„Schon wieder teurer?“ Diesen Gedanken kennen viele Versicherungsnehmer nur zu gut, wenn sie die neue Beitragsabrechnung in der Hand halten. Beitragserhöhungen stellen private Haushalte vor spürbare finanzielle Herausforderungen und belasten die Beziehung zwischen Kunde und Anbieter erheblich. Ärger über höhere Prämien wie man sie zuletzt in der Kfz- und Wohngebäudeversicherung gesehen hat, schlägt schnell in komplette Unzufriedenheit um: Je nach Sparte reagieren zwischen 4 und 15% der Kunden sofort mit Kündigung oder Wechsel, viele weitere prüfen später, Leistungen zu reduzieren oder Policen anzupassen. Für Versicherer dürfte damit klar sein: Jede Preisanpassung ist ein echter Test der Kundenbindung.
Studie untersucht Kundenverhalten nach Prämienerhöhungen
Doch wie gelingt es Versicherern, die Kunden zu beruhigen und die Kundenbeziehung zu halten? Entscheidend sei, Prämienanpassungen nachvollziehbar und empathisch zu kommunizieren. Besonders preissensible Kundengruppen reagieren zudem positiv auf konkrete Alternativangebote, die zur Kostendämpfung beitragen können. Das zeigt die aktuelle Studie „Beitragsanpassungen in der Assekuranz – Kundenreaktionen und Handlungsspielräume für Versicherer“ des Marktforschungs- und Beratungsinstituts HEUTE UND MORGEN. 1.500 Versicherungskunden im Alter zwischen 18 und 70 Jahren, die in letzter Zeit unmittelbar von Beitragserhöhungen betroffen waren, wurden online zu ihrem Erleben und ihrem Umgang damit befragt. Differenziert wurde dabei nach den vier Sparten: Kfz-Versicherung, private Krankenvollversicherung (PKV), Wohngebäudeversicherung sowie Tier-OP-Versicherung / Tierkrankenversicherung.
Treiber von Vertragskündigungen nach Beitragserhöhungen
Die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden nach einer Beitragserhöhung ihren Vertrag kündigen, ist besonders hoch bei Policen, die anonym oder unpersönlich online abgeschlossen wurden – vor allem in der Kfz- und Tierversicherung. In diesen Sparten liegt die Kündigungsquote laut Studie nach Preisanpassungen mit jeweils 15% an der Spitze, während Wohngebäudeversicherungen bei 7% und die private Krankenvollversicherung bei 4% liegen. Auf den ersten Blick mögen diese Werte moderat erscheinen, angesichts der üblichen Trägheit im Versicherungsmarkt und der bestehenden Wechselhürden sind sie jedoch bemerkenswert, zumal viele Kunden Kündigungen oder Leistungsreduktionen erst mittelfristig in Betracht ziehen, ordnen die Studienherausgeber die Ergebnisse ein.
Persönlicher Kontakt als Vertrauenspuffer
Persönlich oder telefonisch abgeschlossene Verträge zeigen nach Beitragserhöhungen deutlich weniger Kündigungsneigung: Produktübergreifend sinkt die Wahrscheinlichkeit um 54%. Persönlicher Kontakt wirkt damit wie ein Vertrauenspuffer. Versicherungsvermittler dürfte hier eine besondere Rolle zukommen. Sie können die eigene Beratungskompetenz demonstrieren und sich als ein Ansprechpartner positionieren, der nicht nur verkauft, sondern aktiv beim Umgang mit Preisanpassungen unterstützt.
Zahlreiche Handlungsoptionen für die Versicherer
Was können Versicherer also tun, um Kundenbindung trotz Beitragserhöhungen zu sichern? HEUTE UND MORGEN nennt hier einige Punkte. Entscheidend sind transparente und nachvollziehbare Begründungen für Beitragsanpassungen, denn Kunden empfinden diese Veränderungen oft als unverständlich oder unglaubwürdig. Gleichzeitig lohnt sich eine differenzierte Ansprache der Zielgruppen, die sowohl Preis- als auch Leistungsorientierungen berücksichtigt. Produkt- und Vertriebsstrategien sollten angepasst werden, etwa durch die Erleichterung dynamischer Vertragsanpassungen und eine stärkere Betonung des persönlichen Kontakts. Darüber hinaus können flexible, spartenspezifische Alternativen zur Beitragserhöhung entwickelt werden, die den Kunden als echte Wahloption angeboten werden und so Kündigungen vorbeugen.
Praxisnahe Beispiele zeigen, dass solche Ansätze Wirkung zeigen: In der Kfz-Versicherung und der privaten Krankenvollversicherung sind rund 60% der Kunden bereit, auf eine reine Online-Betreuung umzusteigen, um ihren bisherigen Beitrag beizubehalten. Etwa ein Viertel akzeptiert dafür eine höhere Selbstbeteiligung, während nur 10 bis 16% bereit wären, einen geringeren Leistungsumfang in Kauf zu nehmen. (bh)
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