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26. Januar 2023
Warum die technische Versicherung die Inflation so fürchtet

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Roboter Arme am leeren Fließband, 3D Rendering

Warum die technische Versicherung die Inflation so fürchtet

Sonderfall Multiline

Die Inflation trifft auch Multiline-Produkte, also verbundene Versicherungen, in denen auch häufig Elektronik- oder Maschinendeckungen enthalten sind. Da dies meist Umsatzprodukte sind, steigen zwar aufgrund der Inflation und der Teuerung der Produkte die Umsätze und damit die Höchstentschädigungen, im Zweifel reichen diese aber nicht aus, um beispielsweise bei einem Totalverlust eines Maschinenparks diesen wiederzubeschaffen. Hier hilft auch nur die Überprüfung der Höchstentschädigungssummen und eine Anpassung der Summen. Dies gilt insbesondere, da in vielen Multiline-Wordings Maschinen generell zum Neuwert – also anders als in der AMB-Einzeldeckung – versichert sind.

Auswirkungen auf die Betriebsunterbrechungsversicherung

Mit einer kritischen Prüfung der Versicherungswerte der Sachsubstanz ist es allerdings nicht getan: Auch die Betriebsunterbrechungsversicherung muss zum Stresstest.

Viele Gründe spielen eine Rolle: So haben sich die Strompreise massiv geändert; sowohl auf der Bezugs- als auch auf der Einspeiseseite müssen die Versicherungssummen angepasst werden. Zudem benötigen viele produzierende Unternehmen Gas im Herstellungsprozess mit entsprechenden Abnahmeverpflichtungen. Die stark gestiegenen Preise müssen in die Versicherungssumme einkalkuliert werden. Schließlich dauern aufgrund von Verfügbarkeitsengpässen und Lieferkettenstörungen Unterbrechungen länger. Die Gründe für Störungen der Lieferketten sind mannigfaltig: Die Zero-Covid-Strategie in China mit rigiden Lockdowns, Container-Mangel, AdBlue-Knappheit, die im Sommer 2022 durch lange Trockenheit bedingte Flussschifffahrtskrise, fehlende Lkw-Fahrer, weiterhin Krankheitsausfälle infolge von Corona und natürlich die Krise in der Ukraine. 

Haftzeiten unter die Lupe nehmen

Aus aktuellen Schäden lernt man, dass sich die Dauer der Betriebsunterbrechungen regelmäßig über das zuvor errechnete und prognostizierte Schadenausmaß hinaus verlängert. Prophylaktisch kann man hier nur jedem Vermittler und Versicherungsnehmer dringend anraten, die vereinbarten Haftzeiten zu hinterfragen und bei Bedarf zu verlängern. Gestiegene Schadenvolumina führen darüber hinaus zu einem weiteren Umstand: Die Höchstschadenschätzungen (PML) müssen angepasst werden. O Dies wiederum wirkt sich nicht nur auf die Erst-, sondern auch auf die Rückversicherer aus. Diese hatten bereits zuvor begonnen, sorgfältig ihre Kapazitäten nachzujustieren.

Steigende Schäden sorgen für höhere Kosten

Sind Erstversicherer am Ende ihrer Kapazitäten der jeweiligen Treatys angelangt, wird es unrentabel: teure fakultative Rückversicherung nachordern oder doch (riskante) höhere Volumina im Eigenbehalt? Die Schadenhistorie bedingt nun sowohl in der Erst- als auch in der Rückversicherung höhere Preise. Es gerät eine Logikkette in Bewegung: Steigende Schäden bedingen höhere Kosten der Versicherer. Erstversicherer nutzen daraufhin verstärkt die Kapazitäten der Rückversicherer. Marktwirtschaftlich und versicherungsmathematisch folgerichtig erhöhen daraufhin die Rückversicherer ihre Prämienkonditionen für die Erstversicherer. Die Erstversicherer sind nun ihrerseits gezwungen, diese erhöhten Kosten bei den Prämien ihrer Kunden einzukalkulieren.

 
Ein Artikel von
Andreas Knittel
Stephan Schmitz