Eine Lehrerin, die in Süddeutschland wohnt und an einer Schule in der Schweiz arbeitet, wird in Deutschland als sogenannte Grenzgängerin besteuert. Mit Tätigkeitsbeginn im Februar 2005 wurde sie in die Pensionskasse, eine selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalt eines schweizerischen Kantons, aufgenommen, die als vollkapitalisiert gilt und im Register für die berufliche Vorsorge eingetragen ist.
Pensionskasse erbringt auch überobligatorische Leistungen
Die Pensionskasse führt die obligatorische berufliche Vorsorge durch und erbringt auch überobligatorische Leistungen. Nach dem Reglement der Pensionskasse werden die von Arbeitnehmern und Arbeitgebern jeweils zu leistenden Beiträge in Prozent der beitragspflichtigen Besoldung bemessen.
Die Lehrerin erklärte in ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2016 bis 2018 Beiträge zur beruflichen Vorsorge. Den obligatorischen Anteil der Beiträge berechnete sie, indem sie die im Reglement zur Bemessung der Beiträge festgelegten Prozentsätze auf den sogenannten koordinierten Lohn nach dem schweizerischen Gesetz über die berufliche Vorsorge (BVG) anwandte.
Das Finanzamt folgte dieser Berechnung jedoch nicht. Es sah als obligatorischen Anteil der Beiträge nämlich die auf den koordinierten Lohn zu leistenden Altersgutschriften nach dem BVG sowie Risikobeiträge in Höhe von 1% des koordinierten Lohns, Sanierungs- und Verwaltungskostenbeiträge an. Dagegen klagte die Lehrerin, das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) wies die Klage aber ab.
FG: Zum Arbeitslohn gehören auch Ausgaben für Zukunftssicherung
Nach Argumentation des FG gehören zum Arbeitslohn auch Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitnehmer mit der Beitragszahlung durch den Arbeitgeber einen unentziehbaren Rechtsanspruch auf die Leistung erlangt – so im konkreten Fall nach dem Reglement der Pensionskasse. Zu den als Arbeitslohn anzusetzenden Beiträgen gehörten neben den Sparbeiträgen auch die vom Arbeitgeber geschuldeten Risikobeiträge, Verwaltungskosten und Sanierungsbeiträge. Die überobligatorischen Beiträge seien steuerpflichtig.
Die Aufteilung der Arbeitgeberbeiträge in obligatorische und überobligatorische Beiträge erfolge durch Schätzung. Die Finanzbehörde sei zur Schätzung berechtigt, soweit sie die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen könne.
Schätzung des Finanzamts ist sachgerecht
Im Streitfall gehe es um Beiträge zu einer umhüllenden Vorsorgeeinrichtung. Eine solche lege in ihren Reglementen einheitliche Beiträge und Leistungen fest, die den gesamten obligatorischen und überobligatorischen Bereich umfassten. Die Festlegung der Beitragshöhe sei im Wesentlichen der Vorsorgeeinrichtung überlassen. „Eine mathematisch korrekte Aufschlüsselung der Beiträge in obligatorische und überobligatorische Beiträge“ sei nach dem Schweizer Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) nicht möglich. Eine Bescheinigung der Pensionskasse über die Höhe der obligatorischen Beiträge liege nicht vor. Die Schätzung des Finanzamts sei sachgerecht. Sie orientiere sich an der Empfehlung des BSV und der Fachmitteilung Nr. 105 des Schweizer Pensionskassenverbands (ASIP).
Hinsichtlich der Sparbeiträge sei es sachgerecht, diese unter Rückgriff auf die Altersgutschriften nach dem BVG aufzuteilen. Reglementarische Beiträge in Höhe der Altersgutschriften nach dem BVG seien als obligatorische Beiträge anzusehen. Insoweit dienten sie nach schweizerischem Recht dem Aufbau des BVG-Altersguthabens. Bei den darüber hinausgehenden Sparbeiträgen handle es sich um überobligatorische Beiträge. Eine gesetzliche Regelung zu den im Umlageverfahren erhobenen Risikobeiträgen fehle. Insoweit werde den Einschätzungen des BSV und ASIP gefolgt.
Verwaltungskosten und Sanierungsbeiträge sind obligatorische Beiträge
Die Behandlung der gesamten Verwaltungskosten und Sanierungsbeiträge als obligatorische Beiträge erachtete das FG Baden-Württemberg im Hinblick auf die für die Berechnung der reglementarischen Altersrenten maßgeblichen und gegenüber dem BVG Umwandlungssatz regelmäßig niedrigeren reglementarischen Umwandlungssätze als sachgerecht. Die als Arbeitslohn behandelten überobligatorischen Beiträge zur Pensionskasse seien nicht als Sonderausgaben abzugsfähig. Insoweit handle es sich nicht um ein mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbares Rechtsverhältnis. Die überobligatorischen Leistungen würden neben der gesetzlichen Versorgung geleistet. Die Pensionskasse lasse eine Kapitalisierung von Ansprüchen zu. Das FG sah keinen tragfähigen Grund für eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von öffentlichrechtlichen und privatrechtlichen schweizerischen Vorsorgeeinrichtungen, hat die Revision gegen dieses Urteil aber zugelassen. (ad)
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.2021 – 3 K 1213/20
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