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23. Juli 2020
Vermögensschadenhaftpflicht: Auf die richtigen Fragen kommt es an

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Vermögensschadenhaftpflicht: Auf die richtigen Fragen kommt es an

Ergibt sich in der Praxis im Schadenfall denn häufig das Problem einer Unterversicherung?

WB: Eine Unterversicherung wie bei einer Sachversicherung wird im Leistungsfall vom Versicherer nicht angerechnet. Er leistet bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungssumme. Danach kann es jedoch für den Versicherungsnehmer kritisch werden. Eine Vielzahl der beratenden Dienstleister ist als Einzelunternehmer tätig. Das heißt, sie haften für berufliche Risiken mit ihrem Privatvermögen. Ist die Versicherungssumme ausgeschöpft und die berechtigte Schadenersatzforderung noch nicht vollständig beglichen, kann sich der Geschädigte persönlich an seinen Dienstleister halten.

HS: Die Unterversicherung kommt in der Praxis immer wieder vor, wenn zum Beispiel aus Kostengründen die Versicherungssumme zu niedrig gewählt wird oder vergessen wird, diese anzupassen an die Wertentwicklung der Mandate. Dies führt zu einem bösen Erwachen im Schadenfall, denn der Versicherer legt im Schadenfall immer die Versicherungssumme zugrunde, die zum Zeitpunkt des beruflichen Versehens galt. Nicht maßgeblich ist die Versicherungssumme zum Zeitpunkt der Schadenentdeckung, der Inanspruchnahme oder gar der Regulierung.

Selbstständige können Betriebs- und Vermögensschadenhaftpflicht zusammengefasst in einem Vertrag abschließen oder einen VSH-Baustein zur Betriebshaftpflicht hinzuwählen. Wie beurteilen Sie die verschiedenen Varianten?

HS: Das ist ein probates Mittel, um Verwaltungsaufwand und dadurch gegebenenfalls Kosten einzusparen. In der Praxis ist aber davon abzuraten, weil die Schadenbelastung des Vertrages beobachtet werden muss: Es kommt immer wieder vor, dass Schäden aus der Betriebshaftpflicht dazu führen, dass der Versicherer den Vertrag wegen fehlender Rentabilität kündigt, obwohl die Dienstleistung ordnungsgemäß war. Dann werfen solche Schadenfallkündigungen ein schlechtes Licht auf den Versicherungsnehmer, der bei der Suche nach einem neuen Versicherer ja Auskunft darüber geben muss, ob Vorschäden eingetreten sind. Dann ist es oftmals schwer nachzuweisen, dass die Schäden nicht aus einer fehlerhaften Dienstleistung herrühren. Deswegen sollte die Vermögensschadenhaftpflicht immer von der Betriebshaftpflicht getrennt sein.

Umgekehrt ist es immer zu empfehlen, den VSH-Baustein zur Betriebshaftpflicht hinzuzunehmen, um das Schadenszenario zu erweitern. Leider ist der Markt hierfür zurückhaltend, sodass Kunden und Vermittler dies nur mit Aufwand umsetzen können. Oftmals ist es daher zielführender, auch hier getrennte Verträge abzuschließen.

Und wie sieht es mit dem Thema Rechtsschutz aus? Bietet eine Vermögensschadenhaftpflicht hier ausreichend Schutz?

WB: Wie bei Haftpflichtversicherungen üblich, stellt der Versicherer den Versicherer nicht nur von berechtigten Ansprüchen Dritter frei, sondern wehrt auch unberechtigte Schadenersatzforderungen ab. Diese Abwehr geschieht auf Kosten des Versicherers, ggf. auch auf dem Rechtsweg. Man spricht hier auch von einer passiven Rechtsschutzfunktion der Haftpflichtversicherung.

HS: Die Vermögensschadenhaftpflicht ist sicherlich ausreichend, solange die Forderung kleiner als die Versicherungssumme ist. Sie setzt aber immer einen gedeckten Versicherungsfall voraus. Außerhalb dessen greift dieser Rechtsschutz daher nicht. Hierfür und für weitere Fälle empfiehlt sich vielmehr ein separater Rechtsschutz.

Lassen Sie uns noch die Maklerseite betrachten. Worin sehen Sie die größten Herausforderungen in der Vermittlung von Vermögensschadenhaftpflichtpolicen?

HS: Wie schon von Winfried Beyer angedeutet, ist eines der größten Risiken die Ermittlung des risikospezifischen Abdeckungsbedarfs, das heißt, welche Tätigkeit wird ausgeübt und kann zu welchen Schäden bei welchen Personen führen? Daneben steht das Risiko, die angemessene Versicherungssumme zu ermitteln. Schließlich – und das nicht zu vergessen – ist die Aktualisierung der Versicherungsbedingungen ein Risiko für den Vermittler, denn oftmals bringen Versicherer bessere Bedingungswerke auf den Markt, die für den Kunden Vorteile enthalten. Diese neuen Versicherungsbedingungen werden aber nicht automatisch dem Vertrag zugrundegelegt, sondern müssen immer individuell vereinbart werden, ggf. auch mit Wirkung für bereits begangene, aber noch nicht bekannte Pflichtverletzungen. Nur so hat der Kunde die Gewissheit, dass die für ihn günstigsten Versicherungsbedingungen bei der Regulierung zu Grunde liegen.

Bei der Regulierung schließlich bedarf der Kunde in aller Regel der Begleitung durch einen fachkundigen Makler: Die Schadenbearbeitung in der Vermögensschadenhaftpflicht weist Besonderheiten auf, weil nicht jedes berufliche Versehen automatisch zu einem begründeten Haftpflichtanspruch führt. Das zu ermitteln, setzt besondere Sachkunde auf Seiten des Versicherers, aber auch des Vermittlers voraus.

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Ein Artikel von
Winfried Beyer
Holger Sassenbach