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3. November 2020
Was bedeutet die Zusammenarbeit mit Pools für die Unabhängigkeit des Maklerbetriebs?

Was bedeutet die Zusammenarbeit mit Pools für die Unabhängigkeit des Maklerbetriebs?

Digitalisierung und Regulierung haben die Bedeutung von Maklerpools und Dienstleistern gestärkt. Im Kreislauf Maklerbetrieb, Maklerpool und Versicherer entstehen dabei Abhängigkeiten. Gerät damit auch die Unabhängigkeit des Versicherungsmaklers/der Versicherungsmaklerin und damit die Grundfeste des Berufsstands in Gefahr? Eine Diskussion auf der digitalen DKM 2020 ging in der vergangenen Woche dieser Frage auf den Grund.

Es drückt an vielen Stellen in den Versicherungsmaklerbetrieben. Der Verwaltungsaufwand ist im Zuge der Regulierung gestiegen und die Digitalisierung überfordert in finanzieller Hinsicht und beim technischem Sachverstand die eigenen Ressourcen der Betriebe. Unterstützung finden sie an dieser Stelle bei Maklerpools und Dienstleistern. So werden immer mehr Verträge über Pools eingereicht. Die Branche prognostiziert, dass diese Tendenz noch weiter zunehmen wird, auch weil ein Großteil der Pools Maklern eine gebührenfreie IT-Infrastruktur zur Verfügung stellt. Waren Pools in der Entstehung vor allem Einkaufshilfen, bringt Maklern und Maklerinnen heute insbesondere die Nutzung der IT und der Administrationsangebote der Pools einen Vorteil. Dies führt gleichermaßen zu Befürchtungen, dass hieraus ein Abhängigkeitsverhältnis entsteht, das dem Unabhängigkeitsverständnis des Berufsstands des Maklers nicht mehr gerecht wird.

Darüber diskutierten auf der digitalen DKM 2020 in der vergangenen Woche Ralf Berndt, Vorstand Vertrieb und Marketing der Stuttgarter Lebensversicherung, Norbert Porazik, geschäftsführender Gesellschafter der Fonds Finanz Maklerservice GmbH, und Andreas Vollmer, geschäftsführender Gesellschafter des Versicherungsmaklers Hasenclever + Partner und BVK-Vizepräsident. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wirtschaftlicher Vorteil? Gefahr des Vertreterstatus?

Für Norbert Porazik sind Pools Garanten dafür, dass auch weiterhin eine große Anzahl von Einzelmaklern unabhängig am Markt agieren kann. Bei Pools fänden diese eine große Produktpalette und Unterstützung im technischen Bereich. Maklerbetriebe allein könnten eine eigene IT gar nicht auf die Beine stellen. Der Makler hat grundsätzlich die Wahl zwischen einer Direktanbindung oder einer Anbindung an einen Pool. Die beiden Systeme würden gut zusammenpassen sowie keine Konkurrenz darstellen sondern sich gegenseitig ergänzen.

Bei BVK-Vize Andreas Vollmer hört die Zustimmung für die Ausführungen Poraziks dort auf, wo ein Maklerbetrieb seinen Bestand beim Pool abgibt. Hier könne man klar von einer Abhängigkeit sprechen und wenn Maklerpools noch Incentivierungen organisieren würden, um weiteres Geschäft von den angeschlossenen Maklern zu erhalten, sei man ziemlich weit entfernt vom dem Maklerberuf und seinem Verständnis als treuhänderischem Sachwalter des Kunden. Die Unabhängigkeit des Versicherungsmaklers sei an der Stelle gefährdet. Vollmer kritisiert auch die von Pools angebotenen Rentenmodelle, in denen Makler schon vor Renteneintritt den Bestand abgeben, die Betreuung aber noch übernehmen. Hier würden die Türen zum Vertreterstatus aufgemacht.

Pool-Chef Porazik hält dem entgegen, dass angeschlossene Makler bei Fonds Finanz jeden Tag ihren Bestand abrufen und transferieren könnten. Und beim Rentenmodell sieht er große Vorteile für die Betriebe: Meldet ein Makler sein Gewerbe ab, hat er einen Unfall oder verstirbt er sogar, landet sein Bestand nicht direkt beim Versicherer. Der Pool verwalte treuhänderisch den Bestand, bis sich ein Nachfolger melde.

Ralf Berndt verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass es grundsätzlich für Maklerversicherer wichtig sei, dass weiterhin möglichst viele unabhängige Vermittler am Markt sind. Maklerpools könnten hier einen wertvollen Beitrag liefern, weil sie Maklern helfen, denen es aufgrund der Größe unmöglich ist, die heutigen Anforderungen zu erfüllen. Voraussetzung ist aber, dass Pools die unabhängige Produktauswahl gewährleisten und keine Steuerungsmaßnahmen über Vergleichsprogramme oder Incentivierungen vornehmen würden. Zudem betont er, wie wichtig es sei, dass sich bei Pools keine Oligopol- oder Monopolstrukturen entwickeln. Die vorherrschende Stellung einiger weniger könnte die Unabhängigkeit gefährden.

Was leisten Pools für Versicherer?

