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27. Juni 2025
Warum klare Begriffe für Makler und Kunden so wichtig sind

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Warum klare Begriffe für Makler und Kunden so wichtig sind

Warum klare Begriffe für Makler und Kunden so wichtig sind

Kommunikation in der Rechtssprache

Was bei Geschäften des täglichen Lebens noch unproblematisch erscheint, erweist sich bei der Auslegung von Gesetz und Recht als ungleich bedeutungsvoller. Mit den Gesetzen werden auf abstrakter Ebene ordnende Regelsysteme zur Verfügung gestellt, deren Rechtsfolgenanordnung dann auf die Praxis angewendet werden kann, wenn ein tatsächlicher Lebenssachverhalt der abstrakten Beschreibung des gesetzlichen Tatbestandes entspricht. Auch hier geht es darum, die im Gesetz formulierten Gedanken und Informationen zu decodieren und in ihrem wahren Sinngehalt zu erfassen. Nicht von ungefähr beschäftigen sich Juristen seit Jahrhunderten damit, geeignete Methoden zur Auslegung von Gesetzen zu entwickeln (am Anfang war das Wort).

Vermittlung und/oder Beratung

Es ist unverkennbar, dass es in der Versicherungs- und Finanzbranche einen Trend gibt, den Vertrieb von Versicherungs- und Finanzprodukten mit positiv klingenden Bezeichnungen zu unterstützen. Versicherungsvertreter labeln sich als Wirtschaftsberater, Vermögensberater oder (seltener) Versicherungsberater oder einfach Berater. Die im Begriff „Berater“ enthaltene positive Konnotation transportiert positive Werte wie Neutralität, Objektivität und Seriösität und überstrahlt die profane Verkaufstätigkeit. Problem ist nur, dass der Verbraucher – anders als bei Geschäften des täglichen Lebens – die rechtlich relevanten Unterschiede zwischen Vermittlern und Beratern in der Regel nicht erkennt.

Immerhin hat sich der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie dazu entschlossen, klar zwischen Versicherungsvermittlern und Versicherungsberatern zu unterscheiden, und Vermittler verpflichtet, ihren Status klar zu kommunizieren. Das war es dann aber auch. Die Auslegung von Gesetzen wird aber umso schwieriger, je laxer der Gesetzgeber im Umgang mit der Rechtssprache ist.

Nach den Vorschriften der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) und des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) besteht die Vermittlung aus den Modulen Beratung, Vorbereitungsarbeiten, Abschluss von Versicherungsverträgen und Mitwirkung bei der Verwaltung von Versicherungsverträgen. Die Gewerbeordnung stellt dagegen Vermittlung und Abschluss nebeneinander.

Ein Blick in die Rechtsvorschriften der Anlageberatung offenbart weitere Mängel in der Gesetzessprache, die schon Fachleuten und erst recht Verbrauchern das Verständnis erschweren. Ein Anlageberater, der dem Anleger Finanzprodukte verkauft und vom Anbieter des Finanzproduktes dafür eine erfolgsabhängige Vergütung erhält, ist zwar Vermittler, heißt aber Anlageberater. Es sei denn, er verkauft nur Finanzanlagen. Dann heißt er Finanzanlagenvermittler. Berät der Anlageberater den Anleger gegen eine Gebühr, heißt der Anlageberater „HonorarAnlageberater“. Berät der Finanzanlagenvermittler den Anleger gegen Gebühr über Finanzanlagen, heißt er „Honorar-Finanzanlagenberater“. Alles klar? Wenn ein Anlageberater Finanzprodukte und Versicherungen gegen Provision verkauft (kommt in der Praxis der Banken relativ häufig vor), ist er gleichzeitig Anlageberater und Versicherungsvermittler, also eine Chimäre. Wer soll das als Kunde verstehen? Gnade also für die Verfasser der Studie im Hinblick auf den vermurksten Titel. Zum Design der Studie und ihrem Ergebnis vielleicht demnächst.

Über Hans-Ludger Sandkühler

Hans-Ludger Sandkühler ist Vertriebs- und Versicherungsjurist und verfügt über praktische Erfahrungen aus seinen langjährigen Tätigkeiten als Versicherungsmakler und Rechtsanwalt. Er ist ausgewiesener Experte in Maklerfragen, gefragter Referent und Autor zahlreicher Veröffentlichungen.

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