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3. März 2021
Vertrauensaufbau findet online statt – Bereits vor der Kontaktaufnahme

Vertrauensaufbau findet online statt – Bereits vor der Kontaktaufnahme

Patrick Hamacher ist Versicherungsmakler, Podcaster und Digital Native. Der Kopf hinter was-ist-versicherung.de weiß, wie man mit neuen Medien neue Wege geht – und auch neue Kunden gewinnt. Im Interview erklärt er, warum er nach der ersten Kontaktaufnahme keine Überzeugungsarbeit mehr leisten muss.

Hallo, Patrick. In der Maklerwelt bist du ja mittlerweile schon ein Promi. Begonnen hat dein Unternehmer­dasein aber ganz klassisch mit der Übernahme des Familienunternehmens von deinem Vater. Wie wurde aus dem klassischen Maklerbetrieb der Versicherungsmakler mit dem Cap?

Das ehrt mich, dass du mich als Promi bezeichnest. Wobei ich mich selbst nicht so sehe. Höchstens als jemand, der – im Vergleich zu einigen Kollegen – medial etwas mehr Aufmerksamkeit bekommt.

Nach meiner klassischen Ausbildung zum Versicherungskaufmann im Jahr 2005 war ich zunächst als HGB §84er in der Ausschließlichkeit und wagte den Sprung ins Maklertum erst zum 01.04.2015 mit der Übernahme des Maklerbüros meines Vaters. Bis zu diesem Zeitpunkt hingen in meinem Kleiderschrank auch noch drei volle Krawattenhalterbügel und Anzüge in jeglichen Ausführungen und Farben.

Als ich den Familienbetrieb übernahm, wollte ich alle Weichen auf Zukunft stellen. Mit dazu gehörte für mich zum einen die Digitalisierung der Kundenakten und zum anderen eine Positionierung dort, wo Kunden heutzutage sind: online. Gerade für das zweite Vorhaben las ich mich viel ein und besuchte auch diverse Online-Marketing-Konferenzen – natürlich im Freizeitlook und mit Baseballkappe. Dort wurde ich von einem Teilnehmer als „Der Versicherungsmakler mit Cap“ bezeichnet. Heute hole ich den Anzug nur noch für meine Tätigkeit als Prüfer in der IHK aus dem Schrank.

Deine Zielgruppe sind Freelancer, Selbstständige und digitale Nomaden. Kannst du uns mal kurz erklären, was ein digitaler Nomade ist und wie er sich in seinen Bedürfnissen von anderen Selbstständigen oder Freelancern unterscheidet?

Als digitale Nomaden kann man diejenigen bezeichnen, die ihr Unternehmen bzw. ihr Geschäft ortsunabhängig führen können und das auch tun, also von überall auf der Welt aus arbeiten, nur bestückt mit einem Laptop und Internet. Zumeist handelt es sich da um Programmierer, ITler, Webentwickler, UX-Designer und Marketer. Es gibt aber auch viele virtuelle Assistenten, Online-Trainer und Consultants, die so leben und arbeiten. Die Bedürfnisse dieser Zielgruppe sind meist nicht anders als die von „stationären“ Freelancern oder Selbstständigen. Also von der Arbeitskraftabsicherung bis zur Vermögensschadenhaftpflichtversicherung ist alles dabei. Natürlich ist aber im Ausland der Krankenversicherungsbereich anders zu bewerten. Weswegen ich hier nicht nur mit deutschen Versicherern zusammenarbeite, sondern auch mit Anbietern von internationalen Krankenversicherungen.

2007 erschien ein Buch von Tim Ferriss mit dem Titel „The 4-Hour Workweek“. Viele digitale Nomaden fühlten sich davon inspiriert. Hast du Kunden, die ähnlich ticken und ein radikal anderes Arbeits­leben anstreben? Und bietest du maßgeschneiderte Lösungen für einen derartigen Lifestyle?

Im Grunde geht es in dem Buch von Tim Ferriss darum, sämtliche Tätigkeiten weitestgehend zu delegieren oder outzusourcen bzw. darum, automatisierte Prozesse zu implementieren. Das machen viele meiner Kunden und auch mir liegt daran, möglichst wenig Hand anlegen zu müssen bei Dingen, die redundant sind. Der Traum von einer Vier-Stunden-Woche ist jedoch für viele nicht realisierbar.

