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26. Januar 2023
Warum die technische Versicherung die Inflation so fürchtet

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Roboter Arme am leeren Fließband, 3D Rendering

Warum die technische Versicherung die Inflation so fürchtet

Post von der BaFin

Dies forderte auch jüngst die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in einer Nachricht an die Versicherer. Die BaFin ruft die Versicherer darin auf, ihre Prämien im Neu-und Bestandsgeschäft an die „galoppierende“ Inflation anzupassen und ihre Rückstellungen zu erhöhen. Hintergrund: Die steigende Inflation – so prognostiziert durch die Bundesbank – ist kein Thema allein für dieses Jahr, sondern wird uns noch für mehrere Jahre beschäftigen. Die im Raum stehende Befürchtung der BaFin: Ohne diese Maßnahmen drohe den Versicherern eine finanzielle Schieflage.

Folgen für das Bauleistungs- und Montagegeschäft

Welche Auswirkungen zeigen sich bei Projektdeckungen, also dem Bauleistungs- und Montagegeschäft? Zuletzt waren verschiedene Phänomene zu beobachten: Begonnene Projekte geraten ins Stocken, wobei Bauunterbrechungen stark risiko­steigernd wirken, und bei noch nicht begonnenen Projekten wird die Pausetaste gedrückt. Bauexperten sind sich sicher, dass die Anzahl der Projekte wieder steigen und Investitionen nachgeholt werden. Aber die Preis- und die Bauzinsentwicklung entfalten eine dämpfende Wirkung.

Weiterhin ist zu beobachten, dass die Prämientendenz – insbesondere der Bauleistungsversicherung – bereits nach oben geht. Einige Versicherer haben nach einigen Jahren unauskömmlicher Schadenquoten reagiert und ihre Konditionen angepasst. Gleiches gilt auch für Baukombideckungen, also die umfassende Bündelung von Bau- und Haftpflichtdeckungen für ein Bauprojekt. Diese Entwicklung könnte man als Vorboten auffassen, hat sie doch noch nichts mit der besonderen aktuellen Situation zu tun – diese kommt nun noch „on top“. Denn die Versicherungssumme wird auf Grundlage der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erwarteten Bau- bzw. Kontraktsumme gebildet. Eine Indizierung oder Anpassung an Kennwerte wie Inflation erfolgt nicht.

Nun zeigt sich aktuell, dass sich Bauleistungs- und Montagevorhaben in der Realisationsphase stark verteuern und ausdehnen. Die Gründe auch hier: Massive Kostensteigerungen und Materialknappheit aufgrund von Lieferproblemen.

In Deckung genommene Projekte auf den Prüfstand stellen

Bereits in Deckung genommene Projekte sollten überprüft werden: Stimmen Versicherungssummen – auch für Nebenrisiken wie Altbauten, Sachen im Gefahrenbereich, beigestelltes Material oder Ähnliches? Sind Bau- und Montagezeiten nach derzeitiger Lage ausreichend bemessen? Passen Dauer und Versicherungssummenhöhe von vereinbarten Projekt-Betriebsunterbrechungsdeckungen? Projektdeckungen – sofern nicht auf Umsatzsummenbasis – haben in aller Regel ein festgelegtes Enddatum. Es kann sicher nicht schaden, frühzeitig die Konditionen für eventuell benötigte Verlängerungen zu verhandeln.

Ausländische Projekte

Welche indirekten Auswirkungen auf Bauleistung oder Montage sind denkbar, wenn der Risikoort nicht in Deutschland liegt? Zunächst sollte die am Ort des Projektes festgestellte Inflation ermittelt werden. Verhält sich diese ähnlich zu der deutschen – oder liegt sie noch darüber? Neben den offensichtlichen Konsequenzen der verteuerten Ersatz­materialbeschaffung dürfen auch mögliche und durchaus drastischere Auswirkungen nicht übersehen werden.

Historisch und weltweit sind Folgen hoher Inflationen nicht selten Streik, innere Unruhen oder Schlimmeres gewesen. Mögliche Währungsdifferenzen sind natürlich ebenfalls einzukalkulieren.

„Technische Versicherungen – Leitfaden für die Praxis“

In ihrem aktuellen Buch „Technische Versicherungen – Leitfaden für die Praxis“ analysieren Stephan Schmitz und Andreas Knittel die Sparten der technischen Versicherungen, nehmen für jede Sparte eine kurze historische Einordnung vor, zeigen den Aufbau des jeweiligen Wordings und stellen wichtige Klauseln vor. Das 2021 erschienene Buch richtet sich an alle, die Wissen im Bereich der technischen Versicherungen aufbauen oder aktualisieren möchten.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 01/2023, S. 30 ff., und in unserem ePaper.

Bild: © jeson – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Andreas Knittel
Stephan Schmitz