In der Branche wird viel darüber diskutiert, welchen Beitrag Pools für die Versicherer leisten. Verknüpft ist damit die Frage, wer für die Dienstleistung der Pools zahlen müsse. Versicherungsmanager Berndt meint, dass es dort Erleichterungen gebe, wo Maklerbetriebe den technischen Standard nicht allein schaffen würden und Pools hier die Prozesse vereinfachten. Bei Maklern, die eine hohe technische Ausstattung haben, verschwinde dieser Vorteil. Porazik erwidert, dass Pools durchaus einen Mehrwert für Versicherer bieten würden. Manche Maklerversicherer könnten heute ohne Pools nicht mehr so bestehen, wie sie es tun, so seine Ansicht. Es gebe da auch Versicherer, die eine andere Meinung vertreten würden als die Stuttgarter. Pools würden Versicherern das Geschäft aufbereitet und digital zukommen lassen, und dafür würden die allermeisten Versicherer auch gerne eine etwas höhere Courtage bezahlen.

Wer bezahlt das MVP?

Das MVP gilt als Herzstück des Maklerbetriebs und für Versicherungsmakler Vollmer ist klar, dass ein Unternehmen in dieses entscheidende Tool auch regelmäßig selbst investieren müsse. Ein gutes Kundenverwaltungsprogramm sei heute das A und O und könne eben auch die Unabhängigkeit bewahren. Kernstück der Politik im BVK sei, dass die Kunden- und Vertragsdaten die Assets eines Maklerbüros sind und diese Assets in das Haus hineingehören und nicht ausgelagert werden dürfen. Das könne heute kein Argument mehr sein, meint dagegen Porazik, auch Makler würden heute mit Clouds arbeiten, auch da gingen die Daten außer Haus. Er betont zudem, dass es einfach keinen Sinn mache, wenn jeder Makler sein eigenes IT-System aufbauen würde. Für Vollmer steht jedoch fest: Pools würden Unternehmen aufbauen, die sich nicht mehr von einem Versicherer mit einer AO-Organisation unterscheiden. Wer so weit in die Autonomie eines Maklers eingreife und sage, dass ein Makler unternehmerische Belange nicht mehr selbst erledigen muss, mache aus angeschlossenen Geschäftspartnern dejure Vertreter. Das sollten die Kunden wissen und das sollte sich auch im IHK-Vermittlerregister widerspiegeln. Sowie Vollmer dieses Argument wiederholt, weist Porazik dieses auch wieder zurück und glaubt nicht, dass diese Aussage tatsächlich richtig sei. Bei Fonds Finanz können Makler einen Vertrag im Jahr einreichen oder gar keinen oder eben alle – ein Vertreter hingegen müsse alles bei einem Versicherer einreichen.

Wer bezahlt die Rechnung?

Ralf Berndt greift im Laufe der Diskussion noch einmal ein weiteres strittiges Thema auf: Der Pool erbringe Dienstleistungen für einen Makler. Viele Pools seien aber der Meinung, dass diese Dienstleistung vom Versicherer bezahlt werden müsse. Es müsse eigentlich der Grundsatz gelten, und auch das sei Teil der Unabhängigkeit: Wer die Dienstleistung in Anspruch nehme, der sollte sie auch bezahlen. Dieser Meinung schließt sich auch Pool-Kritiker Vollmer an. Versicherungsmakler sollten eine Rechnung bekommen, das würde Maklern die Situation auch noch einmal verdeutlichen. Seine Forderung an die Pools: Sie sollten lieber eine höhere Courtage an die angeschlossenen Makler weiterreichen und dem Makler eine Rechnung für die Angebote stellen. Die Forderung lasse sich auch an die Versicherer und ihren Umgang mit der AO übertragen.

Was bedeutet die Entwicklung für Kunden?

Auch bei der Frage nach der Bedeutung für den Kunden gehen die Meinungen der Diskutanten auseinander. Porazik erklärt, dass der Kunde einen Kümmerer haben will, der dafür sorgt, dass er den besten Versicherungsschutz zu einem möglichst günstigen Preis bekommt. Dem Kunden sei aber oft noch zu wenig bewusst, ob er es mit einem Vertreter oder einem Makler zu tun habe. Es sei eine gemeinsame Aufgabe, den Versicherungsmakler besser in Position zu bringen.

Vollmer wiederholt die Sorge, dass der Kunde von Maklern mit einer engen oder gar ausschließlichen Poolanbindung ein vom Pool vorgegebenes Produkt bekomme. Die Marktgrundlage wäre dann eingeschränkt und an diesem Punkt ginge dann eben die Vertretertür auf.

Berndt verweist in dem Zusammenhang auf die Kostensituation: Wenn ein Versicherer einen Großteil des Geschäfts über einen Pool bekomme, würden die Abschlusskosten steigen. Ein Pool erwarte ordentliche Courtagen, die ein Einzelmakler nicht bekomme. Die Stuttgarter wiederum bekomme weithin mehr Geschäft von Einzelmaklern als von Pools. Für jeden Antrag, der über einen Pool laufe, erhöhe sich der Kostensatz, so Berndt. Was die Beratungsleistung angehe, stelle er aber keinen Unterschied fest. Zumindest dann nicht, wenn der Makler seinen Status wirklich ernst nimmt und seine Empfehlung aus einer breiten Produktauswahl heraus trifft und diese Produktauswahl nicht durch interne Vergleichsprogramme der Pools eingeschränkt wird, bei denen Versicherer ausgesteuert werden und dort gar nicht erscheinen. Das sei leider eine Situation, die es heute am Markt gebe und das sollte sie es nicht, so Berndt. (bh)

Bild: Die Diskussionsrunde „Die neue (Un-)Abhängigkeit des Maklerunternehmens“ am 28.10.2020 anlässlich der DKM digital.persönlich: (v.l.n.r.), Moderatorin Brigitte Horn (AssCompact) Ralf Berndt (Stuttgarter), Norbert Porazik, (Fonds Finanz), Andreas Vollmer (Hasenclever + Partner, BVK-Vizepräsident)