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15. Februar 2016
Was die neue EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie für Vermittler bedeutet

Was die neue EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie für Vermittler bedeutet

Die Überarbeitung der EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie tritt am 22.02.2016 in Kraft. Die Mitgliedsstaaten haben nun zwei Jahre Zeit, die EU-Regelungen in nationales Recht umzusetzen. Rechtsanwalt Norman Wirth von der Kanzlei „Wirth-Rechtsanwälte“ hat die für Vermittler wichtigsten Themen zur „IDD“ zusammengestellt.

Was ist die IDD?

IDD ist die Abkürzung für Insurance Distribution Directive – Versicherungsvertriebsrichtlinie. Früher hieß sie noch IMD 2 – Versicherungsvermittlerrichtlinie 2. Dazu ein kurzer Blick in die Historie: Mit der Versicherungsvermittlerrichtlinie 1 aus dem Jahr 2003 wurde der Grundstein für die erste umfassende Regulierung der Versicherungsvermittlung, insbesondere durch Einführung des § 34d Gewerbeordnung in Deutschland im Jahr 2007, gelegt. Inzwischen wurde in den Ländern der EU geschaut, wo sich die damalige Regulierung bewährt hat und wo es (vermeintlich) noch Handlungsbedarf gibt. Die großen Überschriften sind Verbraucherschutz und europäische Harmonisierung nationaler Vorschriften. Umfasst sein sollen nun nicht nur die Vermittler, sondern alle Vertriebsformen.

Was steht konkret für Versicherungsmakler darin?

Richtig konkret ist dort wenig zu finden. Die Richtlinie gibt vielmehr in weiten Teilen einen Rahmen vor, innerhalb dessen sich die einzelnen Mitgliedsländer bei der Umsetzung in nationales Recht bewegen können. Es wird explizit von einer angestrebten Mindestharmonisierung gesprochen. Das soll die einzelnen EU-Länder nicht daran hindern, strengere Regeln im jeweiligen Land aufzustellen.

Kommt damit jetzt das Provisionsverbot?

Ein Provisionsverbot ist ausdrücklich nicht in der Verordnung, obwohl dieses Thema lange diskutiert wurde. Damit ist es den EU-Mitgliedsstaaten freigestellt, ein solches Verbot einzuführen – oder auch nicht. In Deutschland ist nach Bekenntnis der derzeitigen Regierungsparteien nicht mit einem Provisionsverbot im Rahmen der Umsetzung in deutsches Recht  zu rechnen.

Äußert sich die IDD zur Honorarberatung oder zu sogenannten Mischmodellen?

Ja. Der Vermittler soll dem Kunden vor Abschluss des Versicherungsvertrages mitteilen, wie er vergütet wird. Das können unter anderem sein: eine Gebühr vom Kunden, eine in der Versicherungsprämie eingepreiste Provision vom Versicherer oder aber eine Kombination aus beidem (Mischmodell). Kick Backs sind auf jeden Fall offenzulegen.

Was ist mit Roboadvice bzw. Vertrieb ohne persönliche Beratung?

Die Richtlinie erlaubt grundsätzlich auch beratungsfreien Vertrieb. Anders als bisher in Deutschland, wo – mit Ausnahme im Einzelfall oder beim Direktvertrieb im Fernabsatz – eine Beratungspflicht besteht. Damit ist insbesondere das Tor für den internetbasierten, beratungsfreien Vertrieb offen. Es wird explizit unterschieden zwischen Beratung mit einer persönlichen Empfehlung an den Kunden, warum ein bestimmtes Produkt den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden am besten entspricht, und Angebot und Abschluss eines Vertrages, der den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden entspricht, die sich aus den ermittelten Angaben des Kunden ergeben, wobei der Kunde anhand erteilter, objektiver Informationen eine wohlinformierte Entscheidung treffen kann (ohne Beratung!). Was davon der deutsche Gesetzgeber übernimmt, bleibt abzuwarten.

