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Steuern & Recht
1. Dezember 2020
Steuererklärung: Umgang mit Beiträgen an private Unfallversicherungen

Steuererklärung: Umgang mit Beiträgen an private Unfallversicherungen

Unfallversicherungen decken meist betriebliche bzw. berufliche wie auch private Unfälle. Für die Beratung ist es für Makler interessant zu wissen, ob sich die Versicherungsbeiträge eigentlich von der Steuer absetzen lassen und wenn ja, in welchem Umfang. Licht ins Dunkel bringen die Steuerexperten Daniel Denker und Marvin Gummels.

Vermitteln Sie als Versicherungsmakler eine private Unfallversicherung, stellt sich bei Ihrem Kunden spätestens bei Erstellung der Einkommensteuererklärung die Frage, ob die geleisteten Prämien steuerlich abzugsfähig sind. Zwar hängt im Steuerrecht vieles vom Einzelfall ab, jedoch hat das Bundesfinanzministerium (BMF) mit Schreiben vom 28.10.2009 (Bundessteuerblatt I 2009, S. 1275) hierzu umfangreich Stellung genommen und einige Grundregeln sowie Vereinfachungsmöglichkeiten aufgezeigt im Hinblick auf die steuerliche Einordnung von Prämien an private Unfallversicherungen.

Grundsatz Sonderausgabenabzug

Versicherungsprämien für eine private Unfallversicherung sind gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3a Einkommensteuergesetz (EStG) als Sonderausgabe beschränkt abzugsfähig. Die Eintragung erfolgt in der Einkommensteuererklärung auf der „Anlage Vorsorgeaufwand“ auf der zweiten Seite, Zeile 48. Jedoch führt dies regelmäßig zu keiner Minderung der Einkommensteuer. Denn die Beiträge sind zunächst mit den übrigen privaten Versicherungen (z. B. Lebensversicherungen mit Laufzeitbeginn vor dem 01.01.2005 oder Haftpflichtversicherungen) zu saldieren und bei ledigen Versicherungsnehmern nur bis zu einem Betrag von 1.900 bzw. 2.800 Euro abzugsfähig (§ 10 Abs. 4 EStG). Diese Höchstbeträge vermindern sich insoweit, wie bereits Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Sonderausgabe zu berücksichtigen sind. Betragen die Beiträge hierzu beispielsweise 3.000 Euro, geht die steuerliche Abzugsmöglichkeit der Prämien an die private Unfallversicherung vollständig verloren. Da dies nicht die Ausnahme, sondern der Regelfall ist, sollte geprüft werden, ob die Prämien nicht anderweitig berücksichtigt werden können.

Ausnahme 1 – Werbungskosten

Die Prämien können – ganz oder anteilig – Werbungskosten darstellen (§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG). Der Abzug als Werbungskosten ist immer dann zu prüfen, wenn der Versicherungsnehmer beruflich als Arbeitnehmer tätig ist. Sofern sich abzugsfähige Werbungskosten ergeben, sind diese auf der zweiten Seite der „Anlage N“ innerhalb der Zeile 47 einzutragen. Die hier erfassten Beiträge wirken sich immer und vollständig zum persönlichen Spitzensteuersatz steuermindernd aus. Beträgt dieser beispielsweise 35%, spart Ihr Versicherungsnehmer bei einer Eintragung von 200 Euro 70 Euro Steuern.

Einzige Voraussetzung: Der in § 9a Nr. 1a EStG geregelte Arbeitnehmer-Pauschbetrag von derzeit 1.000 Euro muss bereits durch die übrigen Werbungskosten (insbesondere Fahrtkosten) überschritten werden.

Das BMF erläutert in seinem Schreiben vom 28.10.2009, in welchen Fällen sich Werbungskosten bzw. Sonderausgaben ergeben:

