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6. April 2020
Urteile zur Teilzeitbeschäftigung in der Berufsunfähigkeitsversicherung

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Urteile zur Teilzeitbeschäftigung in der Berufsunfähigkeitsversicherung

Urteil 2: Teilzeit nach Elternzeit

Auch der BGH sieht das in einer bisher wenig beachteten Entscheidung aus November 2011 so. Diese Entscheidung beschäftigt sich mit Erziehungsurlaub und der Bestimmung des ausgeübten Berufs in der Berufsunfähigkeitsversicherung.

Die Klägerin war bis 1994 als Erzieherin tätig, danach befand sie sich in Elternzeit, widmete sich vorwiegend dem Haushalt und ihren eigenen Kindern und übte in ihrem erlernten Beruf nur kurzzeitige Tätigkeiten als „Springer“ aus. Nach Ende der letzten Erziehungszeit im März 2002 meldete sie sich arbeitssuchend. Zu dieser Zeit schloss sie die streitgegenständliche BU-Versicherung ab. Zu Beginn 2004 machte sie Leistungen wegen BU geltend, da sie seit März 2003 an Depression, Panikstörung und sozialer Phobie litt. Seit Mai 2008 ist sie wieder mit zehn Wochenstunden als Erzieherin teilzeitbeschäftigt. Fraglich war, welcher Beruf der Leistungsprüfung zugrunde zu legen sei.

Aus Sicht des BGH bleibt es bei der beruflichen Tätigkeit als Erzieherin, es sei denn, die Klägerin hätte ihre berufliche Tätigkeit bewusst zugunsten einer dauernden Tätigkeit als Hausfrau aufgegeben. Alternativ könnte sie ihre berufliche Qualifikation aufgrund einer großen Zeitspanne und eines damit verbundenen Verlustes von Fähigkeiten für den vor Eintritt der Arbeitslosigkeit ausgeübten Beruf verloren haben, sodass sie diesen aus fachlichen Gründen nicht mehr fortführen könnte (BGH unter Verweis auf Rixecker in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 2. Auflage, § 46 Rn. 35, 36; derselbe, Zfs 2007, 102).

Der BGH bestätigt, dass die Versicherte ihren zuletzt ausgeübten Beruf als Erzieherin trotz Erziehungsurlaub wegen der Geburt ihrer Kinder nicht gewechselt hatte und dass auch der Zeitablauf nicht die Annahme rechtfertige, dass sie aus dem Berufsleben ausgeschieden sei, sodass bei der Feststellung der Berufsunfähigkeit auf die bis auf kurzfristige Springertätigkeiten bereits seit September 1993 nicht mehr ausgeübte Tätigkeit als Erzieherin abzustellen war.

Fazit: Teilzeit in der BU ist vorsichtig zu beurteilen

Diese Rechtsprechung wie auch die in der Praxis bekannten Rechtsstreitigkeiten zeigen, dass Teilzeitarbeit jeweils individuell im Einzelfall und sehr vorsichtig zu beurteilen ist. Wird der zuvor ausgeübte Beruf der Berufsunfähigkeit zugrunde gelegt, darf sich ein eventueller neuer Beruf noch nicht manifestiert haben sowie der zuvor ausgeübte Beruf aus Sicht des Versicherungsnehmers lediglich unterbrochen sein. Dabei wird auch sehr deutlich, dass es für eine Beurteilung auf die jeweilige sehr persönliche Sichtweise und Einschätzung des Versicherungsnehmers ankommen dürfte, das heißt, ob aus dessen Sicht das Berufsleben als (teilweise) beendet oder nur unterbrochen angesehen wird.

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