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7. Mai 2020
Rechtsschutzversicherung führt erneut die Beschwerdestatistik an

Rechtsschutzversicherung führt erneut die Beschwerdestatistik an

Der Versicherungsombudsmann hat den Jahresbericht für 2019 vorgelegt. Das Beschwerdeaufkommen ist abermals gesunken: Insgesamt gingen 8,1% weniger Beschwerden bei der Schlichtungsstelle ein als 2018. Die Rechtsschutzversicherung liegt erneut in der Beschwerdestatistik vorn. Die Vermittlerbeschwerden bleiben auf dem niedrigen Niveau der Vorjahre.

Der Versicherungsombudsmann Dr. h. c. Wilhelm Schluckebier, seit April vergangenen Jahres Nachfolger von Dr. Günter Hirsch, hat den aktuellen Jahresbericht 2019 veröffentlicht. Demnach gingen 2019 insgesamt 13.006 zulässige Beschwerden bei der Verbraucherschlichtungsstelle ein, was einem Rückgang von 8,1% gegenüber 2018 entspricht. Damit ist das Beschwerdeaufkommen das zweite Jahr in Folge rückläufig, nachdem zuvor allerdings fünf Jahre in Folge ein Anstieg zu verzeichnen war. Die durchschnittliche Verfahrensdauer der zulässigen Beschwerden liegt weiterhin bei 2,6 Monaten.

Rechtsschutzversicherung mit den meisten Beschwerden

Mit 3.202 zulässigen Eingaben verbucht die Rechtsschutzversicherung erneut die meisten Beschwerden für sich und führt die Beschwerdestatistik mit einem Anteil von 24,6% an. Damit verdrängt sie zum dritten Mal in Folge die Lebensversicherung als bislang zahlenstärkste Sparte von Platz 1. Auf Rang 3 folgt die Kfz-Versicherung.

Wie aus dem Bericht hervorgeht, gab es in einzelnen Sparten teilweise einen Rückgang im zweistelligen Bereich wie etwa in der Rechtsschutzversicherung (-15,1%), der Unfallversicherung (-13,5 %) und in der Hausratversicherung (-19,4 %). Auch in der die Gebäudeversicherung, die im vergangenen Jahr noch merklich zugenommen hatte, gingen die Beschwerden deutlich zurück (-17,2%). Einen Anstieg des Beschwerdeaufkommens verzeichnete die Schlichtungsstelle dagegen bei der Kfz-Kaskoversicherung und den „sonstigen Versicherungen“ wie etwa Reise-, Tierkranken- und Fahrradversicherung. Zur Berufsunfähigkeitsversicherung gingen beim Ombudsmann im vergangenen Jahr 486 Beschwerden, davon waren 373 zulässig. Gegenüber dem Vorjahr mit 392 zulässigen Beschwerden bedeutet dies einen Rückgang. Zwar hat sich der prozentuale Anteil an den Gesamtbeschwerden geringfügig auf 2,9% gegenüber 2,8% im Jahr 2018 erhöht, doch ist dies auf das verringerte Beschwerdeaufkommen insgesamt zurückzuführen.

Die Crux der zeitlichen Einordnung des Rechtsschutzfalls

Das vorherrschende Thema bei den Beschwerden in der Rechtsschutzversicherung ist nach wie vor die Frage der zeitlichen Einordnung des Rechtsschutzfalls. Entscheidend ist dies, weil Rechtsschutzfälle vor dem Beginn des Rechtsschutzes oder nach Beendigung des Rechtsschutzvertragsverhältnisses nicht versichert sind. Im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des BGH ergeben sich hier immer wieder Fragen bzw. Entscheidungen des BGH werfen Folgefragen auf, unter anderem auch was die Zuordnung des Versicherungsfalls zu bestimmten Leistungsarten betrifft und den Anwendungsbereich von Risikoausschlussklauseln. Solche Fälle dürften laut Ombudsmann auch in Zukunft die Schlichtungsstelle beschäftigen.

Diesel-Abgasskandal als Stein des Anstoßes

Ein weiterer Schwerpunkt in der Rechtsschutzversicherung ist der Diesel-Abgasskandal. Hier beschwerten sich Verbraucher aufgrund der Weigerung des Versicherers, für die rechtliche Interessenwahrnehmung im Zusammenhang mit vom Diesel-Abgasskandal wirklich oder vermeintlich betroffenen Fahrzeugen Versicherungsschutz zu gewähren. Teilweise beriefen sich die Verbraucher auf allgemein gefasste Medienberichte, ohne dass ihre Fahrzeuge jedoch etwa von einer Rückrufaktion des Kraftfahrtbundesamtes betroffen waren. Mehrere Oberlandesgerichte hatten solche Klagen bereits abgewiesen, andere Richter forderten das Gutachten eines Sachverständigen. In solchen Grenzfällen machte der Ombudsmann regelmäßig Schlichtungsvorschläge, die Deckungsschutz nach einer Quotelung vorsahen.

