Falsche Vergleichsmaßstäbe bei der Multiple-Logik
Ein praxisbewährter Ansatz zur Unternehmensbewertung von Versicherungsmaklern ist die sogenannte Multiple-Logik. Dabei wird der Wert eines Maklerunternehmens aus einer Kennzahl, im Regelfall das EBITDA, und einem Faktor (Multiple) abgeleitet. Ein Irrtum besteht jedoch darin, den eigenen Betrieb unreflektiert mit anderen Maklerhäusern zu vergleichen, die in Struktur und Ausrichtung deutlich vom eigenen Unternehmen abweichen oder bei denen eine andere Transaktionsstruktur gewählt wurde. Auch wenn die Multiple-Bewertungslogik auf den ersten Blick nach einer einfachen und praktikablen Lösung aussieht, birgt sie in der Praxis erhebliche Risiken und kann zu falschen bzw. verzerrten Ergebnissen führen. Beispielhafte Fehlvergleiche mit anderen Maklerhäusern lassen sich in facettenreichen Ausprägungen finden. Im Folgenden wird nur auf einige Aspekte eingegangen, die teilweise im Vergleich mit anderen Maklern nicht hinreichend berücksichtigt werden:
- Unternehmensgröße: Je größer Maklerbetriebe sind, desto eher verfügen diese über professionelle Strukturen und eine höhere Resilienz gegenüber dem Ausfall einzelner Personen. Kleinere Unternehmen weisen im Regelfall Inhaberabhängigkeiten auf und sind in der Folge deutlich risikobehafteter.
- Umsatzstruktur: Geschäftsmodelle mit einem hohen Anteil an Abschlusscourtagen sind deutlich schwankungsanfälliger als jene Unternehmen, die (nahezu) ausschließlich Bestandsvergütungen vereinnahmen und damit eine stabilere und prognostizierbare Gesamtperformance ausweisen.
- Digitalisierungsgrad: Maklerunternehmen mit einer analogen Datenablage (Hängeregister) haben einen deutlich höheren Integrationsaufwand in das IT-Zielsystem des Käufers als digital aufgestellte Makler. Ebenfalls besteht bei Maklern mit „Papierablage“ kaum Transparenz zu Qualität und Quantität des Kundenbestands.
Werden bei selbstständig durchgeführten Marktvergleichen bestehende Unterschiede zwischen der eigenen Ausgangssituation und anderen Versicherungsmaklerkollegen nicht berücksichtigt, entstehen schnell falsche Vergleichsmaßstäbe in der Multiple-Logik. Das führt entweder zu überzogenen Preisvorstellungen oder dazu, dass Verkäufer den wahren Wert ihres Unternehmens unterschätzen. Marktvergleiche können daher nur als eine erste Orientierung dienen und entscheidend bleibt, dass die eigenen Werttreiber und Rahmenbedingungen immer individuell herausgearbeitet werden müssen. Nur so lässt sich verhindern, dass scheinbar „marktübliche“ Faktoren nicht in die Irre und zu falschen bzw. verzerrten Verkaufspreisvorstellungen führen.
Keine Berücksichtigung steuerlicher Effekte
Ein letzter gravierender Fehler bei der Wertermittlung ist die fehlende Einbeziehung möglicher steuerlicher Effekte auf der Käuferseite. Verkäufer konzentrieren sich oft ausschließlich auf die operative Ertragskraft und übersehen, dass steuerliche Aspekte für den Übernehmer einen erheblichen finanziellen Unterschied auf die zu tätigende Investition ausmachen.
Ein wesentlicher Aspekt bei der steuerlichen Betrachtung ist die Rechtsform des zu verkaufenden Unternehmens. Während die Veräußerung einer Personengesellschaft dem Käufer in der Regel steuerliche Vorteile verschafft, gelten beim Verkauf einer Kapitalgesellschaft andere steuerliche Rahmenbedingungen. Zu beachten ist jedoch, dass die Rechtsform nicht beliebig und kurzfristig vor einem Verkauf verändert werden kann. Steuerliche Vorschriften schränken eine solche „Optimierung in letzter Sekunde“ ein, sodass die bestehende Rechtsform maßgeblich bleibt und eine kurzfristige Veränderung nicht sinnhaft ist.
Auch die gewählte Transaktionsstruktur beeinflusst die steuerliche Behandlung. Beim Bestandsverkauf (Asset Deal) können Käufer den gezahlten Kaufpreis in der Regel steuerlich vollständig abschreiben, was die Wirtschaftlichkeitsrechnung verbessert. Beim Erwerb von Unternehmensanteilen (Share Deal) ist eine solche Abschreibung dagegen meist nicht möglich – mit Ausnahme des zuvor beschriebenen Erwerbs einer Personengesellschaft.
Steuerliche Optimierungen können eine Rolle spielen, sollten jedoch nie der alleinige Maßstab bei dem Verkauf des eigenen Lebenswerks sein. Wer als Verkäufer jedoch mögliche sich ergebende Effekte außer Acht lässt oder die Gestaltungsmöglichkeiten nicht kennt, riskiert dass diese bei der Wertermittlung unberücksichtigt bleiben und damit unnötig Verhandlungsspielraum gegenüber dem Käufer verschenkt wird.
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SECHZEHN54 ist ein auf Finanz- und Versicherungsmakler spezialisiertes und unabhängiges Beratungsunternehmen und unterstützt bei sämtlichen Aktivitäten des Unternehmensverkaufs sowie der strategischen Nachfolge. Die Mission von SECHZEHN54 ist es, mittels maßgeschneiderter Lösungsansätze den wichtigsten Schritt im unternehmerischen Leben zu begleiten: die erfolgreiche Übergabe des Lebenswerks in die nächste Generation.
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