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14. August 2020
Vermittlerwechsel – Schicksal der Dynamikprovision

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Vermittlerwechsel – Schicksal der Dynamikprovision

Schicksal der Dynamikprovision bei Vermittlerwechsel

Hinsichtlich der Vermittlungsvergütung aus Vertragserhöhungen aufgrund einer Dynamikklausel schreibt der GDV nur sybillinisch, dass hier „unterschiedliche Regelungen gelten“. Welche Regelungen das sein sollen, führt der GDV nicht weiter aus. Im letzten Jahr hat der BGH für Handelsvertreter entschieden, dass die Erhöhung der Versicherungssumme in der Lebensversicherung aufgrund einer Dynamikklausel auf die Vermittlungstätigkeit bei Abschluss des Versicherungsvertrages zurückgeht und demgemäß provisionspflichtig sind. Es entspreche der Eigenart dieses Vertragstyps, die vereinbarungsgemäß eintretenden Erhöhungen bereits mit Abschluss des Versicherungsvertrages als vereinbart anzusehen, dem Versicherungsnehmer aber hinsichtlich der Erhöhungen ein Wider­spruchsrecht zuzugestehen.

Mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages entstehe für den Versicherer einseitig eine Bindung für die gesamte Vertragslaufzeit einschließlich sämtlicher Erhöhungen, die auflösend dadurch bedingt sei, dass der Versicherungsnehmer von dem ihm eingeräumten Widerspruchsrecht Gebrauch macht. Die Erhöhung der Versicherungssumme sei in diesen Fällen nicht von der werbenden Tätigkeit eines Dritten abhängig, die den Provisionsanspruch des Abschlussvermittlers ausschließe. Denn die Erhöhung werde aufgrund des geschlossenen Versicherungsvertrages bereits dann wirksam, wenn der Versicherungsnehmer nicht widerspricht und die erhöhte Versicherungsprämie zahlt. Deshalb stehen dem Abschlussvermittler auch Provisionsansprüche für nach Beendigung des Vermittlungsvertrages aufgrund einer Dynamikklausel eintretende Erhöhungen der Versicherungssumme für die von ihm vermittelten Lebensversicherungsverträge zu, wenn der Versicherungsnehmer nicht widerspricht und die erhöhte Prämie zahlt. Der Abschlussvermittler kann demnach die Dynamikprovisionen bis zum jeweiligen Ablauf des Versicherungsvertrages verlangen.

Diese Rechtsgrundsätze gelten sinngemäß auch für Makler, weil das Provisionssystem bei Lebensversicherungen aus dem Handelsvertreterrecht abgeleitet ist, und können und müssen auch bei Vermittlerwechsel angewendet werden. Denn der Vermittlerwechsel berührt nicht den Inhalt des Versicherungsvertrages. Die Dynamikklausel ist bei Abschluss des Lebensversicherungsvertrages vereinbart. Demgemäß geht hier die Erhöhung der Versicherungssumme in der Lebensversicherung aufgrund einer Dynamikklausel auch nach einem Vermittlerwechsel auf die Vermittlungstätigkeit bei Abschluss des Versicherungsvertrages zurück. Die Provision für die Erhöhung der Versicherungssumme steht deshalb dem Abschlussvermittler zu.

Die vom BGH aus dem Handelsrecht abgeleiteten Rechtsgrundsätze sind dispositiv. Das heißt, dass sie vertraglich abbedungen werden können. Dies kann konkludent durch schlüssiges Verhalten oder ausdrücklich zum Beispiel in der Courtagezusage vereinbart werden. Schlüssiges Verhalten erfordert tatsächliche Anhaltspunkte für ein „gemeinsames Verständnis“ der Parteien über eine abweichende Regelung. Dies dürfte in der Praxis äußerst selten vorkommen.

Über den Autor

Hans-Ludger Sandkühler ist ausgewiesener Experte in Maklerfragen, gefragter Referent und Autor zahlreicher Veröffentlichungen. Außerdem ist er Mitinitiator des Arbeitskreises „Beratungsprozesse“ sowie Geschäftsführer des Instituts für Verbraucherfinanzen.

Bild oben: © beeboys – stock.adobe.com

Den Artikel finden Sie auch in der AssCompact 08/2020 und in unserem ePaper.

In der kommenden Ausgabe der AssCompact wird auch der Rechtsanwalt und Vertriebsexperte Jürgen Evers das Thema Dynamikprovision aus weiteren Gesichtspunkten behandeln.

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Ein Artikel von
Hans-Ludger Sandkühler