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25. Juli 2022
Neues EZB-Instrument: Was ist eigentlich TPI?

Neues EZB-Instrument: Was ist eigentlich TPI?

Die EZB legt ein neues Instrument zur Krisenbewältigung auf, das in unbegrenztem Umfang Staatspapiere aufkaufen kann. Auch ein Ankauf von Wertpapieren des privaten Sektors ist nicht ausgeschlossen. Wieder steht der Vorwurf im Raum, die EZB betreibe durch TPI in Wahrheit direkte Staatsfinanzierung.

Zusätzlich zur am 21.07.2022 beschlossenen Anhebung der Leitzinsen um 0,5 Prozentpunkte hat die EZB auf ihrer Ratssitzung auch ein neues Instrument zur Krisenbewältigung vorgestellt – das Transmission Protection Instrument (TPI).

Auseinanderdriften der Eurozone verhindern

Mithilfe dieses Instruments soll ein zu weites Auseinanderdriften der Zinsen für Staatsanleihen zwischen den einzelnen Ländern im Euroraum vermieden werden. Die EZB könnte TPI aktivieren, um einer ungerechtfertigten, ungeordneten Marktdynamik entgegenzuwirken, die eine ernsthafte Bedrohung für die Übertragung der Geldpolitik im gesamten Euroraum darstellte.

Theoretisch unbegrenzt Ankäufe möglich

Konkret ist die EZB mit TPI in der Lage, Wertpapiere am Sekundärmarkt zu kaufen, die von Ländern begeben wurden, in denen sich die Finanzierungsbedingungen verschlechtert haben, obwohl das durch die länderspezifischen Fundamentaldaten nicht gerechtfertigt ist. Der Umfang der TPI-Käufe ist dabei nicht im Vorfeld beschränkt, was Erinnerungen an die berühmt gewordene Aussage des ehemaligen EZB-Chefs Mario Draghi „Whatever it takes“ weckt.

Kaufparameter

Bei der Auswahl der Papiere, kann die EZB aus dem Vollen schöpfen. Im Rahmen von TPI ist es ihr gestattet, Wertpapiere des öffentlichen Sektors mit einer Restlaufzeit von einem bis zehn Jahren anzukaufen. Aufhorchen lässt auch der Zusatz, dass gegebenenfalls auch der Ankauf von Wertpapieren des privaten Sektors in Betracht gezogen werden könne.

Förderungswürdigkeit

Ganz ohne den Nachweis einer gewissen Haushaltsdisziplin soll es aber auch bei TPI nicht gehen. Der EZB-Rat werde anhand einer Liste von Kriterien beurteilen, ob die Länder, in denen Ankäufe im Rahmen des TPI getätigt werden sollen, eine solide und nachhaltige Finanz- und Wirtschaftspolitik verfolgen.

PEPP bleibt im Vordergrund

Die erste Verteidigungslinie, um den Zinsdienst bei Staatsanleihen nicht allzu weit auseinanderdriften zu lassen, soll TPI jedoch nicht sein. Diese Rolle falle weiterhin dem zur Abfederung des Corona-Schocks aufgelegten Kaufprogramm PEPP zu. PEPP werde zwar nicht mehr aufgestockt, auslaufende Staatspapiere würden aber weiterhin ersetzt, was eine gewisse Flexibilität bei der Reinvestition erlaube.

Vorwurf der direkten Staatsfinanzierung

Trotz dieser Erläuterungen des Instruments wirft die Einführung des TPI jedoch auch kritische Fragen auf. Erneut steht der Vorwurf der Staatsfinanzierung im Raume. Eine direkte Staatsfinanzierung ist der EZB jedoch verboten.

TPI nötig für Preisstabilität?

Die Notenbanker haben sich in ihrer Erklärung zu TPI aber bereits ein Stück weit gegen den Vorwurf der Staatsfinanzierung gewappnet. Laut der Notenbank sei die Einführung des TPI nämlich unerlässlich, um den geldpolitischen Kurs reibungslos auf alle Länder des Euroraums übertragen zu können. Die Einheitlichkeit der Geldpolitik wiederum sei eine Voraussetzung dafür, dass die EZB ihre Hauptaufgabe erfüllen könne: Preisstabilität zu gewährleisten.

Politische Notenbank EZB

Auch aus dem Markt kommen kritische Stimmen zu TPI. „Die EZB wird immer mehr zu einer politischen Notenbank, die die von den Einzelstaaten verursachten Krisen lösen soll“, sagt Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank. „Ihre frühere Aufgabe als Korrektiv des über die Stränge schlagenden Staates hat sie verloren.“

Bedingungen sind niedrig angesetzt

Und auch bei der Stringenz der Kriterien, die für eine Aktivierung des TPI angelegt werden, sollten sich Austeritätsfreunde keinen allzu großen Hoffnungen hingeben. „Auch wenn diese Bedingungen auf den ersten Blick belastend erscheinen, deutet ein Blick auf die Details darauf hin, dass die Hürde für eine Aufnahme [in TPI] niedrig ist“, meint Andy Mulliner, Head of Global Aggregate Strategies bei Janus Henderson Investors.

Sind die Kapitalmärkte mit TPI zufrieden?

Letztlich ist sogar fraglich, ob die Ankündigung von TPI überhaupt den gewünschten Effekt erzielt. Laut Willem Verhagen, Senior Economist bei NN Investment Partners, sei es noch nicht ausgemacht, ob die bisher bekannten Details des TPI die Nerven der Anleger tatsächlich beruhigen könnten. (tku)

Bild: © Thomas – stock.adobe.com