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2. Mai 2019
P&R: Insolvenzverwalter sichert 110 Mio. Euro für Anleger und will Vergleich

P&R: Insolvenzverwalter sichert 110 Mio. Euro für Anleger und will Vergleich

Die Insolvenzverwalter der deutschen P&R Gesellschaften geben sich positiv: Sie haben bislang 110 Mio. Euro aus der Fortführung des vorhandenen Containergeschäfts auf Treuhandkonten sichern können. Weitere Beträge werden in den kommenden Jahren erwartet und an die Gläubiger ausgeschüttet, wie die Rechtsanwälte mitteilen. Um die Forderungen zu konkretisieren, haben sie einen Vergleichsvorschlag für Gläubiger erarbeitet.

54.000 Anleger warten seit der Pleite der P&R-Gesellschaften darauf, zumindest Teile ihrer Investitionen in Container zurückzubekommen. Jetzt haben die Insolvenzverwalter bekannt gegeben, dass rund 110 Mio. Euro aus der Fortführung des vorhandenen Containergeschäfts auf die Treuhandkonten der Insolvenzverwalter weitergeleitet worden sind. Aus der regulären Vermietung der Containerflotte erwarten sie auch im laufenden Jahr Erlöse in Höhe von weiteren rund 150 Mio. Euro. Bis Ende 2021 sollen es marktabhängig sogar über 560 Mio. Euro sein. Insgesamt hatten Anleger rund 3 Mrd. Euro in Container von P&R investiert.

„Jetzt geht es vor allem darum, dass diese Gelder auch an die Gläubiger ausgeschüttet werden können“, so Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé. Um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, haben die Verwalter individuelle, aber auf einer einheitlichen Grundlage berechnete Vergleichsvorschläge erarbeitet. Dabei geht es darum, die Forderungen festzustellen und zu konkretisieren.

Vereinbarter Rückkaufspreis der Container nicht feststellbar

In der ursprünglichen Forderungsanmeldung, die die Insolvenzverwaltern vorschlugen, wurden Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung berücksichtigt: noch offene Mietzahlungen bis zur Insolvenzeröffnung, Zinsen auf die offene Miete bis zur Insolvenzeröffnung, künftige Mietzahlungen bis zum vorgesehenen Vertragsende. In den Vertragsunterlagen der Anleger wurde zudem ein Rückkaufspreis in Aussicht gestellt, dessen jeweilige Höhe jedoch nicht eindeutig festzustellen ist, weil er bei Vertragsbeginn nicht feststand.

Alternativ können die Ansprüche der Gläubiger laut den Rechtsanwälten auch auf mangelnde Aufklärung gestützt werden: Die deutsche P&R-Gesellschaften hat zum Beispiel nicht darüber informiert, dass es eine erhebliche Lücke beim Containerbestand gab. Rechtsfolge eines solchen Anspruchs sei ein Schadenersatzanspruch, gerichtet auf das sogenannte „negative Interesse“. Der Anleger wäre dann bei der Berechnung seines Schadens so zu stellen, als hätte er die Anlage nicht getätigt. In den meisten Fällen führe diese Berechnung laut den Insolvenzverwaltern zu einer niedrigeren Forderungssumme.

Vergleichsvorschlag der Insolvenzverwalter

Die Vergleichsvereinbarung, die über das „negative Interesse“ hinausgeht, soll laut den Rechtsanwälten alle Gläubiger gleich behandeln. Laut Jaffé befürworten die Gläubigerausschüsse den Vorschlag. Die Vorteile halten die Insolvenzverwalter wie folgt fest:

  •  Die Unterzeichnung der Vergleichsvereinbarung ermöglicht die Feststellung einer Forderung in den Insolvenzverfahren, und damit die Teilnahme des Gläubigers insbesondere an Abschlagsverteilungen.
  •  Die individuellen Vergleichsbeträge sind so berechnet, dass alle Gläubiger, die sich in vergleichbaren Situationen befinden, gleich behandelt werden. Da die Feststellungsbeträge ohnehin nur eine Rechengröße sind, auf deren Grundlage spätere Quotenzahlungen ermittelt werden, entsteht hierdurch keinem Gläubiger ein Nachteil.
  •  Die Feststellung der Forderung erfolgt zeitnah ohne weiteren Aufwand für die Gläubiger und vermeidet eine streitige Auseinandersetzung, die nicht zuletzt mit hohen Kosten verbunden wäre.
  •  Der Vergleich sichert durch die enthaltene Erledigungsklausel die koordinierte Verwertung der Containerflotte und die Verteilung der Gelder über die Insolvenzverwalter. Dies ist der einzige wirtschaftlich sinnvolle und rechtlich gangbare Weg, damit es in den Insolvenzverfahren zu Auszahlungen an die Gläubiger kommen kann.
Weitere Ansprüche und Schäden bleiben unberührt

Themen, die bislang nicht abschließend geklärt sind, würden durch die Vergleichsvereinbarung laut den Anwälten nicht berührt. Dazu zählen etwaige Steuerschäden, die die Gläubiger auch weiterhin anmelden können. Gleiches gelte für etwaige Anfechtungsansprüche, deren Bestand erst noch in Musterverfahren geklärt werden müsse. Zusätzlich und getrennt von der Vergleichsvereinbarung schlagen die Insolvenzverwalter den Gläubigern daher noch den Abschluss einer optionalen Hemmungsvereinbarung vor. Ziel ist, dass weder für den Gläubiger noch für den Insolvenzverwalter ein Zeitdruck in Bezug auf die Themen entsteht, die jetzt noch nicht verglichen werden können.

Gleichbehandlung aller Anleger

„Die Vergleichsvereinbarung kann von den Insolvenzverwaltern im Interesse aller Gläubiger allerdings nur umgesetzt werden, wenn sie von einer überragenden Mehrheit der Gläubiger akzeptiert wird und auch der Gläubigerausschuss die Annahmequote gebilligt hat“, betont Dr. Michael Jaffé. Andernfalls verzögert sich das Verfahren insgesamt. Die Anleger werden in den nächsten Tagen dazu Post erhalten. „Die beschriebene Vorgehensweise dient dem Schutz der Gläubiger. Sie ist auch erforderlich, um zu vermeiden, dass – auch wenn es nur eine kleine Gruppe von Gläubigern wäre – sich einzelne Gläubiger Vorteile zu Lasten der Gemeinschaft verschaffen“, begründet Jaffé den Vorschlag. (tos)

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