Wer sich mit einer Abmahnung wegen einer urheberrechtswidrigen Veröffentlichung konfrontiert sieht – beispielsweise wegen der Nutzung eines nicht lizenzierten Fotos –, hat die Möglichkeit, der Abmahnung zu widersprechen und sich auf einen etwaigen Rechtsstreit einzulassen oder die Forderung auf Unterlassung zu akzeptieren und unter Umständen zusätzlich eine Vertragsstrafe berappen zu müssen.
Löschung des nicht lizenzierten Bildes
Die Unterlassung beinhaltet im Falle einer digitalen Veröffentlichung in der Regel auch die Löschung des Bildes. Was aber, wenn das nicht passiert und das Bild weiterhin einer kleinen Gruppe von Personen zur Verfügung gestellt wird? Das musste der Bundesgerichtshof (BGH) im Streit zwischen einem Nutzer des Online-Kleinanzeigen-Portals eBay Kleinanzeigen und einem Berufsfotografen entscheiden.
1.000 Euro bei Verstoß fällig
In dem Fall, der auf dem Rechtsportal beck-online thematisiert wurde, hatte der Berufsfotograf auf eBay Kleinanzeigen von ihm gemachte Lautsprecherfotos gefunden, die vom Verkäufer der Lautsprecher nicht lizenziert worden waren. Der Fotograf verlangte von dem Nutzer des Online-Portals daraufhin, diese Bilder nicht mehr im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Des Weiteren einigten sich die Parteien darauf, dass für Verstöße gegen die Unterlassungserklärung 1.000 Euro fällig würden.
Bilder immer noch aufrufbar
Fast ein Jahr später fand der Fotograf die beanstandeten Bilder aber immer noch online. Die Anzeige war zwar nicht mehr mit den nicht lizenzierten Fotos bebildert, aber über den Aufruf der ursprünglichen Link-URL waren die Bilder weiterhin verfügbar. Daraufhin nahm der Fotograf den Nutzer auf Schadensersatz in Anspruch.
Prozessverlauf
Vor dem Landgericht Frankfurt am Main wurde die Klage abgewiesen und auch vor dem Oberlandesgericht Frankfurt hatte der Berufsfotograf keinen Erfolg. Letztlich landete der Fall im Revisionsverfahren sogar vor dem BGH.
70-Zeichen-lange URL nötig
Die Bundesrichter kamen jedoch zu dem gleichen Ergebnis wie die Vorinstanzen. Ihrer Ansicht nach sei eine öffentliche Verbreitung nur dann gegeben, wenn eine gewisse Mindestanzahl von Personen Zugriff auf die Bilder habe. Das wiederum sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Um auf die Bilder zugreifen zu können, müsse eine URL eingegeben werden, die aus einer Zeichenfolge von 70 Buchstaben, Ziffern und Sonderzeichen bestehe.
Keine öffentliche Zugänglichmachung
Es sei somit ausgeschlossen, dass, wie in der einschlägigen EU-Richtlinie 2001/29/EG festgelegt, „recht viele Personen“ Zugriff auf die Fotos hätten. Vielmehr könnten nur diejenigen auf die Bilder zugreifen, die den Link vor der Entfernung aufgerufen und abgespeichert hätten, sowie Personen, an die die vollständige URL weitergeleitet wurde. Mit diesem überschaubaren Personenkreis sei die Erheblichkeitsschwelle nicht erreicht worden, ab der man von Öffentlichkeit sprechen kann. Dem Fotografen steht somit keine Entschädigungszahlung zu. (tku)
BGH, Urteil vom 27.05.2021 – I ZR 119/20
Bild: © 1STunningART – stock.adobe.com
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können