Darüber beschwerten sich Verbraucher in anderen Sparten

Laut Dr. h. c. Schluckebier waren die Themen der Beschwerdefälle insgesamt vielfältig. So sorgte in der Lebensversicherung unter anderem Falschberatung dafür, dass sich Verbraucher an die Schlichtungsstelle wandten. Darüber hinaus machten in dieser Sparte wie in den Vorjahren Beschwerden einen großen Anteil aus, in denen Versicherer Widersprüche nach § 5a VVG a. F. (Fassung vor 2008) sowie Rücktritte nach § 8 Absatz 5 VVG a. F. zurückgewiesen hatten. In der Kfz-Haftpflicht war die Einstufung der Schadenfreiheitsklasse bei einem Anbieterwechsel häufig Stein des Anstoßes, in der Kasko die Leistungspflicht bei Kfz-Diebstählen. Auch das Kündigungsrecht des Versicherers nach Mahnungen bei Beitragsrückstand war öfter Gegenstand von Beschwerden.

Bericht zeigt Verteilung der Beschwerdewerte innerhalb der Sparten

Erstmals finden sich im Jahresbericht Angaben dazu, wie sich die Beschwerdewerte innerhalb der Sparten verteilen. In der Rechtsschutzversicherung lagen 97,8% der Beschwerdewerte in dem Bereich, in dem der Ombudsmann gegen Versicherer verbindlich entscheiden kann. In der Berufsunfähigkeitsversicherung war dies nur bei jeder vierten Beschwerde der Fall (25,5%). Darüber hinaus zeigt der Bericht auch Informationen über die Erfolgsquoten in den einzelnen Sparten. So hatten Verbraucher zu 54,9% ganz oder zum Teil Erfolg mit ihren Beschwerden gegen Versicherer in der Kfz-Kaskoversicherung. Anders sieht es mit einem Anteil von lediglich 29,4% beispielsweise in der Unfallversicherung aus.

Vermittlerbeschwerden bleiben auf niedrigem Niveau

Seit Inkrafttreten der VersVermV im Dezember 2018 sind Versicherungsvermittler zur Teilnahme am Schlichtungsverfahren verpflichtet. Doch wie es im Bericht heißt, habe die Praxis bereits zuvor gezeigt, dass die Vermittler überwiegend an einer Konfliktlösung durch den Ombudsmann interessiert seien. Insgesamt gingen im Berichtsjahr 261 Beschwerden beim Ombudsmann ein, die auf der Grundlage der VermVO zu prüfen waren. Das sind 22 Beschwerden weniger als im Jahr 2018. Das Aufkommen von Vermittlerbeschwerden bleibt damit auf dem niedrigen Niveau der Vorjahre.

Hoher Anteil der Beschwerden unzulässig

Kennzeichnend für den Vermittlerbereich ist laut Bericht übrigens der hohe Anteil an Beschwerden, die nicht in das Stadium der Zulässigkeit gelangen. Die Gründe sind unterschiedlich. So hatte mehr als jede zweite Beschwerde, die als unzulässig beendet wurde, keinen Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen. 28% der Beschwerden wurden eingegeben, ohne den Vermittler in Kenntnis zu setzen und ihm Gelegenheit zur Prüfung zu geben.

Das beanstandeten Kunden von Vermittlern

Inhaltlich wurden wie in den Jahren zuvor die Beratung sowie der Vermittlung nicht benötigter Versicherungsverträge oder von nicht passendem Versicherungsschutz beanstandet. Laut Ombudsmann zielten die Beschwerden hauptsächlich darauf ab, die betreffenden Verträge rückabzuwickeln. Seltener ging es um den Ausgleich eines geltend gemachten Schadens. Beim Vorwurf der Falschberatung geht es relativ oft um eine Lebens- oder Kfz-Versicherung. Anlass für weitere Beschwerden waren ungenügende Informationen, Fragen des Datenschutzes und die Herausgabe von überlassenen Unterlagen.

Corona wirkt sich (noch) nicht auf Beschwerdeaufkommen aus

Dem Ombudsmann zufolge hat die Corona-Pandemie noch keinen Einfluss auf das Beschwerdeaufkommen. Bislang habe es nur einzelne Schlichtungsanträge gegeben, die auf die Erstattung der Versicherungsprämie nach einer Reiseabsage abzielen. Ansonsten würden weder die Anzahl der Eingaben noch deren Themen Veränderungen erkennen lassen. (tk)

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