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Steuern & Recht
23. September 2021
Was bedeutet die Hinweisgeber-Richtlinie für Unternehmen?

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Whistleblower employee concept and whistle blower symbol representing a person in society or a company exposing corruption as a red whistle shaped as a human head in a 3D illustration style.

Was bedeutet die Hinweisgeber-Richtlinie für Unternehmen?

Inhalt der neuen Vorgaben

Was ist der Kern der neuen Vorgaben? Hinweisgeber dürfen wegen ihrer Meldung nicht – insbesondere nicht arbeitsrechtlich – benachteiligt werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass Hinweisgeber nicht nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens, sondern auch Vertragspartner und sonstige Dritte sein können. Damit ist das fachliche Spektrum möglicher Hinweise denkbar weit und kann neben möglichen strafrechtlichen Themen etwa auch arbeits-, wettbewerbs-, kartell- oder aufsichtsrechtliche Probleme umfassen.

Der deutsche Gesetzentwurf normiert eine Vielzahl von Schutzmaßnahmen, die Hinweisgebern eingeräumt werden: allen voran natürlich das Verbot, gegen hinweisgebende Personen gerichtete Repressalien auszuüben. Das gilt im Übrigen auch für die Androhung und den Versuch, Repressalien auszuüben. Bei einem Verstoß gegen das Verbot von Repressalien ist der Verursacher verpflichtet, dem Hinweisgeber den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Andererseits ist die hinweisgebende Person zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Meldung oder Offenlegung unrichtiger Informationen entstanden ist.

Einrichtung eines Hinweisgebersystems

Hinweisgebern muss jedenfalls künftig die Möglichkeit geboten werden, Meldungen über sichere interne Meldekanäle abzugeben. Wie soll dies in der Praxis rechtskonform umgesetzt werden? Hierzu nennt das Gesetz die Möglichkeit, in Unternehmen und Betrieben ein sogenanntes Hinweisgebersystem zu errichten. Da alle Meldungen dokumentiert und Folgemaßnahmen ergriffen werden müssen, bedarf es zudem eines klar definierten Prozesses. Besonders wichtig dürfte es in der Praxis sein, dass der Hinweisgeber absolut darauf vertrauen kann, dass seine Identität geschützt ist. Neben der Einrichtung und dem Betrieb des sicheren Hinweiskanals ist zur Vermeidung rechtlicher Risiken die Bearbeitung und Verfolgung von eingehenden Hinweisen mindestens genauso wichtig.

Ob die Hinweisgebersysteme durch eigene Mitarbeiter oder ein anderes Unternehmen besetzt werden, steht im Ermessen des Unternehmens. Der Erwägungsgrund 56 der EU-Richtlinie nennt als mögliche interne Meldestellen in kleineren Unternehmen zum Beispiel Mitarbeiter mit einer Doppelfunktion, Leiter der Complianceabteilung, Integritätsbeauftragte, Rechts- oder Datenschutzbeauftragte oder Auditverantwortliche. Das Problem einer solchen rein internen Lösung ist aber der nicht zu vernachlässigende interne Ressourcen-, Zeit- und Personalaufwand, der mit der Planung, Errichtung, Prüfung und Dokumentation einhergeht, sowie die operationellen Risiken.

Eine weitere Möglichkeit sieht die Richtlinie daher in der Beauftragung von externen Dritten zur Einrichtung und zum Betreiben der internen Hinweiskanäle. Hierbei muss natürlich auf die fachliche Qualifikation, die Unabhängigkeit und die Verschwiegenheit des beauftragten Dritten sowie auf die technische Sicherheit der eingesetzten Systeme geachtet werden. Die Praxiserfahrung zeigt, dass digitale webbasierte Hinweissysteme gegenüber den klassischen Kanälen (Briefkasten, E-Mail und Telefon) eindeutig im Vorteil sind, was IT-­Sicherheit, Datenschutz und Kommunikationseffizienz angeht.

Verbesserung der Compliancekultur

Die Missachtung der neuen Vorgaben kann eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit darstellen. Neben diesen Sanktionen können aber auch wirtschaftliche Risiken und Reputationsschäden drohen, die für das betroffene Unternehmen weitaus gravierender sein können.

Deshalb sollten die neuen Vorgaben nicht als Belastung, sondern als Chance zur Überprüfung und Verbesserung der unternehmenseigenen Compliancekultur wahrgenommen werden. Ein effektives Hinweisgebersystem dient nicht zuletzt dem Schutz des Unternehmens, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und des Vertrauens der Vertragspartner.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 09/2021, Seite 118 f., und in unserem ePaper.

Artikelbild: © freshidea – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Daniel Krüger
Dr. A. Dominik Brückel