Ändert sich etwas bei der bereits obligatorischen Vermögensschadenshaftpflichtversicherung?

Die Mindestversicherungssumme wird für jeden einzelnen Schadenfall auf 1.250.000 Euro erhöht. Die 1.850.000 Euro für die Gesamtschadenfälle pro Jahr bleiben analog dessen, was wir bisher in Deutschland so schon haben. Es bleibt weiter wie bisher bei einer Koppelung an den Europäischen Verbraucherpreisindex und eine eventuell regelmäßige Anpassung (alle fünf Jahre).

Gibt es wieder Ausnahmen für sogenannte Annexvermittler?

Ja. Diese sind sehr klar geregelt. Die Jahresprämie darf bei zeitanteiliger Berechnung 600 Euro nicht übersteigen. Ausnahme: bei Versicherung für eine Dienstleistung mit weniger als drei Monaten Dauer maximal 200 Euro. Es darf nur eine Versicherung betreffen, die im Zusammenhang mit einer Reise oder aber dem Defekt, Verlust oder der Beschädigung einer Ware oder der Nichtinanspruchnahme einer Dienstleistung steht.

Was sagt die Richtlinie zu Tippgebern?

Nichts. Die IDD gilt explizit nicht für rein vorbereitende Tätigkeiten, etwa bestehend in der Weitergabe von Daten und Informationen über potenzielle Versicherungsnehmer an Vermittler oder Versicherungsunternehmen.

Kommt die Weiterbildungspflicht?

Ja. Die Richtlinie legt eine Dauer von 15 Zeitstunden pro Jahr mindestens fest. Es bleibt den Mitgliedsstaaten unbenommen, hierüber hinauszugehen.

Bisher waren es doch bei uns schon 200 Stunden in fünf Jahren?

Das war keine gesetzliche Pflicht. Es handelt es sich hierbei um eine freiwillige Angelegenheit der Initiative „gut beraten“, die dem Berufsbildungswerk der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V., getragen von einem Teil der Versicherungs- und Vermittlerbranche, zugehört. Denkbar ist für die Zukunft, dass zum Beispiel die IHKen als Aufsicht für die Weiterbildungspflicht installiert werden. Das ergibt unter anderem Sinn, da dort bereits das Vermittlerregister besteht.

Wird die Informationsflut für den Kunden weiter verschärft oder etwas zurückgefahren?

Hier ist leider mit einer weiteren Verschärfung zu rechnen. Es muss zu jedem Produkt ein zusätzliches Informationsblatt (Papier oder Datenträger) konzipiert und dem Kunden ausgehändigt werden. Vorgaben dazu für die hierfür verantwortlichen Versicherungsunternehmen wird die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA noch  machen.

Werden fondsgebundene Versicherungen weiterhin als Versicherungs- oder jetzt als Kapitalanlageprodukte behandelt?

Sie gelten weiter als Versicherungen, sogenannte Versicherungsanlageprodukte. Der Vermittlerstatus bleibt offiziell auch derjenige eines Versicherungsvermittlers, also ohne die Notwendigkeit der Zulassung nach § 34f Gewerbeordnung. Die IDD überträgt den Vermittlern jedoch nahezu dieselben Pflichten beim Kunden, wie sie bereits schon ein Kapitalanlagevermittler hat. Dazu gehören unter anderem die Einholung der Informationen über Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden im Anlagebereich, die finanziellen Verhältnisse, die Möglichkeit auch Verluste tragen zu können, die Risikotoleranz und die Anlageziele – alles mit dem Ziel, nur geeignete Produkte zu empfehlen.

Wann muss die Umsetzung in deutsches Recht vollzogen sein?

Ab 23.02.2018, also zwei Jahre ab Veröffentlichung der IDD im europäischen Gesetzblatt, muss spätestens die Umsetzung vollzogen sein. (kb)

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