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21. September 2017
Vergütung in der Praxis: „Provision ist kein Merkmal einer schlechten Beratung“

Vergütung in der Praxis: „Provision ist kein Merkmal einer schlechten Beratung“

Die Umsetzung der IDD hat die Diskussion um Honorarberatung und Vermittlung auf Provisionsbasis neu entfacht. AssCompact hat in Interviews nachgefragt, wie Berater und Makler ihr Geschäftsmodell sehen und warum sie sich für ihr Vergütungsmodell entschieden haben. Heute: Stephan Krause und sein Sohn Bernd Krause, Geschäftsführer „Der Fairsicherungsladen GmbH“

Herr Krause senior und Herr Krause junior, Sie sind Mitglied im Verbund der Fairsicherungsläden. Wie sieht eine faire Beratung auf Provisionsbasis aus?

Stephan Krause Die Fairsicherungsläden haben einen moralischen Anspruch in der Kundenberatung. Alle Mitglieder unterwerfen sich dem Ehrenkodex des Verbunds. Wir selbst verfahren nach dem Motto „Der Kunde muss in ein paar Jahren nicht mehr den Tarifnamen kennen, sondern die Wirkweisen seines Produktes“ und üben auf den Kunden keinerlei Abschlussdruck aus. Es ist nicht selten, dass Kunden nach dem Erstgespräch gehen und erst nach Monaten zum Abschluss wiederkommen. Provisions- oder Honorarberatung stellt keine Aussage über die Qualität des Beraters dar.

Bernd Krause Nach meinen Erfahrungen als Geschäftsstellenleiter im Bankwesen musste ich erst lernen, dass Beratungsgespräche ohne sofortigen Abschluss langfristig eine gute Investition sind. Die Kunden kommen wieder und wünschen sich eine langfristige Zusammenarbeit. Kunden, die von sich aus kommen, sind treuere Kunden.

Was sagen Sie Kunden, die angesichts der Provision an der Objektivität eines Maklers zweifeln?

BK Wie mein Vater schon sagte: Provision ist kein Merkmal einer schlechten Beratung. Höhere fachliche Qualifikationsanforderungen an Berater würden unserer Branche besser tun als die Debatte, wer „gut“ oder „böse“ ist. Auch ein Honorarberater muss in seiner Kalkulation berücksichtigen, dass er Know-how, Beratungszeit und Betriebskosten über die Dauer des Vertrages bezahlt bekommen muss. Oft sind die Honorare nicht nennenswert unterschiedlich zu Provisionen, wie das Beispiel Altersvorsorge zeigt: Wenn man sich das Kundenvermögen als Bilanz vorstellt, geht das Honorar direkt als Ausgabe ab und steht somit der Anlage auch nicht zur Verfügung. Im Provisionsmodell diskontiert der Versicherer, sodass Kundengelder zum größten Teil angelegt werden. Also ist es eher eine Frage der Grenzwertrechnung als einer pauschalen Beurteilung.

SK Wir ermöglichen es dem Kunden, Zahlen und Fakten zu vergleichen, beraten ihn und bitten den Kunden dann, in Ruhe zu Hause darüber nachzudenken. Die Entscheidung, der Honorar- oder der Provisionsberatung mehr Glauben zu schenken, liegt beim Kunden. Oder ist jeder Steuerberater gleich gut in seiner Tätigkeit? Verbraucherschutz findet doch nicht statt, indem der Kunde bestätigt, dass er 50 oder 60 Seiten Bedingungen gelesen hat. Im Grunde wird der Verbraucher durch eine Gesetzgebung dieser Art eigentlich immer weiter entmündigt und die Verantwortung dafür auf den Vermittler abgewälzt. Mit Vermittler meinen wir jeden Beratenden unserer Branche.

Wie wichtig Fachkompetenz ist, möchte ich an einem Beispiel aufzeigen: Ein Fehler etwa in der Steuererklärung lässt sich meist gut korrigieren, eine nicht erkannte falsche Berechnung von Barwerten der Altersvorsorge kann einen Kunden in die Altersarmut führen. Selbstverständlich hat jeder Berater eine moralische Verpflichtung gegenüber seinen Kunden.

Für eine Erstberatung stellen Sie Kunden ein Honorar in Rechnung. Wäre darüber hinaus eine Ver­gütung noch mehr in Richtung Honorarberatung vorstellbar?

SK Wir trennen strikt das Erstgespräch von der Beratung mit Vermittlung. Das Erstgespräch dient dem gegenseitigen Kennenlernen und der Kunde erhält Informationen und fachliche Auskünfte. Eine gezielte Ist-Situation, mögliche Risiken und deren Absicherungen werden produktanbieterunabhängig ermittelt und aufgezeigt. Danach kann sich der Kunde für ein Beratungsgespräch entscheiden.

BK Solange es keine einheitliche Honorarsatzregelung gibt, wie bei anderen Freiberuflern auch, sehen wir weder Wettbewerb noch Verbraucherschutz gewahrt. Wir erhoffen uns bei der Honorarberatung fest definierte Sätze wie bei anderen Freiberuflern und würden uns freuen, wenn das in einem IDD-Entwurf beleuchtet wird.

Wie wirkt sich die IDD auf Ihr Geschäftsmodell aus?

SK Der Gesetzgeber hat nach unserer Meinung die richtige Intention, leider erscheinen viele Schritte als nicht zu Ende gedacht oder einer Lobby geopfert. Sicher wird ein geändertes Vergütungsmodell allein nicht die gewünschte Wirkung erzielen. Grundsätzlich sind Honorare in einigen Bereichen richtig, um dem Kunden weitere Möglichkeiten zu eröffnen. Ein Ende der Provisionsberatung sehen wir allerdings nicht. Wir gehen von einer Mischung der Bezahlformen aus, um dem jeweiligen Kundenbedarf adäquat und fair begegnen zu können. Darauf haben wir uns ausgerichtet.

Lesen Sie in unserer Reihe „Vergütung in der Praxis“ auch das Interview mit Markus Wahle, Inhaber der Beratungsfirma ADFINEO, „Wissen gegen Geld – ein faires System“, sowie das Interview mit Jörg Christian Hickmann, Vorstandsvorsitzender der RWS Vermögensplanung AG: „Nebeneinander von Honorar- und Provisionsberatung ist sinnvoll“.

 
Ein Artikel von
Bernd Krause
Stephan Krause