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Steuern & Recht
29. August 2022
Warmwasser als Mindeststandard für würdiges Wohnen?
Female hand puts thermostat of electric water heater (boiler) in low low power consumption mode . Household enegry saving equipment

Warmwasser als Mindeststandard für würdiges Wohnen?

Wie weit die Befugnisse eines Hausmiteigentümers gehen, der seinen Mietern willkürlich die Gasversorgung gedrosselt hat, hatte das VG Frankfurt zu entscheiden. Ausschlaggebend war die Beschwerde einer pflegebedürftigen Bewohnerin, die eine Verfügung der Stadt Frankfurt nach sich zog.

Ein Hausmiteigentümer und Vermieter mehrerer Wohnungen in einer Liegenschaft hatte Ende Juni 2022 die Gasversorgung unter Berufung auf die durch den Ukrainekonflikt hervorgerufenen Versorgungsengpässe und Preissteigerungen für Gas unterbrochen. Seiner Argumentation zufolge wollte er mit seinem Vorgehen auch seine Mieter vor den steigenden Gaskosten schützen. Außerdem vertrat er die Auffassung, dass es den Mietern zumutbar sei, Warmwasser für den täglichen Bedarf in der Küche selbst zuzubereiten. Die Beheizung der Liegenschaft im kommenden Winter könne dann auch mit Elektroheizlüftern erfolgen. Eine Versorgung mit Warmwasser werde von ihm mietvertraglich nicht geschuldet.

Beschwerde einer pflegebedürftigen Bewohnerin – Wohnungsamt erlässt Verfügung

Das Wohnungsamt der Stadt Frankfurt gab dem Hausmiteigentümer nach Beschwerden einer älteren, pflegebedürftigen Bewohnerin des Hauses mittels einer für sofort vollziehbar erklärten Verfügung auf, die Gasversorgung der Liegenschaft binnen einer Woche wiederherzustellen. In der auf § 9 des Hessisches Wohnungsaufsichtsgesetzes (HWoAufG) gestützten Verfügung führte die Stadt u. a. aus, dass gerade in der warmen Jahreszeit die Versorgung der Mietwohnungen dringend und eilbedürftig sei. So habe die Versorgung mit Warmwasser für die Körperhygiene erhebliche Bedeutung und sei eine Grundvoraussetzung für gesundes Wohnen.

VG Frankfurt sieht willkürliches absenken eines Wohnstandards

Mit seinem Beschluss ist das Verwaltungsgericht Frankfurt (VG) nun der Argumentation der Stadt Frankfurt gefolgt und hat ausgeführt, dass die Versorgung mit Warmwasser zu den Mindeststandards für ein menschwürdiges Wohnen in einem Land wie der Bundesrepublik Deutschland gehöre.

Von Bedeutung sei im konkreten Fall auch, dass der Hausmiteigentümer willkürlich einen zuvor bestehenden absolut üblichen Wohnstandard abgesenkt habe. Die Versorgung mit Warmwasser gehöre zu den Standards, denen ein Eigentümer einer Liegenschaft mit Mietwohnungen nach den gesetzlichen Wertungen des Wohnungsaufsichtsgesetzes nachkommen müsse. Es stehe ihm nicht zu, einseitig und in einer seine Mieter bevormundenden Weise die auf Gas basierende Warmwasserversorgung einzustellen.

Das VG Frankfurt weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es sich bei den Kosten für Warmwasserversorgung und Heizung um Kosten handelt, die die Mieter über Vorauszahlungen und letztlich auf der Basis einer Jahresendabrechnung des Vermieters zu tragen hätten.

Das Amtsgericht Frankfurt am Main (AG) hatte zum Schutz der Mieterin bereits eine einstweilige Verfügung gegen den Hausmiteigentümer erlassen. Gegen den Beschluss ist aber die Beschwerde an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof möglich. (ad)

VG Frankfurt am Main, Beschluss vom 22.08.2022 – 8 L 1907/22.F

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