Dennoch ist der Lifestyle auf Bali oder in Thailand ein anderer als im winterlichen Grau in Grau in Deutsch­land. Da kann zwischen den Terminen eine Runde gesurft oder in der Hängematte eine Kokosnuss gegessen werden. Viele digitale Nomaden reisen aber nur temporär oder in den Wintermonaten der Sonne hinterher, sodass es hier keiner speziell maßgeschneiderten Versicherungslösung bedarf. Natürlich sollte man aber darauf achten, dass beispielsweise in der Unfallversicherung auch tauchtypische Gesundheitsschäden mitversichert sind oder in der Privathaftpflicht das Kitesurfen.

Unter was-ist-versicherung.de kann man sich nicht nur darüber informieren, wer du bist und was du machst.
Vielmehr bietest du deinen Kunden auch die Möglichkeit, direkt Termine zu buchen oder dich per Telefon, über WhatsApp oder auch per Mail zu kontaktieren. Wieso kann man bei dir nicht auch gleich online eine Versicherung abschließen?

Die angesprochene Website ist genau zu dem von dir angesprochenen Zweck da. Man kann sich dort über mich informieren, herausfinden, wer ich bin, meine Expertise erkennen und dann Kontakt zu mir aufnehmen. Ich bin Versicherungsmakler. Meine Dienstleistung ist die Vermittlung von Versicherungen, die nach einer Beratung passgenau ausgewählt werden. Gerade bei den komplexen Themen wie Arbeitskraftabsicherung und Krankenversicherung sollte vor dem Abschluss der Makler zurate gezogen werden – auch wenn der Kunde den Vertrag unter Umständen online hätte abschließen können. Darum sind auf meiner Hauptwebsite keine Direktabschlusslinks präsent hinterlegt. Das heißt aber nicht, dass ich keine Landingpages hätte, wo Direktabschlüsse von „einfachen Versicherungen“ möglich sind.

Zur Kontaktaufnahme bietest du viele Möglichkeiten an. Die Beratung selbst wird aber wahrscheinlich anders ablaufen, nehme ich an. Wie machst du aus einer zwanglosen Kontaktanfrage eine Videoberatung? Und scheitert so eine Beratung auch 2021 noch manch­mal aus technischen Gründen?

Das Interessante ist, dass sich fast ausschließlich Menschen bei mir melden, die sich im Vorfeld schon sehr ausgiebig mit dem für sie wichtigen Versicherungsbereich beschäftigt haben, einen konkreten Bedarf für sich erkannt haben und auf den letzten Metern doch noch einen Spezialisten fragen wollen. Daher muss ich keine Überzeugungsarbeit nach der Kontaktaufnahme mehr leisten. Der Vertrauensaufbau hat bis zu diesem Zeitpunkt schon online stattgefunden. Meine Kunden sind von ihrem Berufsbild her eh schon sehr digital und online unterwegs. Da gibt es mit der Technik eigentlich überhaupt keine Probleme. Zumal die Video-Konferenz-Anbieter es jedem sehr leicht machen – auch den technisch nicht so versierten Personen. Klar, manchmal streikt das Internet oder die Verbindung bricht ab. Dann kann man aber noch immer auf das Telefon ausweichen.

Du verlinkst auf deiner Website auch deinen Insta­gram-Auftritt sowie deine Facebook- und YouTube-­Seite. Was funktioniert für dich am besten? Und sprichst du auf den verschiedenen Plattformen unterschiedliche Kundentypen an?

Die meisten meiner Websitebesucher kommen über Social Media. Denen, die erst auf meine Website kommen, möchte ich natürlich meinen Social-Media-Auftritt nicht vorenthalten. Darum die Verlinkungen zu den Plattformen. Am besten funktioniert für mich Instagram, gefolgt von Facebook. Die Accounts bespiele ich jedoch alle gleich. Das heißt, ich versuche dort eine gesunde Mischung an Informationen und Spaß einfließen zu lassen. Eine Verknüpfung von beidem hilft, da das Thema Versicherung von Haus aus sehr trocken – um nicht zu sagen staubtrocken – ist. Das muss natürlich aufgelockert werden. Ansonsten holt man damit niemanden hinterm Ofen hervor. Ich bemühe mich allerdings, überall dieselbe Zielgruppe anzusprechen. Auf sie habe ich mich bewusst fokussiert und diesen Fokus möchte ich auch nicht verlieren.

