Umfassende Beratungspflichten
Ein Versicherungsmakler darf seine Beratung daher nicht von vornherein auf BU-Produkte beschränken. Sein Auftrag besteht darin, das von ihm identifizierte Risiko des Kunden so passgenau wie möglich zu versichern. Wenn eine BU für den Kunden keine Option ist, muss er alternative Lösungen aufzeigen, statt die Beratung faktisch abzubrechen. Anderenfalls verletzt er seine Beratungspflichten und setzt sich haftungsrechtlichen Risiken aus.
Zudem ist es für den Kunden von zentraler Bedeutung, dass ihm die Unterschiede zwischen BU und Grundfähigkeitsversicherung transparent erklärt werden. Während die BU an die Unfähigkeit zur Ausübung des zuletzt ausgeübten Berufs anknüpft, setzt die Grundfähigkeitsversicherung auf den Verlust definierter körperlicher Grundfähigkeiten. Dies bedeutet, dass der Versicherungsnehmer bei der Grundfähigkeitsversicherung nicht absichert, ob er seinen Beruf weiter ausüben kann, sondern ob bestimmte, in den Bedingungen klar definierte Fähigkeiten verloren gehen. Das muss dem Kunden klargemacht werden, damit er in die Lage versetzt wird, eine Abschlussentscheidung zu treffen.
Eine fundierte Beratung setzt daher voraus, dass der Makler die Vertragsbedingungen im Detail erläutert – insbesondere welche Leistungsauslöser bestehen und was Begriffe wie „Greifen“, „Knien“ oder „Bücken“ in den Versicherungsbedingungen konkret bedeuten – und nur solche Anbieter in Betracht zieht, die hier verständliche Formulierungen in ihren Versicherungsbedingungen verwenden. Anderenfalls riskiert der Kunde, ein Produkt abzuschließen, das nicht seinen Erwartungen und seinem Bedarf entspricht. Die hieraus entstehenden Folgen hat unter Umständen der Versicherungsmakler zu tragen.
Wer nicht berät, riskiert Haftung
Die Ablehnung der Grundfähigkeitsversicherung als vermeintlich minderwertige Absicherung ist nicht nur fachlich fragwürdig, sondern auch rechtlich riskant. Der Versicherungsmakler kann sich seiner Verantwortung nicht entziehen, indem er lediglich BU-Produkte anbietet und Alternativen ignoriert. Vielmehr beginnt an dieser Stelle die eigentliche Beratungspflicht.
Ein Makler, der reflexartig nur die BU anbietet und mögliche Alternativen ausblendet, verletzt seine Beratungspflichten. Nach der Rechtsprechung ist eindeutig, dass eine umfassende Beratung zur Arbeitskraftabsicherung alle verfügbaren Produkte einbeziehen muss. Wer diesen Prozess vorzeitig abbricht oder Alternativen nicht anspricht, riskiert nicht nur eine Haftung, sondern setzt auch seine Reputation aufs Spiel.
Die Devise muss also lauten: Eine fundierte Beratung bedeutet, alle realistischen Optionen zu prüfen – und nicht nur die scheinbar beste oder bekannteste Lösung zu präsentieren. Wer als Makler seinen Kunden die alternative Möglichkeit einer Grundfähigkeitsversicherung vorenthält, setzt ihn wissentlich einem existenziellen Risiko aus.
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Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 05/2025 und in unserem ePaper.
Seite 1 Warum der Abbruch einer BU-Beratung Haftungsrisiken birgt
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