen beispielsweise die Fassade schützenswert ist, ist es mit dem Fensteraustausch nicht getan, sondern es entstehen auch noch weitere Verpflichtungen – und damit auch Kosten. Gerade bei alten Gebäuden entstehen durch den Austausch von Fenstern, ohne dass auch eine Dämmung angebracht wird, mehr Probleme als Vorteile.

Die Nachhaltigkeitswende ist auch ein konfliktbeladener Pfad. Wo knirscht es denn im Immobilienbereich?

Auf Länderebene setzt sich vermehrt die Auffassung durch, dass alle Neubauten eine Photovoltaikanlage anbringen müssen, um regenerative Energie zu erzeugen. Gleichzeitig sind viele institutionelle Investoren und insbesondere Wohnungsgesellschaften, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten, von der Gewerbesteuer befreit. Verkaufen diese Gebäudeeigentümer nun aber Strom an ihre Mieterinnen und Mieter, werden sie gewerbesteuerpflichtig. Der Gebäude­eigentümer müsste also die Dachflächen an einen Dritten vermieten, der den Stromverkauf, die Instandhaltung und die Wartung übernimmt. Doch dieses Unterfangen bindet Ressourcen und ist nicht nur rechtlich kompliziert, sondern erhöht auch die Betriebskosten.

Ich glaube dennoch, dass wir mit diesen Widersprüchen werden leben müssen. Sie entbinden uns nämlich nicht von der Pflicht zu versuchen, das bestmögliche Ergebnis im Sinne der Nachhaltigkeit zu erzielen.

Und wie können Sie als Immobilienmaklerin in dieser Gemengelage die Nachhaltigkeitswende forcieren?

Immobilienmakler sind Berater für Verkäufer, Projektentwickler und Eigentümer. Wir können Nachhaltigkeit forcieren, indem wir ein Bewusstsein dafür schaffen. Wir können im Hinblick auf nachhaltige Nutzungsarten oder auf nachhaltige Bauweisen beraten und wir kennen die Best-Practice-Beispiele. Immobilienmakler sind zudem stark in der Immobilienwirtschaft vernetzt, wodurch wir gerade beim Thema Nachhaltigkeit viel voneinander lernen können.

Über Wittlinger & Co.

Seit Oktober 2020 leiten Jeanette Kuhnert und Lisa-Marie Wittlinger die Wittlinger & Compagnie GmbH & Co. KG, kurz Wittlinger & Co. Das Unternehmen berät Kundinnen und Kunden im Verkauf und in der Vermietung von Gewerbe- und Investmentimmobilien. Jeanette Kuhnert ist seit 2014 als Maklerin für Gewerbeimmobilien tätig und hat Vermietungen und Verkäufe mit unterschiedlichsten Nutzungsarten betreut.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 09/2022, S. 72 f., und in unserem ePaper.

Das Interview führte Dr. Alexander Ströhl, AssCompact

Bild: Jeanette Kuhnert, Wittlinger & Co.

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Ein Interview mit
Jeanette Kuhnert