Die Ankündigung der EU-Finanzkommissarin McGuinness, die Einführung eines EU-weit geltenden Provisionsverbots in der Finanzberatung zu prüfen, hat hierzulande für eine kontroverse Debatte wischen Gegnern und Befürwortern gesorgt (AssCompact berichtete hier und hier). Doch welche wettbewerbspolitischen Argumente dürfen in der Debatte nicht fehlen? Und aus diesem Blickwinkel betrachtet: Welche Ansätze sollte die EU-Kommission daher verfolgen? Rechtswissenschaftler des Centrums für Europäische Politik (cep) haben sich nun in einer aktuellen Studie mit diesen Fragen beschäftigt.
Marktdefizite sind nicht zu leugnen
Wettbewerbspolitisch sind die Studienautoren der Auffassung, dass beim provisionsbasierten Vertrieb von Finanz- und Versicherungsprodukten durchaus Marktdefizite existieren. In erster Linie spricht die Studie Informationsasymmetrien – also eine ungleiche Informationsverteilung – zwischen Vertrieb und Verbraucher an. Dazu zählt zum einen der Wissensvorsprung seitens der Vertriebe bei den produktspezifischen Merkmalen sowie Vor- und Nachteilen. Zum anderen begünstigen die existierenden Vergütungsmodelle durchaus Interessenkonflikte, mit der Folge, dass die Kundeninteressen nicht mehr im Vordergrund stehen könnten. Die Gefahr von Fehlverkäufen könne sich dadurch erhöhen, resümiert die Studie. Allerdings habe die EU die bestehenden Marktdefizite bereits mit den Vorschriften nach MiFID und IDD adressiert, betonen die Autoren. Dazu gehören strengere Transparenzvorschriften über erbrachte Dienstleistungen und Kosten oder Vorgaben zur Begegnung von Interessenskonflikten.
Verbote bedeuten immer auch die Einschränkung von Freiheiten
Eine weitere Verschärfung von MiFID und IDD durch ein EU-weit geltendes Provisionsverbot hätte laut Studie wettbewerbspolitisch allerdings ebenfalls beachtenswerte Folgen. Denn ein Eingriff in gewachsene Marktstrukturen in Form des Zurückdrängens eines Geschäftsmodells bedeute immer auch eine Einschränkung des Wettbewerbs um das beste Vertriebsmodell. Kunden wären dann gezwungen, auf andere Vertriebswege auszuweichen oder mangels Alternative auf eine Beratung rund um Vorsorgelösungen zu verzichten. Außerdem würde der Gesetzgeber eine „automatische Privilegierung aller nicht-provisionsgestützten Alternativen“ vornehmen – und genau ein solches Vorgehen sei nicht Sinn und Zweck einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung wie sie hierzulande bzw. in der EU institutionell verankert ist. Zumal auch die Honorarberatung Marktdefizite wie gehäufte Beratungsanreize oder eine erfolgsunabhängige Vergütung aufweist.
Studie empfiehlt die Forcierung der Verbraucherbildung
Die Studienautoren sprechen sich in ihrem Schlussstatement dafür aus, aus wettbewerbspolitischen Gründen beide Vergütungssysteme im Wettbewerb beizubehalten. Denn ein Verbot des Provisionsmodells ginge mit den Nachteilen und Ineffizienzen der Honorarberatung einher. Vielmehr wäre es laut Studie zielführender, die Verbraucherbildung hinsichtlich der finanziellen Konsequenzen sowie der Vor- und Nachteile der verschiedenen Vertriebswege zu forcieren, flankiert von strengeren Offenlegungsvorgaben für die Vertriebsakteure. (as)
Die Studie steht hier zum Download zur Verfügung.
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