  • Deckt die Versicherung ausschließlich Unfälle ab, die mit der beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang stehen, sind die Beiträge vollständig als Werbungskosten abzugsfähig (BMF, a. a. O., Tz. 1.1).
  • Deckt die Versicherung ausschließlich Unfälle des privaten Bereichs ab, sind die Beiträge lediglich als Sonderausgabe zu berücksichtigen (BMF, a. a. O., Tz. 1.2).
  • Deckt die Versicherung sowohl berufliche als auch private Unfälle ab, ist der Gesamtbeitrag in Werbungskosten und Sonderausgaben aufzuteilen (Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.06.1990 – VI R 2/87). Als Grundlage für die Aufteilung könnte zum Beispiel eine Bescheinigung des Versicherungs­unternehmens über die jewei­ligen Beitragsanteile dienen. Zur Vereinfachung gestattet die Finanzverwaltung jedoch auch, pauschal 50% des Gesamtbeitrags den Werbungskosten zuzuordnen (BMF, a. a. O., Tz. 1.3).
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Ihrem als Arbeitnehmer tätigen Versicherungsnehmer können die Versicherungsprämien von seinem Arbeitgeber erstattet werden. Erfolgt dies, handelt es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn, der oben genannte (anteilige) Werbungskosten­abzug bleibt unberührt. Dies gilt jedoch nicht, soweit die Erstattung in Fällen der obigen Nummern 1 bzw. 3 das Unfall­risiko bei Auswärtstätigkeiten abdeckt (steuerfreie Erstattung von Reisekosten nach § 3 Nr. 13 und 16 EStG). Ohne weitere Nachweise gestattet die Finanzverwaltung, den steuerfreien Reisekostenersatz auf 40% des beruflichen Beitragsanteils zu schätzen (BMF, a. a. O., Tz. 1.4).

Beispiel: Jan Jade ist Arbeitnehmer und schließt bei Ihnen eine gemischte Unfallversicherung ab. Die Versicherungsprämie beläuft sich auf jährlich 250 Euro.

Lösung: Jan kann von den 250 Euro ohne weitere Nachweise 125 Euro als Werbungskosten und 125 Euro als beschränkt abzugsfähige Sonderausgabe geltend machen. Sollte der Arbeitgeber von Jan ihm die Prämien in voller Höhe erstatten, würde es sich in Höhe von 200 Euro um steuerpflichtigen Arbeitslohn und in Höhe von 50 Euro um eine steuer- und sozialversicherungsfreie Erstattung von Reisekosten handeln (250 Euro x 50% x 40%).

Ausnahme 2 – Betriebsausgaben

Ist der Versicherungsnehmer nicht als Arbeitnehmer, sondern als selbstständiger Unternehmer tätig, gelten die für Arbeitnehmer bestehenden Regelungen im Grundsatz entsprechend, die Beiträge sind dann als Betriebsausgabe abzugsfähig. Auch diese mindern die Einkommensteuer zum persönlichen Spitzensteuersatz.

Allerdings sind die Vereinfachungsregelungen, welche das BMF den Arbeitnehmern gestattet, nicht auf Unternehmer übertragbar. Damit gilt hinsichtlich der steuerlichen Einordnung Folgendes:

  • Deckt die Versicherung ausschließlich typische betriebliche Risiken und Unfälle ab, also typische berufs- oder betriebsspezifische Gefahren, wie Berufsunfälle und Berufskrankheiten, sind die Beiträge in voller Höhe als Betriebsausgabe abzugsfähig (z. B. gut denkbar bei einer Police für einen Dachdecker oder Berufssportler, mit welcher ausschließlich die rein betriebliche Tätigkeit abgedeckt werden soll).
  • Deckt die Versicherung ausschließlich private Unfälle ab, so sind die Beiträge lediglich als Sonderausgabe zu berücksichtigen.
  • Deckt die Versicherung sowohl Fälle der Nummer 1 als auch Fälle der Nummer 2 ab (gemischte Versicherung), hat eine Aufteilung der Beiträge in Betriebsausgaben und beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben zu erfolgen. Hierzu könnte beispielsweise eine entsprechende Bescheinigung des Versicherungsunternehmens dienen. Eine pauschale Aufteilung gestattet die Finanzverwaltung nicht.

Beispiel: Dachdecker Frank Frankenstein schließt bei Ihnen eine gemischte Unfallversicherung ab. Das Versicherungs­unternehmen bescheinigt, dass von dem Gesamtbeitrag in Höhe von 480 Euro 40% auf versicherte betriebsspezifische Gefahren (Berufsunfälle etc.) und 60% auf private Unfälle entfallen.

Lösung: Die Prämien sind zu 40% (192 Euro) als Betriebs­ausgabe und zu 60% (288 Euro) als beschränkt abzugsfähige Sonderausgabe zu berücksichtigen.

Über die Autoren

Daniel Denker ist Diplom-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Betriebsprüfer in der niedersächsischen Finanzverwaltung und bundesweiter Referent in der Aus- und Fortbildung von Steuerberatern und Unternehmern. Marvin Gummels ist in der Großbetriebsprüfung Oldenburg beschäftigt. Der Diplom-Finanzwirt ist Dozent in der Aus- und Fortbildung von Angehörigen der steuerberatenden Berufe.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2020, Seite 50f., und in unserem ePaper.

Bild: © igorkol_ter – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Marvin Gummels
Daniel Denker