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16. Juli 2025
Warum ein 4-faches EBIT definitiv nicht reicht
Warum ein 4-faches EBIT definitiv nicht reicht

Warum ein 4-faches EBIT definitiv nicht reicht

Wie viel ist ein Maklerhaus wirklich wert? Der Preis lässt sich nicht pauschal am EBIT-Multiple festmachen – auch wenn solche Faustformeln in der Branche kursieren. Wer sein Unternehmen verkaufen will, sollte die Hintergründe genau verstehen, meint AssCompact Kolumnist Andreas Grimm.

Ein Artikel von Andreas Grimm, Gründer des Resultate Institut

Ein Satz wie „Das 4-Fache des EBIT ist marktüblich“ ist einer der gefährlichsten Sätze, die Makler zu hören bekommen, wenn es um die Frage geht, zu welchem Preis sie ihren Maklerbestand oder ihr Maklerunternehmen im Rahmen einer Unternehmensnachfolge verkaufen können. Derselbe Satz fällt auch mit dem 5- oder 6-Fachen. Doch suggeriert dieses gefährlich einfache Verfahren zur Kaufpreisermittlung einen Marktmechanismus, den es so gar nicht gibt.

Das liegt daran, dass die verwendeten sog. „Multiples“ – also die Faktoren zur Ableitung eines Kaufpreises aus dem EBIT – nicht die Basis für die Berechnung eines Kaufpreises, sondern das Ergebnis einer in die Vergangenheit gerichteten Marktpreisbetrachtung sind. Und als solche sind die beobachteten Multiples ein sehr trügerischer Indikator.

Wer Multiples für die Unternehmensbewertung nutzen möchte, müsste genau wissen, welche Art von Unternehmen mit welcher Bestandsstruktur in welchen regionalen Märkten und mit welchen betrieblichen Schwerpunkten in die beobachteten Transaktionen in die Ermittlung der Multiples eingeflossen sind. Ebenso müsste man wissen, welche Unternehmensstruktur, welche IT-Infrastruktur und welche Kundenzusammensetzung diese Unternehmen hatten, um auch nur im Ansatz diese Zahlen heranziehen und daraus einen Indikator für die Ermittlung eines Kaufpreises im jeweils konkreten Fall ableiten zu können.

Kontext und Käufertyp sind entscheidend

Um Multiples für die Verhandlungsführung nutzen zu können, muss man wissen, auf welcher Grundlage die Branchen-Multiples ermittelt wurde und sich überlegen, ob diese Grundlagen im eigenen Fall gegeben sind, worin die Unterschiede liegen und wie stark diese möglicherweise auf die Anwendbarkeit des Multiples Einfluss nehmen würden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Frage, wer bei den Verhandlungen am Tisch sitzt. Denn für unterschiedliche Käufertypen sind diese Multiples unterschiedlich relevant bzw. unterschiedlich flexibel anwendbar. So haben Käufer, die den Kaufpreis aus der operativen Liquidität des gekauften Unternehmens bestreiten müssen, eine ganz andere Vorstellung von der Elastizität dieser Multiples als ein Private-Equity-Investor, der in seiner Kalkulation auch immer die erwartete Investorenrendite und die möglicherweise anfallenden Fremdkapital- und Risikokosten berücksichtigen muss, oder als ein strategischer Käufer, der gezielt Synergien und Skaleneffekte sucht. Ein Kauf zum Faktor 4 bedeutet, dass sich die Investition in zwei bis vier Jahren komplett amortisieren würde – das wäre eine traumhafte Eigenkapital-Rendite, von der viele Investoren nur träumen.

Was bei EBIT-Multiples zu beachten ist

Wer sich auf den Verkauf seines Unternehmens über EBIT-Multiples einlassen möchte, sollte also folgende Hauptaufgaben für sich klären:

Als Erstes das EBIT optimieren. Zweitens die Aussagekraft der EBIT-Multiples für das eigene Unternehmen und erforderliche Auf- oder Abschläge prüfen. Zuletzt ist die Auswahl der richtigen Käufergruppe entscheidend, also die Gruppe von Käufern auszuwählen, die sich eher an der oberen Grenze der ermittelten EBIT-Multiples bewegt.

Ein erfolgreicher Verkauf über EBIT-Multiples beginnt deshalb nicht mit der Frage, welcher Faktor aktuell angeblich für ein Unternehmen gezahlt wird, sondern mit der langfristigen Optimierung aller Rahmenbedingungen, die zu einem möglichst hohen bereinigten EBIT führen – und der gezielten Ansprache der passenden Käufer. Ansonsten verkauft der Makler sein Lebenswerk möglicherweise zu einem Multiple, das zwar hoch erscheint, aber weit unter dem erzielbaren Wert liegt.

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Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 07/2025 und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Andreas W. Grimm