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Steuern & Recht
12. Januar 2018
Wann ist ein stillschweigender Haftungsausschluss anzunehmen?

Wann ist ein stillschweigender Haftungsausschluss anzunehmen?

Um einen stillschweigenden Haftungsausschluss anzunehmen, gelten hohe Anforderungen. Insbesondere, wenn der Schädiger eine Haftpflichtversicherung hat. Das hat das Oberlandesgericht Nürnberg klargestellt.

Für die Annahme eines stillschweigenden Haftungsausschlusses gelten hohe Anforderungen. Ein solcher ist besonders dann nicht anzunehmen, wenn der Schädiger eine Haftpflichtversicherung hat. Das hat das Oberlandesgericht Nürnberg klargestellt. Derjenige, der sich bewusst oder fahrlässig Gefahren aussetze, willige zwar nicht in die Schädigung ein, könne aber wegen Mitverschuldens verpflichtet sein, seinen Schaden ganz oder zum Teil selbst zu tragen.

Verbrennungen durch Bohren am Benzintank

Im verhandelten Fall klagte die Krankenkasse des Geschädigten auf Schadenersatz. Hintergrund ist ein tragischer Vorfall: Der Beklagte und der Geschädigte wollten gemeinsam das Benzin aus dem Tank eines stillgelegten Pkw ablassen. Beide lagen unter dem aufgebockten Fahrzeug. Zunächst bohrte der Geschädigte mit einem Akku-Schrauber ein kleines Loch in den Plastiktank, aus welchem sodann Benzin tropfte. Nach einiger Zeit übernahm der Beklagte das Bohren. Der Geschädigte hielt ein Auffangbehältnis unter das Loch. Dabei lief Benzin auf seine Hand und seine Kleidung. Durch das Bohren entstanden Funken, wodurch es zu einer Entzündung des Benzins kam. Der Geschädigte erlitt erhebliche Verletzungen, u. a. eine Verbrennung dritten Grades des Handgelenks.

Krankenkasse fordert Behandlungskosten zurück

Die Krankenkasse verlangt vom Beklagten die Behandlungskosten in Höhe von knapp 10.000 Euro. Sie geht dabei davon aus, dass der Geschädigte ein Mitverschulden von 50 % trage. Nach Auffassung des Gerichts ist kein stillschweigender Haftungsausschluss gegeben. Ein solcher sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände vorlägen. Von einem Haftungsverzicht sie nicht auszugehen, wenn der Schädiger über eine Haftpflichtversicherung verfüge. Es entspreche dem Willen der Beteiligten, den Schädiger zu entlasten und nicht die Haftpflichtversicherung.

Bewusstes Eingehen von Risiken bedeutet nicht Einwilligung in Verletzungen

Auch unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr kommt nach Ansicht des Senats ein Haftungsausschluss nicht in Betracht. Die Tatsache, dass der Geschädigte möglicherweise die Risiken bewusst oder leichtfertig eingegangen sei, stelle keine stillschweigende Einwilligung in die erlittenen Verletzungen dar. Der Geschädigte könne jedoch wegen Mitverschuldens verpflichtet sein, einen Teil des Schadens selbst zu tragen. Eine Haftungsquote von 50 % hält der Senat für zutreffend, da die Verursachungsbeiträge des Beklagten und des Geschädigten als gleichwertig anzusehen seien. (tos)

OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 04.09.2017, Az.:4 U 1178/17