Nebenher machst du auch noch gemeinsam mit Basti Kunkel – dem Erstplatzierten des Jungmakler Awards 2017 – einen erfolgreichen Podcast namens Versicherungsgeflüster.
Dafür habt ihr sogar den InnoWard erhalten – den Bildungspreis der Deutschen Versicherungswirtschaft. Wen wollt ihr mit diesem Projekt ansprechen und wie lautet dein Zwischenfazit nach über 160 Folgen?

Geplant war, dass wir mit unserem Podcast Versicherungsinteressierte ansprechen. Also diejenigen, die eigenverantwortlich nach Informationen zu den verschiedensten Versicherungsthemen suchen. Und das Ganze mit möglichst einfachen Worten, ohne viel Fachchinesisch und mit einer gewissen Lockerheit und ganz viel Enthusiasmus. Ich denke, das gelingt uns auch recht gut.

Anhand des Feedbacks merken wir jedoch auch, dass viele Kollegen regelmäßige Hörer des Podcasts sind. Das freut uns natürlich. Gerade dann, wenn die Rückmeldung kommt, dass wir deren Wissen damit auch auffrischen können. Dennoch liegt der Fokus weiterhin ganz klar beim Endkunden, dem wir das nötige Basiswissen über Versicherungen vermitteln. Und hoffentlich damit auch für ein positives Image unserer gesamten Branche sorgen können. Das Fazit – nach aktuell schon über 1,5 Mio. Podcastaufrufen – lautet, dass sich Durchhaltevermögen und Leidenschaft auszahlen.

Hast du einen Ratschlag für frischgebackene Versicherungsmakler, die aktuell noch dabei sind, ihre Zielgruppe und die richtige Kundenansprache zu finden?

Mir wurde einmal gesagt: „Menschen kaufen von Menschen.“ Und das am liebsten bei den Menschen, die für ihre Sache brennen und mit denen man sich identifizieren kann. Daher muss man es sich bei der Suche nach einer Zielgruppe gar nicht so schwer machen. Die Frage ist also: Mit wem möchte ich gerne zusammenarbeiten? Mit wem habe ich am meisten Spaß? Mit wem bin ich auf einer Wellenlänge? Wenn man sich das beantwortet, dann hat man seinen Wunschkunden. Die Frage nach der Ansprache ist ähnlich zu beantworten. Ich gehe da immer von mir selbst aus und spreche mit meinen Kunden so, wie ich auch selbst gerne angesprochen werden möchte. Das Spannende daran ist, dass man meiner Erfahrung nach dadurch auch genau die Menschen anzieht, die das gut finden. Und gleichzeitig schreckt man diejenigen ab, die man nicht als Kunden haben möchte.

Und die wichtigste Frage natürlich zum Schluss: Kannst du wirklich skateboarden oder ergänzt das allgegenwärtige Skateboard nur deinen Style als Versicherungsmakler mit Cap?

Das Wort „Authentizität“ wird in meiner Wahrnehmung aktuell überproportional häufig verwendet, hat aber dennoch seine Daseinsberechtigung. Ich frage mich dabei immer: Wer sonst, außer ich selbst, sollte ich vorgeben zu sein? Welchen Vorteil hätte ich davon? Daher ist mein Skateboard kein Accessoire, um meinen „Style“ abzurunden, sondern tatsächlich ein Hobby von mir. Wobei ich zugeben muss, dass ich vor 20 Jahren noch deutlich höher springen konnte und auch deutlich mehr Puste hatte.

Bild: © Thapana – stock.adobe.com

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 02/2021, Seite 90 ff. und in unserem ePaper.

Über den Autor

Patrick Hamacher moderiert auch gemeinsam mit Dr. Rainer Demski den Finanz- und Versicherungs-Podcast #wirzusammen auf dkm365.de. Außerdem ist er Teil des Branchentalk-Moderatorenteams.

 
Ein Interview mit
Patrick Hamacher