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16. Dezember 2019
So vermeiden Vermittler Haftungsrisiken bei Vermögensanlagen

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So vermeiden Vermittler Haftungsrisiken bei Vermögensanlagen

Aufklärung über rechtliche Einzelheiten der Kapitalanlage

Nicht immer aber ist die Rechtslage derart kompliziert. Im Regelfall kann vom Vermittler daher verlangt werden, die rechtlichen Besonderheiten der Kapitalanlage seinen Kunden zu erläutern. Helfen kann nicht nur ein Blick in Produktinformationsblätter des Anbieters. Auch die einzelnen Vertragsbedingungen sollte der Vermittler unbedingt unter die Lupe nehmen. Insbesondere die folgenden rechtlichen Besonderheiten sollten Vermittler von Vermögensanlagen kennen und ihre Kunden darüber vor Zeichnung informieren:

Nachrangklauseln

Auch wenn vonseiten mancher Anlegerschützer immer wieder verbreitet wird, dass Nachrangabreden bei Nachrangdarlehen AGB-rechtlich unwirksam seien, hat der BGH grundsätzlich Gegenteiliges bestätigt, soweit die Vertragsbedingungen bestimmte Voraussetzungen der Transparenz erfüllen (BGH IX ZR 143/17, Urt. v. 06.12.2018). Ist die vereinbarte Nachrangabrede wirksam, kann dies für den Anleger weitreichende Konsequenzen haben. Nachrangdarlehensbedingungen sehen regelmäßig die Rückzahlung des Darlehens nach Vertragsende vor. Die Rückzahlung ist aber ausgeschlossen „solange und soweit“ Zahlungen an die Kunden einen Insolvenzeröffnungsgrund aufseiten des Emittenten hervorrufen würden. Das bedeutet rein praktisch, dass der Kunde nach Vertragsende unter Umständen auf die Rückzahlung seines Kapitals warten muss. Ein solcher Zeitraum kann sich auch über Jahre erstrecken. Das sollte dem Kunden bewusst gemacht werden. Ähnliche Risiken ergeben sich regelmäßig bei Namensschuldverschreibungen und Genussrechten.

Zins- und Dividendenvorbehalte

Lobt ein Anbieter seinen Anlegern in Werbeunterlagen plakativ einen jährlichen Zins in bestimmter Höhe aus, muss das nicht zwangsläufig bedeuten, dass eine Zinszahlung auch vorbehaltlos geschuldet ist. Zinsvorbehalte, insbesondere Zahlungsvorbehalte, sind bei Nachrangdarlehen, stillen Beteiligungen, Genussrechten, Namensschuldverschreibungen und Kommanditbeteiligungen absolut üblich. Die Praxis zeigt, dass Kapitalanlegern derartige Vorbehalte häufig bei Zeichnung nicht bewusst sind, weil sie im Vorfeld lediglich Hinweise auf einen Zinssatz als solchen bekommen haben. Der Vermittler muss aber sicherstellen, dass seinen Kunden nicht nur der vorgegebene Zinssatz zur Kenntnis gelangt, sondern auch die Bedingungen, unter denen der Zins zur Auszahlung gelangt.

Beispiel Fälligkeitsregelungen

Wirtschaftlich bedeutsame Vertragsmodalitäten stellen auch Fälligkeitsregelungen dar, insbesondere soweit sie die Rückzahlung des investierten Kapitals betreffen. Der Vermittler sollte hier im Vorfeld einer Vermittlung anhand der einzelnen Vertragsbedingungen verdeutlichen, wann sein Kunde über angelegtes Kapital wieder verfügen kann. Die Kapitalbindung ist natur­gemäß für jeden Anleger, unabhängig von seiner Risikobereitschaft, von essenzieller Bedeutung. Plakativ stellen Initiatoren häufig auf eine Rückzahlung nach Vertragsende ab. Die Vertragsbedingungen offenbaren dann aber, dass „nach Vertragsende“ einen weiten Zeitraum umfassen kann. Teilweise können nach Vertragsende viele Monate, bisweilen sogar weit mehr als ein Jahr, vergehen, bis dem Anleger die Höhe seines Rückzahlungsanspruchs mitgeteilt und die Auszahlung veranlasst werden. Der Vermittler, der seinen Kunden über diese „besondere Kapitalbindung“ über die Vertragslaufzeit hinaus nicht aufgeklärt hat, läuft Gefahr, vom ungeduldigen Kunden direkt in Anspruch genommen zu werden.

Beispiel Verlustteilnahmeklauseln

Die Möglichkeit der Verlustteilnahme hat für den Anleger natürlich typischerweise eigenständigen Charakter und ist nicht vorrangig an der erwähnten Fälligkeit der Rückzahlung zu messen. Der Vermittler sollte also im Vorfeld einer Zeichnung den Kunden genauestens informieren, inwieweit und unter welchen Bedingungen eine Rückzahlung von weniger als 100% der Investition zu befürchten sein könnte. Bei stillen Beteiligungen und Genussrechten nimmt das Anlegerkapital bedingungsgemäß meist direkt an etwaigen Verlusten des Emittenten teil. Für den Vermittler heißt dies, dass er dem Kunden zumindest klarmachen sollte, dass der Kunde Verluste macht, wenn der Emittent Verluste macht.

Fazit

Für Vermittler ist es unerlässlich, ihre Kunden im Rahmen der Vermittlung einer Vermögensanlage insbesondere über deren rechtliche Ausgestaltung im Einzelnen zu informieren. Vermittler sollten daher sorgfältig prüfen, zu welchen Vertragsbedingungen sich ihre Kunden im Einzelfall beteiligen. Nur so kann sichergestellt werden, dass Vermittler nicht wegen unredlicher Geschäfte von Fondsverantwortlichen am Ende selbst unter juristischen Druck geraten. Die gerichtliche Praxis zeigt nachdrücklich, dass Vermittler nach entsprechenden Anlageskandalen häufig mit Vorwürfen konfrontiert werden, über diese oder jene Besonderheiten von Beteiligungsbedingungen nicht informiert zu haben.

Bild: © Wilm Ihlenfeld – stock.adobe.com

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 12/2019, Seite 142 f. und in unserem ePaper.

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Ein Artikel von
Jan Barufke