AssCompact suche
Home
Assekuranz
19. Januar 2022
Was Vermittler über Technische Versicherungen wissen sollten

2 / 3

Was Vermittler über Technische Versicherungen wissen sollten

Nun ist gerade diese Sparte stark von der Digitalisierung und dem technologischen Fortschritt geprägt.
Welche neuen technischen Entwicklungen haben denn in den vergangenen Jahren die Anforderungen an den Versicherungsschutz vor allem geprägt?

Stephan Schmitz: Der technologische Fortschritt ist für die Technischen Versicherungen naturgemäß von besonderer Bedeutung. Sobald die Testphase der Prototypen abgeschlossen ist, wird eine umfassende Absicherung erwartet. Als Versicherer muss man sich also mit kommenden Technologien und Materialien auseinandersetzen. Gleiches gilt für gesellschaftliche Trends. Wer heute noch darüber nachdenkt, ob man in der Elektronikversicherung Betriebsmittel im Home-Office versichern kann, der hat die letzten beiden Jahre verschlafen. Themen wie die Sharing Economy oder Nachhaltigkeitsüberlegungen wie das Forcieren von „Reparatur vor Austausch“ sorgen für vermehrte Brainstorming-Sessions bei den Produktschmieden der Versicherer.

Andreas Knittel: In der Folge sind überarbeitete Produkte wie die Drohnenkaskoversicherung, die Photovoltaikversicherung oder die Versicherung von Windkraftanlagen entstanden. Hier wurden die neusten Entwicklungen berücksichtigt und versicherbar gemacht. Die „Kunst“ ist zum einen, auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen, und zum anderen, die Produkte für den Versicherer auch kalkulierbar zu gestalten. Dank digitaler Vernetzung und intelligenter Software werden Prozesse in der Wirtschaft effizienter, doch die Systeme werden auch anfälliger. Was bedeutet dies für Kunden?

Stephan Schmitz: Genau so ist es. Log4j hat ja soeben bewiesen, dass alle Branchen – selbst die Versicherer, die IT-Datensicherheit extrem ernst nehmen – kalt erwischt werden können. Schwachstellen gibt es nicht nur in der Java-Bibliothek, wie bei Log4j, sondern überall, wo eine Verbindung ans Internet besteht, auch bei Produktionsnetzwerken. Wir TV-ler, wie auch unsere Cyberkollegen, beobachten mit Sorge die Zunahme an gezielten Angriffen.

Durch „Silent Cyber“, also das Nicht-Ausschließen von Sachschäden, die aus Cyberangriffen resultieren, sind die TV-Sparten hier bei Schäden zuständig. Und für drastische Schadenszenarien braucht man hier nicht viel Fantasie. Bei Log4j konnten wir es beobachten: Die Schwachstelle ließ sich leicht ausnutzen, schnell stellte man eine unüberschaubar große Zahl von Angriffen aus Nordkorea, China, dem Iran und der Türkei fest.

Wie steht es um die Hardware?

Andreas Knittel: Neben dem Thema IT-Datensicherheit und den Cyberrisiken spielt für mich auch die Absicherung der Hardware eine immer größere Rolle. Die Gefahr eines Sachschadens und eines daraus entstehenden Betriebsunterbrechungsschadens wird bei einer vernetzten Anlage sicherlich höher sein, da die Anlagen komplexer und somit anfälliger werden. Wir haben beispielsweise in der Maschinenversicherung auch Konstruktions-, Material- und Ausführungsfehler versichert. Komplexer werdende Maschinen oder elektronische Anlagen bergen immer die Gefahr, dass die Konstruktion fehlerhaft ist und sich in der Folge daraus ein Sachschaden entwickeln kann. Und vernetzte Anlagen haben zudem die Eigenschaft, dass die Schäden besonders hoch und an mehreren Maschinen gleichzeitig eintreten können. Ein Grund mehr, die Anlagen vernünftig zu versichern.

Die Wirtschaft bekommt die Corona-Pandemie weiter zu spüren. Welche Folgen hat die Pandemie, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Thema Ausschlüsse oder Betriebsunterbrechung?

Stephan Schmitz: Als Folge der Omikron-Variante dürften weitere Lieferketten leiden, da Zulieferer vielleicht nicht aufgrund eines staatlichen verhängten, aber faktischen Lockdowns ausfallen: Beschäftigte erkranken in großen Mengen und müssen in Quarantäne. Chinas „No Covid“-Strategie mit drakonischen Abriegelungen bei Auftreten einer Erkrankung kommen hinzu.

Aber auch folgende Besonderheit betrifft uns: Die Baupreise in Deutschland sind so stark gestiegen wie zuletzt im August 1970. Ursachen sind unter anderem der Wegfall der befristeten Mehrwertsteuersenkung im zweiten Halbjahr 2020 und der rasante Kostenanstieg von Baumaterialien. Im Hochbau stellen wir zusätzlich massive Lieferengpässe fest. Dies wirkt unmittelbar auf Sparten wie die Bauleistung, aber natürlich auch auf „Reparatur“-Sparten für Gebäude, wie die Wohngebäude-, die gewerbliche oder industrielle Gebäudeversicherung.

Aber: Die TV-Sparte setzt für ihre Betriebsunterbrechungen immer einen Sachschaden voraus. Sachschadenunabhängige Deckungen, wie die durch Corona zu plötzlicher Berühmtheit gekommene Betriebsschließungsversicherung, gibt es nicht. Denkbar ist jedoch eine Gefahrerhöhung, wenn zum Beispiel aufgrund eines Lockdowns Wartungen nicht stattfinden können oder Monteure nicht mehr reisen dürfen. Viele Versicherer zeigten sich in der Vergangenheit kulant. In Zeiten des Lockdowns gab es etwa Prämienaussetzungen nach Maschinenstilllegungen. Tatsächlich sind aber erste Pandemie-Ausschlüsse auf dem Markt zu finden.

Andreas Knittel: Neben den von Stephan beschriebenen Szenarien sehen wir aktuell auch Auswirkungen in der Bauindustrie und der damit verbundenen Bauleistungsversicherung. Aufgrund der Lockdowns in der Vergangenheit und der Knappheit der Ressourcen beim „Wiederanspringen“ der Wirtschaft danach werden häufig Bauprojekte nicht zum geplanten Zeitpunkt fertigstellt, was zu einer teilweise erheblichen Verlängerung der Bauzeit und somit der Bauleistungsversicherung führt.

Auch in der Maschinenversicherung, speziell bei den fahrbaren Geräten, können wir die Auswirkungen erkennen. Ähnlich wie in der Automobilindustrie sind durch Lieferkettenverzögerungen oder durch Lockdowns gewisse Teile wie Halbleiter (Chips) sehr knapp, sodass beispielsweise Baumaschinen verzögert oder gar nicht verkauft und damit auch nicht versichert werden können. Wer als Versicherer viel mit Finanzierern oder Herstellern in dem Bereich zusammenarbeitet, kann das beobachten.

Seite 1 Was Vermittler über Technische Versicherungen wissen sollten

Seite 2 Nun ist gerade diese Sparte stark von der Digitalisierung und dem technologischen Fortschritt geprägt.

Seite 3 Welche weiteren Trends bzw. Entwicklungen nehmen Sie aktuell auf dem Markt wahr?