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16. Mai 2023
VGA/BWV-Runde zu Nachhaltigkeit und Einfluss der Versicherer

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VGA/BWV-Runde zu Nachhaltigkeit und Einfluss der Versicherer

Umstellung der Kapitalanlagen ist ein langer Prozess

Tobias Grimm, Senior Consultant Climate Change Solutions, Munich Re pflichtet bei: „Die Kapitalanlagenseite ist nicht so schnell steuerbar wie die Produktentwicklung. Außerdem kann es zu Interessenskonflikten bei den Versicherern kommen, zum Beispiel, wenn Kapitalanlagen in Gasprodukte erfolgt – die aktuell noch als grünes Investment gelten – und gleichzeitig die Zeichnung von Gasproduktionsrisiken abgelehnt wird.

Der Austausch zwischen Energiebranche und Assekuranz ist hier sehr wichtig und erfolgt auch laufend. CO2-Neutralität ist nicht über Nacht machbar. Deshalb gilt innerhalb der Nachhaltigkeitsstrategie der Versicherer auch der langfristige Zeitplan bis 2050.“

Kann dieses Ziel realistisch trotz langfristiger Vertragsbindungen und Laufzeiten erreicht werden? „Entscheidend wird sein, wie wir die Anlagen klassifizieren. Leisten die getätigten Kapitalanlagen einen echten Beitrag zur Nachhaltigkeit? Das müssen wir kritisch hinterfragen. Ob Staatsanleihen wirklich die Klimaneutralität erfüllen, hängt entscheidend von den konkreten Maßnahmen der emittierenden Staaten ab“, so Dr. Frank Schiller.

„So weiter machen wie bisher ist keine Option. Wir müssen Kapitalanlagen gut messbar machen bezüglich ihrer CO2-Emmissionen. Bei Aktien und Unternehmensanleihen ist das schon ordentlich möglich, bei Staatsanleihen und anderen Assets müssen wir noch besser werden“, erklärt Astrid Bayer, Nachhaltigkeitsbeauftragte der Provinzial Holding AG.

„Wir sollten uns Zwischenziele setzen auf dem Weg und dabei auch Industrien einbeziehen, die zwar noch zu den höheren CO2-Emittenten gehören, aber für den Wirtschaftskreislauf notwendig sind.“

Versicherer zwischen Wettbewerb und Verantwortung

Insofern ist einerseits die Frage, wohin fließen die Geldströme, aber auch, können Versicherer Wirtschaftsunternehmen bei der Risikoabsicherung ausschließen. Es herrscht traditionell Wettbewerb unter den Versicherern, auch dort, wo Einigkeit besteht, langfristig Risiken nicht mehr zu versichern, die den Weg zur Nachhaltigkeit nicht mitgehen. Dr. Michaela Willert betont: „Die Versicherungsunternehmen sind hier in der Umsetzungsverantwortung.“ Astrid Bayer ergänzt: „Der Markt wird es auch hier regeln: Versicherer, die den nachhaltigen Weg nicht mitgehen, werden Schwierigkeiten bekommen. Es ist eine Herausforderung, den Vertrieben und über diese den Kunden dieses komplexe Thema näherzubringen. Dennoch ist es wichtig zu erklären, welchen Einfluss ein Versicherer hat und was er mit seinem Beitrag beeinflussen kann. Es macht dann eben doch einen Unterschied, ob ich zu Versicherer A oder B gehe.“

In dem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, mit welchen Anreizen Investitionen in klimaneutrale Projekte gefördert werden können und könnte eine Steuerung über Solvency II hilfreich sein? Dazu Dr. Michaela Willert: „Die Branche braucht keine neuen Anreize. Problem ist, die passenden Anlagemöglichkeiten zu finden, die zu den nachhaltigen Strategien passen. Ein Lösungsansatz könnte über Public Private Partnerships erfolgen, also über die Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Unternehmen der Privatwirtschaft in einer Zweckgesellschaft.“

Eine weitere Herausforderung ist die Datenverfügbarkeit. Verlässliche Ratings gibt es derzeit noch wenige. Der Austausch über eine Plattform wäre wünschenswert, wo Unternehmen selbst ihre Rohdaten einstellen können.