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15. November 2021
Sprunghafter Anstieg bei Elementarschadenversicherungen
Real estate agents offer sale home insurance and close the sale immediately after the customer signs a purchase contract under a formal agreement. Real Estate Home insurance concept.

Sprunghafter Anstieg bei Elementarschadenversicherungen

Nach Berichten des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) e.V. haben angesichts der Flutkatastrophe 2021 zahlreiche Immobilienbesitzer eine neue Elementarschadenversicherung abgeschlossen. Allerdings sind weiterhin noch die Hälfte aller Gebäude ohne diesen Versicherungsschutz.

Die Flutkatastrophe vom Juli hat deutlich mehr Menschen als sonst dazu veranlasst, ihre Häuser vollständig gegen Naturgefahren abzusichern. „Die Versicherer haben im dritten Quartal etwa 400.000 neue Elementarschadenversicherungen bei Wohngebäuden registriert“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer beim GDV. Üblicherweise sind es nach Angaben des Verbandes in einem Quartal nur 50.000 bis 100.000 neue Verträge. Der Zusatzbaustein deckt auch Schäden durch Hochwasser oder Starkregen mit ab, was bei einer einfachen Wohngebäudeversicherung nicht der Fall ist.

Spitzenwert im Neugeschäft erwartet

Für das Gesamtjahr 2021 geht der GDV nun von einem Spitzenwert bei den Neuabschlüssen für Elementarschadenversicherungen aus. „Wir schätzen, dass am Jahresende rund 50% aller Wohngebäude den Zusatzbaustein haben werden“, sagt Asmussen. Gegenüber Ende 2020 wäre das ein Plus von etwa vier Prozentpunkten. Gleichwohl sei eine Elementardichte von 50% alles andere als zufriedenstellend. „Wir können es nicht hinnehmen, dass jedem zweiten Haus der wichtige Versicherungsschutz gegen Klimaschäden fehlt“, betont Asmussen.

Versicherungspflicht: Ja oder Nein?

Unterdessen kamen am 11./12.11.2021 die Justizminister der Länder zusammen, um über die Einführung einer Pflichtversicherung zu diskutieren. Die Ministerrunde beschloss bei ihrer Herbstkonferenz, dass eine Arbeitsgruppe unter Federführung von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen die Einführung einer solchen Pflichtversicherung prüfen soll. In der Beschlussvorlage hieß es dazu: Klimamodellen zufolge würden solche Starkregenereignisse wie im Juli in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich an Häufigkeit und Intensität gewinnen. Es stelle sich die Frage, ob man für Naturkatastrophen nicht ein ganz neues Modell der Schadenregulierung brauche. Zuletzt scheiterten entsprechende Bestrebungen 2017 an verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Justizminister der Länder befürchteten damals, dass eine solche Pflicht Grundrechte einschränken könnte – vor allem das Grundrecht des Einzelnen auf Vertragsfreiheit. Denn eine Versicherungspflicht würde Betroffene zwingen, einen Vertrag abzuschließen und für eine Versicherung zu zahlen. Dass eine Versicherungspflicht von der Gesellschaft aber durchaus erwünscht ist, zeigte eine repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Verbraucherzentrale. Darin hatten sich im September 2021 59% der mehr als 1.000 Befragten für eine solche Versicherungspflicht ausgesprochen. Auch eine nach Risiko gestaffelte Prämie zwischen 5 und 50 Euro monatlich halten fast drei Viertel der befragten Eigentümer für angemessen.

Versicherer befürworten freiwillige Lösung

Wie AssCompact bereits berichtete, haben die Versicherer Anfang November hingegen ein Konzept vorgelegt, wie sich die Elementarschadenabdeckung für die rund 8,5 Millionen privaten Hauseigentümer, die noch nicht versichert sind, auch ohne eine Versicherungspflicht rasch erhöhen ließe. „Wir schlagen einen anderen Weg vor als eine Versicherungspflicht“, so Asmussen. „Wenn der Gesetzgeber den Versicherern die Möglichkeit gibt, würden wir alle bestehenden privaten Wohngebäudeversicherungsverträge zu einem Stichtag umstellen. Damit würden Millionen Hausbesitzer automatisch auch den Versicherungsschutz gegen Naturgefahren erhalten – außer der Verbraucher widerspricht aktiv.“ Nach den Vorstellungen des GDV soll diese sogenannte Opt-Out-Lösung in ein Gesamtkonzept eingebettet sein, das gleichzeitig mehr Präventionsmaßnahmen einschließt und die Klimafolgenanpassung forciert. „Auch die öffentliche Hand muss nachhaltig umsteuern, etwa durch klare Bauverbote in hochwassergefährdeten Gebieten. Ohne konsequente Klimafolgenanpassung wird unsere Gesellschaft gezwungen sein, die schlimmen Auswirkungen verheerender Unwetterereignisse immer wieder zu durchleben“, erläutert Asmussen weiter.

Juli-Flut bislang schwerste Naturkatastrophe in Deutschland

Die Juli-Flut, die vor allem in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zu Verwüstungen geführt hatte, ist nach Angaben des GDV mit einem versicherten Schaden von über 7 Mrd. Euro die bislang schwerste Naturkatastrophe in Deutschland. Insgesamt geht der GDV von bis zu 200.000 beschädigten Gebäuden und bis zu 50.000 beschädigten Fahrzeugen aus. (as)

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