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21. Januar 2021
Smart Home verändert die traditionelle Wohngebäude- und Hausratversicherung

Smart Home verändert die traditionelle Wohngebäude- und Hausratversicherung

Ein Gebäude bzw. ein Haushalt lässt sich ohne viel Aufwand in ein Smart Home umwandeln, indem mit einfachen Hard- und Softwaremaßnahmen Haushaltsgeräte vernetzt werden. Das Smart Home bietet zudem Fehlerfrüherkennung, die Gebäude- und Hausratschäden vermeiden hilft und somit den traditionellen Versicherungsschutz verändert.

Von Dr. Gunbritt Kammerer-Galahn, Fachanwältin für Versicherungsrecht und Partnerin der Taylor Wessing PartG mbB

Smart Home macht nicht nur das Wohnen komfortabler, es spielt für die Gebäudeversicherungssparte eine immer größere Rolle: Nach dem aktuellen GDV-Schadenindex der deutschen Wohngebäudeversicherer waren Leitungswasserschäden im Jahr 2019 für die Versicherer so teuer wie nie und häufiger als Brände. Hauptursachen sind Installations- und Gerätefehler und mangelhafte Rohrverbindungen.

Deshalb verlangen Gebäudeversicherer oft im Versicherungsvertrag als rechtswirksame Voraussetzung des Versicherungsschutzes, dass die Dichtigkeit der Rohre maximal fünf Jahre vor Vertragsbeginn durch einen Sachverständigen nach DIN-Standard geprüft wurde (vgl. aktuellen Hinweisbeschluss des OLG Hamm vom 06.04.2020 – 20 U 271/19 – in: VersR 2020, 1517 f.). Weiterhin investieren die Gebäudeversicherer in die Entwicklung von intelligenten Wasseruhren, Sensortechnik und Vernetzung von Feuermeldern, welche zukünftig ähnlich wie bei einem Kfz-Telematiktarif ein­gesetzt werden können. Da der Versicherungsnehmer die Kosten für die Präventionstechnik im Smart Home selbst tragen soll, entwickeln die Versicherer zudem Anreizsysteme wie die Verknüpfung der Smart-Home-Technik mit Handwerkernetzwerken oder einem Notfall­management. Das Smart Home wirft in der Gebäude- und Hausratversicherung aber auch rechtliche Fragen auf.

Deckungslücke in bestehenden Versicherungsverträgen

Grundsätzlich werden die technischen Komponenten, insbesondere die Hardware, des Smart Homes vom Versicherungsschutz der traditionellen Hausrat- und Wohn­gebäude­versicherungen erfasst. Die Hausratversicherung deckt Schäden an beweglichen Sachen, die dem Haushalt des Versicherungsnehmers zur privaten Nutzung dienen, während die Wohngebäudeversicherung Schäden am Gebäude selbst versichert. Zum Gebäude zählen die mit dem Erdboden verbundenen Bauwerke, welche zur überwiegenden Nutzung zu Wohnzwecken bestimmt sind, sowie Gebäude­bestandteile, die durch ihre feste Verbindung mit dem Gebäude ihre Selbstständigkeit verlieren, und Gebäudezubehör, welches im oder am Gebäude angebracht ist und der Instandhaltung dient.

Smart Home verändert die traditionelle Wohngebäude- und Hausratversicherung

Bei der Smart-Home-Hardware ist also im Detail zu klären, ob Hausrat oder vielmehr ein Gebäude­bestandteil oder -zubehör vorliegt: Der überwiegende Teil der Hardware dürfte nicht aus mit dem Gebäude fest verbundenen unselbst­ständigen Komponenten bestehen und daher unter die Deckung der Hausratversicherung fallen. Als Gebäudebestandteil im Sinne der Wohngebäudeversicherung sind wohl nur die vom Smart Home genutzten Leitungen anzusehen, soweit sie innerhalb des Gebäudes unter Putz verlegt sind.

