Anfang April dieses Jahres zählte die Bundesnetzagentur etwas mehr als fünf Millionen Solaranlagen, die in Deutschland in Betrieb sind und damit bereits rund 15% des inländischen Strombedarfs decken. Fast parallel dazu hat die neue Bundesregierung ihren Willen und ihre Entschlossenheit bekräftigt, die Energiewende in Deutschland pragmatisch voranzutreiben, die Versorgungssicherheit noch stärker in den Fokus zu rücken und insgesamt „geeignete Maßnahmen“ zu ergreifen, um „die Resilienz heimischer Produktion zu stärken.“
Allerdings wird dies ohne den weiteren und vor allem schnelleren Ausbau des Netzes als wirklichen Investitionstreiber der Energiewende nicht gelingen. Denn Energiebedarf und -verbrauch wachsen weiter. Dadurch nimmt die Notwendigkeit eines größeren und stabileren Netzes und entsprechender Investitionen zu.
Leistungsfähigere Netzinfrastruktur und hohe Investitionen nötig
Für das Jahr 2030 prognostiziert die EU-Kommission einen Anstieg des europaweiten Stromverbrauchs um rund 60%. Da ein größerer Teil der europäischen Verteilungsnetze älter als 40 Jahre ist, müssten fasst 584 Mrd. Euro investiert werden, um sowohl diese kritische Infrastruktur zu erneuern wie auch die Übertragungskapazität zu verdoppeln.
Andere Analysen zeichnen ein noch akuteres Bild: Gemäß Berechnungen des Fortschrittsmonitors von EY Deutschland und dem Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft müssten bis zum Jahr 2030 insgesamt 721 Mrd. Euro allein in die deutsche Energiewirtschaft investiert werden. Davon entfallen rund 280 Mrd. Euro auf Transport- und Verteilernetze Strom und Gas. Auch diese Summen unterstreichen, dass für den zukunftssicheren Infrastrukturausbau für die Erzeugung, den Transport sowie für die Lagerung „grünen“ Stroms privates Kapital wichtiger denn je ist.
Das gilt für Investitionen in den Ausbau von Hochspannungsleitungen zur Stromverteilung innerhalb Deutschlands ebenso wie für den Ausbau lokaler Netze für die zuverlässige Versorgung neuer Verbraucher wie Wärmepumpen und E-Ladestationen. Hinzu kommt, dass moderne Netze noch flexibler und leistungsfähiger werden müssen, weil sie nicht nur mehr als Verteiler dienen, sondern zunehmend auch den von Haushalten und Unternehmen eingespeisten Strom aufnehmen müssen (siehe „Prosumer“, also Menschen wie auch Unternehmen, die ihren eigenen Strombedarf teilweise abdecken und damit sowohl Produzenten – Producer – als auch Konsumenten – Consumer – sind).
Diversifizierung der Asset-Klasse „Energieinfrastruktur“
Dem „Renewable Energy Country Attractiveness Index (RECAI)“ des Beratungsunternehmens Ernst & Young zufolge belegt Deutschland hinter den USA und China weltweit den 3. Platz als eines der attraktivsten Regionen für Investitionen in erneuerbare Energien. Das spiegelt das Aufholpotenzial des inländischen Markts wider und zeigt zudem, dass die Chancen auf weiteres Wachstum dabei ebenso vielfältig wie komplex sind.
Neben der Solarenergie bergen nämlich auch Offshore-Windparks erhebliches Potenzial für weiteren Ausbau. So liegt das Ausbauziel Deutschlands bis zum Jahr 2030 bei mindestens 40 Gigawatt (GW). Um dieses Ziel zu erreichen, müssten bis 2027 jährlich viermal so viele Windräder ans Netz gehen. Aktuell sind gerade einmal rund 1.600 Offshore-Windenergieanlagen mit einer Kapazität knapp 9 GW in Betrieb. Neben den wenigen wirklich geeigneten Standorten, langwierigen Genehmigungsprozessen und einer komplexen Netzanbindung hemmt auch eine bisher fehlende umfangreiche Infrastruktur in Küstenregionen für Bau und Wartung der Anlagen den weiteren Ausbau der Offshore-Windenergie.
Hybridisierung, Repowering und Speichertechnologien relevanter
Um die schwankende Erzeugungs- als auch Einspeisekapazität von Wind- und Sonnenkraft zu stabilisieren und auch, um bereits vorhandene Anschlüsse noch effizienter zu nutzen, bietet sich die Hybridisierung an. Sie kombiniert verschiedene erneuerbare Energiequellen oder auch Speicherkapazitäten an einem Standort bzw. an einem Netzanschluss und nutzt damit die oftmals bestehende Komplementarität von Wind- und Sonnenenergie aus.
Ebenso gewinnt das Repowering, bei dem bestehende ältere Windanlagen durch neuere, leistungsstärkere ersetzt werden, an Bedeutung für die Energiewende. Analysen zufolge ist rund die Hälfte der in Deutschland aufgestellten Windenergieanlagen älter als 15 Jahre und damit nah am Ende ihres Lebenszyklus von etwa 20 Jahren.
Ihr „Repowering“ steht damit unmittelbar bevor, was wiederum viele Vorteile bietet. So ermöglichen neue Technologien eine effizientere, leisere und höhere Stromproduktion. Ein größerer Rotordurchmesser und leistungsfähigere Generatoren erhöhen die Kapazität und höhere Rotorblattspitzen verringern die Gefahr, dass Vögel damit kollidieren.
Schließlich können auch Speichertechnologien einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten und gleichzeitig Investitionschancen in die Energieinfrastruktur diversifizieren. Denn dank immer rasanterer Fortschritte in der Entwicklung von Batteriespeichern werden diese immer wirtschaftlicher und leistungsfähiger und etablieren sich damit noch weiter als ein wichtiger Baustein für ein stabiles Netz, vor allem in Kombination mit Hybridanlagen.
Investitionspotenziale entlang der Wertschöpfungskette
Die Nachfrage nach Energie aus erneuerbaren Quellen wird weiter zunehmen. Diese steigende Nachfrage trifft auf hohen Investitionsbedarf beim Netzausbau, bei der Stromerzeugung und dem Aufbau einer flächendeckenden Speicherinfrastruktur. Sachwert-Investments der Kategorie „Erneuerbare-Energien-Infrastruktur“ werden damit zunehmend vielfältiger und bieten Investoren die Möglichkeit, an mehreren langfristigen Trends zu partizipieren.
Weitere Investment-Themen finden Sie in unserer Rubrik „Investment“.
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