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Steuern & Recht
11. November 2020
Vom Umgang mit unrechtmäßig erlangten Daten in der BU

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Vom Umgang mit unrechtmäßig erlangten Daten in der BU

Datenschutz hat Priorität

§ 213 VVG, die Datenschutznorm für personenbezogene Gesundheitsdaten im VVG, sieht zum Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung vor, dass die betroffene Person vor jeder geplanten Datenerhebung zu unterrichten ist und dieser widersprechen bzw. jederzeit auch verlangen kann, dass eine Erhebung nur bei Einzeleinwilligung erfolgt.

Grundsätzlich hat der Versicherungsnehmer die Pflicht, bei der Erhebung von Daten durch den Versicherer mitzuwirken, aber nur, soweit sie für die Prüfung des Leistungsfalles erforderlich sind. Der BGH sieht vor diesem Hintergrund für die Beurteilung des Leistungsfalles eine „gestufte, einem Dialog vergleichbare“ Datenerhebung des Versicherers als möglich und angemessen an. Der Versicherungsnehmer kann von sich aus zwar eine uneingeschränkte Schweigepflichtentbindungserklärung zur Beschleunigung der Leistungsprüfung erteilen, muss das aber nicht tun. Über die Möglichkeit des schrittweisen Vorgehens muss der Versicherer den Versicherungsnehmer vor dessen Entscheidung über die Reichweite der Datenfreigabe informieren.

Eine Schweigepflichtentbindungserklärung, die ohne eine entsprechende Vorabinformation uneingeschränkt erteilt wird, wäre hingegen nicht als freiwillig erteilt anzusehen. Eine darauf beruhende Datenerhebung wäre rechtswidrig. Bei Nichtbeachtung der datenschutzrechtlichen Vorgaben kann der Versicherer treuwidrig handeln. Auf der anderen Seite ist auch arglistige Täuschung bei Vertragsschluss durch den Versicherten ein Rechtsverstoß.

Im Falle eines solchen Verstoßes auf beiden Seiten ist eine Einzelfallabwägung vorzunehmen, so der BGH. Welches Interesse in diesem Fall überwiegt, hat der BGH unter Zurückverweisung an die Vorinstanz zur weiteren Tatsachenermittlung in diesem Fall zwar noch offengelassen, jedoch hat der BGH der Vorinstanz eine „Marschrichtung“ gegeben. Besonders interessant ist die ausdrückliche und vorweggenommene Wertung des BGH, dass allein ein erwiesenes arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers nicht sein Schutzbedürfnis nach Geheimhaltung seiner Gesundheitsdaten aufhebt. Mit anderen Worten: Allein die Arglist des Versicherungsnehmers führt nicht dazu, dass der Versicherer bewusst Datenschutzvorschriften missachten und die so gewonnenen Informationen nutzen kann. Andernfalls, so der BGH, würde das einen Anreiz für den Versicherer schaffen, im Versicherungsfall ohne Rücksicht auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Gesundheitsdaten mit dem Ziel zu erheben, ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers nachzuweisen. Das soll gerade nicht möglich sein.

Fazit

Die Regelungen der DSGVO haben den Schutz der personenbezogenen Daten, insbesondere der besonders geschützten Gesundheitsdaten, noch verstärkt. Die Verfasserin rät zur Überprüfung aller Leistungsablehnungen auf deren Rechtmäßigkeit. Besonders im Leistungsfall ist der Kunde auf qualifizierte Beratung angewiesen, denn kaum ein Kunde bewältigt allein die umfassende Befragung und Prüfung durch den BU-Versicherer. Sein Versicherungsmakler ist verpflichtet, im Schadenfall zu beraten. Zur Vermeidung von Fallstricken kann dem Kunden auch eine Inanspruchnahme der Leistungsfallbegleitung durch einen spezialisierten Anwalt angeraten werden. Eine Leistungsfallbegleitung kann nach unseren Erfahrungen erheblich zur Beschleunigung der Leistungsbereitschaft des Versicherers beitragen.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2020, Seite 114 f., und in unserem ePaper.

Bild: © vchalup – stock.adobe.com