Die Gebäude- oder Hausratversicherung bietet allerdings keinen Versicherungsschutz bei Verlust oder Beschädigung von elektronisch gespeicherten Daten oder von Software, da beides nach aktuellem versicherungsrechtlichen Verständnis keine Sachen im Sinne der Versicherungsbedingungen darstellen, es sei denn, dies wird ausdrücklich individuell im betreffenden Versicherungsvertrag vereinbart. Versicherte, die ihr Gebäude, ihre Wohnung oder ihre Büroräumlichkeiten zu einem Smart Home oder Smart Office umfunktionieren wollen, sind daher gut beraten, vorab – möglichst unterstützt durch ihren Makler – mit dem Hausratversicherer und dem Gebäudeversicherer über den Versicherungsschutz, zum Beispiel auch durch einen weiteren Zusatzdeckungsbaustein oder durch eine separate Cyberversicherung, zu sprechen.

Gefahrerhöhung

Wenn das Gebäude, die private Wohnung oder das Büro zum Zeitpunkt des Abschlusses der Hausratversicherung und/oder der Wohn­gebäudeversicherung noch kein Smart Home/Office war, so stellt sich zudem die Frage, ob die Installation der neuen Technik eine Gefahrerhöhung im Sinne der §§ 23 ff. VVG ist, weil neue Risiken entstehen: Insbesondere könnten unbefugte Dritte mittels Hackerangriff vernetzte Elektrogeräte manipulieren und dadurch sogar den Versicherungsfall (zum Beispiel einen Brand) herbeiführen. Gemäß § 23 Abs. 1 VVG darf der Versicherungsnehmer nach Abschluss des Versicherungsvertrags ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder vornehmen lassen. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Verpflichtung, so kann der Versicherer unter Umständen den Versicherungsvertrag kündigen, eine Prämienerhöhung verlangen oder im Schadenfall seine Leistungsfreiheit geltend machen. Für den Versicherer wird es ein wesentlicher Aspekt sein, welche Technik installiert werden soll und wer diese Installation vornimmt. Eine unsachgemäße Installation (zum Beispiel durch den technik­unerfahrenen Bewohner selbst) kann durchaus ein erhöhtes Risiko im Sinne einer Gefahrerhöhung sein. Das gilt es, vorab mit den Versicherern abzustimmen.

Erfüllung von Obliegenheiten

Umgekehrt kann die Smart-Home-Technik wie gesagt bei der Schadenprävention und den Versicherungsnehmer bei der Erfüllung von versicherungsvertraglichen Obliegenheiten unterstützen: Der durch gefrorenes Wasser in den Wasserleitungen eines unbewohnten Gebäudes verursachte Wasserrohrbruch ist in der Gebäudeversicherung grundsätzlich nicht gedeckt. Vielmehr trifft den Versicherungsnehmer die Obliegenheit, für die Beheizung und Kontrolle der Beheizung des versicherten Gebäudes in der kalten Jahreszeit zu sorgen. Eine entsprechende Smart-Home-Technik kann die richtige Beheizung des versicherten Gebäudes sicherstellen, ohne dass es bewohnt sein muss.

Voraussetzung ist freilich, dass die Technik so weit entwickelt ist, dass sie auch Störungen und Wartungsbedarf in der Heizungsanlage erkennt und anzeigt – solange dies nicht gewährleistet ist, muss der Versicherungsnehmer eine regelmäßige Zusatzkon­trolle durchführen. Das Smart Home könnte zudem über den Eintritt eines Versicherungsfalls informieren, wenn zum Beispiel Feueralarm ausgelöst wird oder sich elektronische Geräte in der Wohnung bei einem Wasserschaden wegen Feuchtigkeit automatisch abschalten. Nicht zuletzt kann das Smart Home Daten erfassen und speichern, welche die Schadenbearbeitung erheblich erleichtern würden. Den Versicherern wie auch den Versicherten eröffnen sich durch die Smart-Home-Technik ganz neue Möglichkeiten, Gebäuderisiken zu bewerten und Versicherungstarife neu zu bestimmen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 01/2021, Seite 42 f., und in unserem ePaper.

Bild: © HQUALITY – stock.adobe.com; © Thanmano – stock.adobe.com;

 
Ein Artikel von
Dr. Gumbritt Kammerer-Galahn