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21. Mai 2025
Was ist ethisches Investieren?

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Was ist ethisches Investieren?

Was ist ethisches Investieren?

Nachhaltigkeit gerät in der aktuell von Krisen gebeutelten Zeit aus dem Fokus – sie spielt vor allem politisch, aber auch auf Verbraucherseite eine unter­geordnete Rolle. Arete Ethik Invest macht sich mit seinen eigenen Nachhaltigkeitsbewertungen und Angeboten für „ethisches Investieren“ stark.

Interview mit Dr. Marlene Waske, Senior Ethik-Analystin bei Arete Ethik Invest
Frau Dr. Waske, Ihr Unternehmen setzt konsequent auf ethisches und nachhaltiges Investieren. Wie definieren Sie „ethisch vertretbare“ oder „ethisch gute“ Investments?

Arete Ethik Invest vergibt anhand einer eigens entwickelten Bewertung möglicher Investments die Prädikate „nicht vertretbar“, „vertretbar“, „positiv“ und „hochwertig“. Je mehr Punkte ein Unternehmen auf einer Skala von 0 bis 100 erreicht, desto höherwertiger ist das Prädikat. Ab 50 Punkten ist ein Titel ethisch vertretbar und damit investierbar. Man muss sich jedoch im Klaren darüber sein, dass eine Quantifizierung von Ethik und Nachhaltigkeit immer nur eine Annäherung an die Wirklichkeit sein kann. Das merkt man schon, wenn man sich eine Definition von Nachhaltigkeit im Brundtlandbericht (1987) ansieht: eine (wirtschaftliche) „Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu decken“.

Arete orientiert sich hierbei an der integrativen Wirtschaftsethik nach Prof. em. Peter Ulrich, deren zentraler Bestandteil die Kritik am Ökonomismus ist – der beinahe vollständigen Durchdringung der Arbeits- und Lebenswelt durch ökonomische Rationalität, der Erhebung der Logik des Marktes zum gesellschaftlichen Allround-Prinzip. Unternehmen, die neben der ökonomischen Zielsetzung auch klar ihre Verantwortung als Teil der Gesellschaft wahrnehmen, die ihre unternehmerische Pflicht nicht in der Gewinnmaximierung sehen, sondern im Erzielen eines optimalen Gewinns unter der Berücksichtigung der Würde des Lebens – solche Unternehmen würden wir tendenziell besser bewerten als solche, die die ökonomische Dimension des unternehmerischen Handelns allem anderen überordnen.

Wie läuft hier die Bewertung ab? Auf welche Daten stützen sich die Analysen des Ethik-Komitees?

Die erste Analyse erstellt das Ethik-Research, also meine Kolleg*innen und ich. Ich persönlich fange mit dem an, was das Unternehmen selbst zur Verfügung stellt: Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte, Proxy Reports, Richtlinien, usw. Allein anhand der Fülle und Ausführlichkeit dieser Berichte kann man schon einen guten ersten Eindruck gewinnen. Anschließend nutzen wir auch Daten eines externen Datenanbieters, Kontroversenmonitoring und letztlich auch eine Recherche zugänglicher Quellen im Internet. Entscheidend ist nicht nur das, was das Unternehmen berichtet, sondern auch das, worüber es wenig oder gar nichts schreibt. Wenn dieser Entwurf steht, stellen wir die Analyse dem Ethik-Komitee vor, das jeweils nochmals über ganz eigene starke xpertise verfügt. Es ist tatsächlich ein Ringen um jeden Punkt in den Einzelkriterien und erfordert nicht selten auch ausführliche Diskussionen der Ausschlusskriterien, denn in den seltensten Fällen ist es ein einfaches Ja/Nein, Gut/Schlecht, Nachhaltig oder nicht.

Welche Umweltthemen stehen bei Arete besonders im Fokus und wie kann man diese in konkrete Investitionsentscheidungen übersetzen?

Umweltthemen betrachten wir aus der Perspektive des Schutzes natürlicher Ressourcen. Was tut ein Unternehmen, um möglichst ressourcenschonend seinem Geschäftsmodell nachzugehen? Wie geht es mit Treibhausgasemissionen um? Werden diese ausschließlich kompensiert oder gibt es eine Strategie zur Vermeidung? Sind Bienenkästen auf dem Dach wirklich ein ambitioniertes Unterfangen zum Schutz der Biodiversität? Wie fortgeschritten ist die Strategie zur zirkulären Wirtschaft? Und passt das alles zum Selbstverständnis des Unternehmens? Statt einzelne Umweltthemen exklusiv zu fokussieren, betrachten wir das Unternehmen ganzheitlich. Denn der beste Plan zur Verminderung von Treibhausgasen hat eine schmale Wirkung, wenn Mikroplastik das viel drängendere Thema wäre.

 
Ein Interview mit
Dr. Marlene Waske