Die Ausschließlichkeitsorganisation (AO) behält auch 2012 den größten Marktanteil beim Vertrieb von Lebensversicherungsprodukten in Deutschland. Der AO-Vertrieb liegt damit vor dem Bankvertrieb und den unabhängigen Vermittlern (Maklern und Mehrfachagenten). Der Direktvertrieb hat zugelegt. Dies ergab der Vertriebswege-Survey 2012/2013 in der Lebensversicherungsbranche, den die Unternehmensberatung Towers Watson in diesem Jahr zum 14. Mal durchgeführt hat.
Laut Vertriebswege Survey machte der Direktvertrieb in 2012 einen deutlichen Sprung nach vorne. Dies ist auf das starke Wachstum eines einzelnen Direktversicherers zurückzuführen, der vor allem sein Einmalbeitragsvolumen kräftig ausgebaut hat. Der Erfolg dieses Versicherers wurde dabei maßgeblich durch einen steigenden Onlineverkauf erreicht, und weniger stark als in der Vergangenheit über Mailings oder telefonischen Verkauf. Die Ausschließlichkeit ist weiterhin mit deutlichem Vorsprung der wichtigste Vertriebsweg für Lebensversicherungen in Deutschland, gemessen an APE. Vor allem bei laufenden Beiträgen konnte die AO ihren Anteil in den vergangenen Jahren kontinuierlich steigern. Im langfristigen Vergleich 2005–2012 war sie der Vertriebsweg mit der höchsten Wachstumsrate. Auf Rang zwei im Lebensversicherungsverkauf liegt der Bankvertrieb. Dieser hat 2012 bei laufenden Beiträgen im zweiten Jahr in Folge deutlich Marktanteile verloren. Die Einmalbeiträge sind dagegen etwas gewachsen. In nahezu allen Produktkategorien gab es leichte Anteilsrückgänge, lediglich die traditionelle Kapitallebensversicherung erlebte im Bankvertrieb eine kleine Renaissance.
Auf Platz drei folgen die unabhängigen Vermittler. Innerhalb dieser Gruppe haben die unabhängigen Finanzvertriebe deutlich verloren. „Hier zeigen sich die Schwierigkeiten der großen, mehrstufigen Vertriebe, für ausreichend Vermittlernachwuchs zu sorgen. Auch die Kaufzurückhaltung vieler Kunden macht den Großvertrieben, die stark auf die Gewinnung neuer Kunden angewiesen sind, zu schaffen“, erklärt Martin Baier, Berater bei Towers Watson und für den Survey verantwortlich.
Stimmungsbild 2013 – drei wesentliche Herausforderungen
Für den Vertriebsweg Makler gehen 2013 dem Survey zufolge deutlich weniger Versicherer als in den vergangenen Jahren von einer zunehmenden Bedeutung aus. Besonders skeptisch sind die Versicherer für die Entwicklung der Strukturvertriebe, für die sie mehrheitlich eine sinkende Bedeutung erwarten. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Euphorie der Versicherer auch hinsichtlich der Internet-Portale (Check24, Transparo etc.) stark abgenommen. Deutlich weniger Lebensversicherer als im Vorjahr wollen künftig verstärkt auf diesen Kanal setzen.
Towers Watson sieht derzeit drei wesentliche Herausforderungen für den Versicherungsvertrieb: Ein verändertes Nachfrage- und Kaufverhalten der Kunden, das Problem, geeigneten Vermittlernachwuchs zu finden sowie den steigenden Druck durch regulatorische und administrative Anforderungen. Das Kundenverhalten hat sich aufgrund der Finanzkrise geändert. Im Gegensatz zu vielen Maklern und Strukturvertrieben profitiert die Ausschließlichkeit davon, dass sie einen treuen Kundenstamm hat, der traditionell hohe Beiträge in die Altersvorsorge investiert. Eine große Hausforderung für viele Versicherer und größere Vertriebe ist das Nachwuchsproblem: Durch das negative Image des Vermittlerberufs und die in den letzten Jahren gute allgemeine Beschäftigungslage gibt es viel weniger Nachwuchs. Durch eine immer stärkere Regulierung wird der geschäftspolitische Spielraum für die Vertriebsakteure enger. Hier spielen mehrere europäische Richtlinien, steigende Haftungsanforderungen und nationale Vertriebsstandards eine Rolle. Zudem steigt der administrative Aufwand immer weiter. Hinzu kommt die Diskussion über die nationale Begrenzung der Abschlussprovision.
Ausblick
Entgegen der Prognosen der Vorjahre rechnet Towers Watson mit einem sinkenden Anteil der unabhängigen Vermittler. Auch für Struktur- und Bankvertrieb werden, nicht zuletzt wegen des Drucks auf die Abschlussprovision, schwere Zeiten erwartet. Das langfristige, organische Wachstum der AO in den vergangenen Jahren sieht Towers Watson als Indiz dafür, dass diese mit den aktuellen Marktgegebenheiten am besten zurechtkommt.
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