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Steuern & Recht
6. August 2025
Versicherer muss Mietwagenkosten trotz überfälligem TÜV erstatten
BGH: Mietwagenkosten trotz überfälligem TÜV von Versicherer zu erstatten

Versicherer muss Mietwagenkosten trotz überfälligem TÜV erstatten

Ein Haftpflichtversicherer darf Mietwagenkosten nicht allein deshalb ablehnen, weil die Haupt- und Abgasuntersuchung des beschädigten Fahrzeugs überfällig war. Der BGH entschied: Solange keine behördliche Nutzungsuntersagung vorliegt, bleibt der Erstattungsanspruch bestehen.

Die Kosten für einen Mietwagen können von einem Haftpflichtversicherer nicht einfach deshalb abgelehnt werden, weil der Termin für die Haupt- und Abgasuntersuchung (HU) des beschädigten Autos überschritten wurde. Ein Auto, das verkehrssicher ist, darf auch mit einer ungültigen Prüfplakette nach § 29 Abs. 7 Satz 1 StVZO gefahren werden. Es sei denn, eine Behörde hat ausdrücklich verboten oder eingeschränkt, dass das Fahrzeug benutzt wird. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Streit um Mietwagenkosten bei überfälliger HU

In dem Fall verlangte der Kläger von der beklagten Haftpflichtversicherung die Erstattung von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall am 05.11.2018, bei dem sein Pkw einen Totalschaden erlitt. Grundsätzlich geklärt war, dass die Beklagte die volle Haftung trägt. Zum Unfallzeitpunkt war allerdings der Termin zur Haupt- und Abgasuntersuchung des Wagens seit über sechs Monaten überschritten. Der Kläger mietete vom 05. bis 19.11.2018 ein Ersatzfahrzeug und wurde in einem Rechtsstreit mit dem Mietwagenunternehmen zur Zahlung von 1.024,73 Euro verurteilt. Mit seiner Klage verlangt er von der Beklagten Erstattung dieser Mietwagenkosten nebst Zinsen. Ein Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 990,08 Euro nebst Zinsen stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Vor dem BGH begehrt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts.

Landgericht: Keine Erstattung bei ungültiger Prüfplakette

Das Landgericht hatte angeführt, dass der Kläger aus Rechtsgründen keinen Ersatz der Mietwagenkosten verlangen könne. Zwar gehörten die Mietwagenkosten zu den Herstellungskosten, seien also Teil der Aufwendungen, die der Schädiger dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ersetzen müsse. Der Geschädigte dürfe dabei aber nicht aus anderen Gründen ohnehin an der Benutzung seines Fahrzeugs während der Ausfallzeit gehindert sein. Hätte der Unfall nicht stattgefunden, hätte der Kläger sein Fahrzeug mangels Haupt- und Abgasuntersuchung nicht mit Billigung der Rechtsordnung nutzen dürfen. Wenn die Haupt- und Abgasuntersuchung nicht fristgerecht vorgenommen werde, stelle dies eine Ordnungswidrigkeit dar, zudem könnten die Behörden die Stilllegung des Fahrzeugs androhen und durchsetzen. Die Anmietung des Mietwagens sei folglich nicht unfallbedingt erfolgt, sondern nur anlässlich des Verkehrsunfalls. Sie hätte zur Herstellung der Mobilität in jedem Fall erfolgen müssen, bis das Fahrzeug mit bestandener Haupt- und Abgasuntersuchung als nachweislich verkehrssicher und zulassungsfähig wieder hätte genutzt werden dürfen.

BGH: Mietwagenkosten auch bei überfälliger HU erstattungsfähig

Der BGH sah dies aber anders. Ein Anspruch des Klägers auf Ersatz von Mietwagenkosten könne nicht allein wegen des für sein Fahrzeug seit mehr als einem halben Jahr überschrittenen Vorführtermins zur Haupt- und Abgasuntersuchung verneint werden. Der Kläger war ohne den Unfall nicht bereits aus Rechts gründen an der Nutzung seines Fahrzeugs gehindert; dem Kläger war auch nicht wegen der jederzeit möglichen Beschränkung oder Untersagung der Nutzung des Fahrzeugs durch die Behörde Schadensersatz zu versagen. Die Nutzung eines (verkehrssicheren) Pkw mit überschrittener Frist zur Vorführung zur Haupt- und Abgasuntersuchung ist nur dann rechtswidrig, wenn eine Behörde den Betrieb des Fahrzeugs untersagt oder beschränkt hat. Das Landgericht habe nicht festgestellt, dass dies hier der Fall war. Insofern konnte der Kläger sein Fahrzeug rechtmäßig nutzen. Übrigens lasse eine Nutzung mit ungültig gewordener Prüfplakette auch nicht automatisch den Haftpflichtversicherungsschutz erlöschen.

Der BGH hat folglich die Entscheidung des Landgericht aufgehoben und dorthin zur neuen Verhandlung zurückverwiesen. (bh)

BGH, Urteil vom 03.12.2024 – Az: VI ZR 117/24