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22. Mai 2025
Was steckt hinter der Rekordstimmung am Dax?
Was steckt hinter der Rekordstimmung am Dax?

Was steckt hinter der Rekordstimmung am Dax?

Die Investmentbranche ist momentan eher labil unterwegs. Die Gründe dafür sind vielschichtig, die Handelszölle aus dem Weißen Haus helfen der Situation aber gewiss nicht. Der Dax jedoch ist aktuell keineswegs auf Tiefflug. Diese Woche knackte er erstmals die 24.000 Punkte.

Versteh einer die Investmentbranche … Da blicken Experten, seien es die der Notenbanken oder der Fondsgesellschaften, das ganze Jahr 2024 gespannt auf die US-Wahl und darauf, welchen politischen Kurs der neue US-Präsident Donald Trump wirtschaftlich fahren wird, um dann mit Handelszöllen für eine regelrechte Achterbahn zu sorgen. Genau so haben sich die Börsen im April auch verhalten.

Natürlich bewegen auch diverse andere Fragestellungen die Märkte – geopolitische Spannungen zum Beispiel, oder, wenn man auf Deutschland blickt, ebenfalls eine neue Bundesregierung. Doch der deutsche Aktienindex (Dax), so scheint es, kommt mit den Veränderungen aktuell sehr gut klar. Verweilte er Anfang April, als Trumps Zölle aktiv wurden, bei seinem Tiefststand unter 19.000, so holte er diese Verluste binnen weniger Wochen schnell wieder rein – gegipfelt im neuen Rekord von 24.152 Punkten am Mittwoch, 21.05.2025. Aktuell (Donnerstag, 22.05.2025, um 13:37 Uhr) rangiert er bei immer noch stolzen 23.922 Punkten. Wenngleich in den Tagesmedien am Donnerstag da gleich wieder von einem „Rückschlag“ und einem „schwachen Start“ die Rede war.

Konjunkturprognose sinkt

Der Kontext, vor dem diese Rallye am Dax stattfindet, zeigt einmal mehr: Schlechte Konjunkturaussichten heißen nicht unbedingt schlechte Marktaussichten. Denn wie der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, auch genannt die Wirtschaftsweisen, in seinem Frühjahrsgutachten schildert, rechnet man mittlerweile für 2025 mit einer Stagnation in der deutschen Wirtschaft. Darüber berichteten am Mittwoch mehrere Medien übereinstimmend. Im Herbst hatte man noch mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,4% gerechnet. Für 2026 erwarte man ein Wachstum von 1,0%.

Dominanten Einfluss auf die deutsche Wirtschaft werde in nächster Zeit die „unkalkulierbare US-Zollpolitik“ haben, neben den angekündigten Milliardeninvestitionen der neuen Regierung. Deutschland sei wirtschaftlich sehr auf Exporte angewiesen, weswegen die Handelszölle der USA der deutschen Wirtschaft gehörig schaden werden. Jedoch sehe man in dem geplanten Finanzpaket ein großes Potenzial, vorausgesetzt, es wird investitionsorientiert eingesetzt.

EZB veröffentlicht Finanzstabilitätsbericht

Auch die EZB findet in ihrem Finanzstabilitätsbericht, der diese Woche veröffentlicht wurde, nicht nur optimistische Worte. Wie das Handelsblatt meldet, spricht die Notenbank in dem Bericht von einer größer gewordenen Gefahr eines konjunkturellen Einbruchs und dass die Aktienmärkte „weiterhin anfällig für plötzliche und drastische Korrekturen“ seien – hauptsächlich hervorgerufen durch Trumps Zollpolitik.

Das steckt hinter der Dax-Rally

Generell gilt: Die Märkte sind komplex. Dementsprechend lassen sich Marktbewegungen nicht in nur wenigen Absätzen zusammenfassen und begründen. Trotzdem gibt es ein paar Anhaltspunkte, die erklären können, woher die Euphorie an der deutschen Börse kommt. Das Handelsblatt hat einige Erläuterungen von Anlagespezialisten gesammelt, die etwas Aufschluss geben.

Christoph Berger, Chef für europäische Aktien beim Asset-Manager Allianz Global Investors, bspw. schildert, was auch andere Investmentexperten in den vergangenen Wochen festhielten: „Wir sehen seit Längerem, dass sich Anleger wieder stärker auf Europa konzentrieren, und da ist Deutschland einer der aussichtsreichsten Märkte.“ Auch würden das US-Downgrade der Ratingagentur Moody’s, die Anfang der Woche die USA in Sachen Kreditwürdigkeit herabgestuft hatte, sowie die Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien eher für Europa und eher gegen die USA sprechen.

Lockerung der Schuldenbremse treibt Dax

Das Handelsblatt bezieht sich weiterhin auf den Leiter Aktienstrategie bei Pictet Wealth Management, Graham Secker, der in Europa vor allem den Dax in guter Position sehe: „In keinem europäischen Land hat sich die makroökonomische Position so verbessert wie in Deutschland.“ Damit meint Secker die Lockerung der Schuldenbremse, die die neue Regierung jüngst beschloss. Weiterhin sei der Dax „relativ liquide“, könne also besser gehandelt werden als andere europäische Indizes.

Christoph Berger von AllianzGI erläutert außerdem, dass auch die Gewinnerwartungen für die Dax-Unternehmen mittlerweile vielversprechend seien. Nächstes Jahr erwarte man für den Dax ein ähnliches Gewinnwachstum wie für den S&P 500. Auch sei der Dax im Vergleich zu den USA immer noch „wesentlich attraktiver“ bewertet, gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis.

Wie geht’s weiter?

Für Ulrich Kater, Chefvolkswirt bei der Dekabank, hängt viel von den volkswirtschaftlichen Daten der nächsten drei Monate ab. Diese würden „Auskunft geben, welche Konsequenzen die Zollpolitik Trumps für den Wirtschaftsverlauf der Welt hat“. Man sollte jetzt keinesfalls in Euphorie ausbrechen, denn eine schwache Konjunktur oder hohe Inflation, besonders in den USA, könnten dann Rückschläge für den Aktienmarkt bringen. Über 25.000 Punkte wären für eine Dax-Rally zu viel.

Sören Hettler, Leiter der Anlagestrategie bei der DZ Bank, mahnt ebenso zu Vorsicht: „Die Investoren haben den Zollstreik zwar abgehakt, und der Ukraine-Krieg stellt derzeit offensichtlich keine Belastung mehr dar. Aber eine Textnachricht von Trump kann das wieder ändern.“ (mki)