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3. März 2020
Neodigital: „Maschmeyer-Netzwerk nicht zu nutzen, wäre fahrlässig“

Neodigital: „Maschmeyer-Netzwerk nicht zu nutzen, wäre fahrlässig“

Mit Carsten Maschmeyer als neuem Investor an Bord plant Neodigital, weitere Produktsparten anzugehen. Auch als Digitalisierungsdienstleister will sich das InsurTech breiter aufstellen, wie Stephen Voss, der Vorstand und Gründer der Neodigital Versicherung AG, im Interview erklärt.

Herr Voss, die Nachricht, dass Carsten Maschmeyer mit seiner Beteiligungsfirma ALSTIN Capital bei Neodigital eingestiegen ist, hat ja einige Wellen geschlagen. Gibt es hier neben dem Investment auch direkten Austausch mit Herrn Maschmeyer?

Den gibt es natürlich und das ist uns auch sehr wichtig. Schließlich bringt Carsten Maschmeyer langjährige Erfahrung in der Finanzdienstleistungsbranche mit und hat ein weitreichendes und belastbares Netzwerk. Das nicht zu nutzen wäre fahrlässig. ALSTIN Capital stellt außerdem auch ein Mitglied im Aufsichtsrat, genauso wie der zweite neue Investor, die Deutsche Rück. Auch hier werden wir von einem erweiterten Netzwerk und dem Know-how eines etablierten Rückversicherers profitieren.

Was bedeutet ein solches Investment für Ihr Unternehmen?

Für uns ist das von großer Bedeutung: Mit dem neuen Kapital können wir an der vertikalen Erweiterung unserer Produktpalette arbeiten. Neben der kontinuierlichen Verbesserung unserer technischen Plattform und den effizienten Prozessen wollen wir neue Produktsparten angehen. Neben den bereits angebotenen privaten Sachsparten Tierhalter- und Privathaftpflicht, Hausrat- sowie Unfallversicherung werden wir 2020 die Palette in Richtung Wohngebäude-, Rechtsschutz- und Kfz-Versicherung ausbauen. Außerdem wollen wir neue Nischen besetzen, so wie wir das aktuell mit der Fahrrad- und E-Bike-Versicherung tun.

Sammeln die InsurTechs denn weiterhin viel Geld ein und welche sind es vor allem?

Auch wenn man nicht mit Gegenfragen antworten soll: Was ist denn „viel“ und was fällt unter den Begriff „InsurTech“, der ja recht breit ist? Es gibt technische Anbieter im Markt, sogenannte InsurTechs, und es gibt Gesellschaften, ähnlich wie Neodigital, die einen kompletten Risikoträger abbilden, also ein vollumfängliches Versicherungsunternehmen. Hier kann ich nur unseren subjektiven Eindruck wiedergeben, der nicht in Anspruch nimmt, den gesamten Markt zu erfassen. Wir beobachten, dass das Interesse an den reinen Tech-Anbietern zurückzugehen scheint. Bei den Risikoträgern erwarten wir dagegen Bewegung im Markt. Denn diese Gesellschaften werden mit neuen, innovativen Geschäftsmodellen Alternativen zu den klassischen Anbietern bieten. Oder sie werden durch ihre Technologien zu attraktiven Partnern für die etablierten Versicherungsunternehmen.

Wird das reichen, um die Versicherungswirtschaft tatsächlich zu verändern?

Es geht in meinen Augen nicht darum, ob es reichen wird. Vor allem geht es darum, dass die Kunden schon heute eine andere Erwartungshaltung gegenüber ihren Versicherern haben. Wer weiterhin im Wettbewerb eine Rolle spielen will, wird nicht umhinkommen, sich diesen Erwartungen nach schnellster Response-Zeit, umfassender Information zu jeder Tages- und Nachtzeit auf allen Medien und schneller Abwicklung anzupassen. Allein im Bereich der Sachversicherung tummeln sich knapp 200 Anbieter auf dem deutschen Markt. Der Kunde hat also eine Wahl! Und wen wird wohl die lukrative Kundengruppe der Millennials bzw. die Generation Y und der nachfolgenden Generation Z als Versicherungsgeber wählen? Die Gesellschaften mit Papier, Brief und Durchlaufzeiten von mehreren Tagen? Sicher nicht!

Vor allem wenn ja oft einfach die Kunden fehlen?

Der Wettbewerb um die attraktiven Kundengruppen läuft. Diese Kunden haben klare Präferenzen. So hart es an dieser Stelle klingt, der Markt ist ein Käufer-Markt. Anbieter die im Bereich Service und Technologie nicht mithalten, werden über kurz (kleiner Bestand) oder lang (größerer Bestand) aus dem Rennen gehen oder nur noch als Marke überleben.

Werden die InsurTechs dagegen nicht immer mehr zu Technologielieferanten für Versicherer?

Ja, nur ist daran nichts falsch. Denn etablierte Unternehmen müssen sich Know-how von außen holen, wenn die eigenen Kapazitäten anderweitig gebunden sind. Natürlich haben die meisten Unternehmen eine eigene IT. Aber oft ist sie damit beschäftigt, jahrzehntelang in Betrieb befindliche Host-Systeme über Wasser zu halten. Da bleibt wenig Zeit für echte innerbetriebliche Innovation. Man ist also gut beraten, sich einen externen Technologie-Partner ins Boot zu holen, um trotz der Legacy-Systeme weiter an der Transformation zu arbeiten. Denn, um auch mit diesem Mythos aufzuräumen, „schnell mal ein neues Bestandssystem einzuführen“ ist weder einfach, noch löst es alle Probleme. Unsere Erfahrung mit den Systemlandschaften der deutschen Assekuranz zeigt: Das Bestandsführungssystem macht vielleicht 40% der Komplexität aus. Die Herausforderungen sind die Schnittstellen zum Markt. Oder, um es auf den Punkt zu bringen: Es ist noch viel bei der Schnittstelle Kommunikation zu tun.

Sie haben angekündigt, sich im Bereich der Digitalisierungsdienstleistungen für Dritte breiter aufstellen zu wollen. Wie sehen die Pläne hier konkret aus?

Die Neodigital ist eine BaFin-regulierte Versicherungsgesellschaft mit bereits über 80.000 zufriedenen Kunden, das können wir anhand des von uns erhobenen NPS (Net Promoter Score) auch messen. Aber wir sind mehr als das. Durch die von uns entwickelte Technologie haben wir eine einzigartige Versicherungsplattform geschaffen, eine „Versicherungsfabrik“.

Mit unserem Team haben wir eine vollständige digitale End-to-End-Kommunikation und eine höchst effiziente Systemarchitektur implementiert. So können wir die gewünschten Produkte aus einem modularen Produktbaukasten quasi „on the fly“ erstellen. Und das sowohl für den eigenen Risikoträger Neodigital als auch für andere Versicherer, die unsere Technologien nutzen. So können sich unsere Partner effizient und kostenbewusst mit führender Technologie am Markt einem immer anspruchsvolleren Wettbewerb stellen. Die Flexibilität unserer Architektur ermöglicht es uns, den unterschiedlichsten Anforderungen gerecht zu werden. Das erste Projekt dieser Art mit einem deutschen Versicherer steht kurz vor dem Abschluss. Das Unternehmen nutzt Neodigital in einem White-Label-Modell als Produktlieferant und erschließt sich durch die von uns entwickelten APIs ganz neue Absatzmöglichkeiten im Markt. Eine klassische Win-win-Situation. Und davon kommt in Zukunft noch mehr! 

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