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26. Juli 2022
Welche Folgen hat ein Gaslieferstopp für die Assekuranz?

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Welche Folgen hat ein Gaslieferstopp für die Assekuranz?

GDV gibt Entwarnung

Und der GDV gibt Entwarnung. Denn: Versichert seien solche Produktionsausfälle nicht. Zwar können Betriebsunterbrechungen gesondert abgesichert werden. Eine Entschädigung setzt aber immer einen Sachschaden voraus. Heißt: Kommt die Produktion aufgrund eines Feuers in einer Fabrik zum Erliegen, sind daraus resultierende Schäden über eine Betriebsunterbrechungsversicherung abgedeckt. Produktionseinbußen durch eine staatlich angeordnete und im Voraus geplante Rationierung von Rohstoffen hingegen nicht.

Ein aktuelles Gutachten, das der GDV in Auftrag gegeben hat, bestätigt diese Auffassung. Die Rechtsexperten kämen darin nämlich zu dem Ergebnis, dass es sich bei Ausrufen der Notfallstufe um eine „planmäßige Abschaltung“ handele und der entsprechende Risikoausschluss in den Musterklauseln greife. Selbst wenn in einer Klausel das Vorliegen eines Sachschadens nicht konkret vereinbart ist – was bei älteren Policen der Fall sein kann –, greift letztlich der Risikoausschluss „planmäßige Abschaltung“, so die Einschätzung der Gutachter.

Ratingagentur Fitch bekräftigt GDV-Auffassung

Und auch die Ratingagentur Fitch kommt in einer aktuellen Analyse zum gleichen Urteil: Der Versicherungssektor wäre demnach nicht von Betriebsunterbrechungsschäden betroffen, die aus einem Stopp russischer Gaslieferungen nach Europa resultieren. Die sogenannten Business-Interruption-Policen deckten nur Verluste ab, die durch physische Schäden an Geschäftsräumen oder Produktionsanlagen entstehen. Auch die Chancen der Firmen auf Ansprüche aus politischen Risikoversicherungen seien gering.

„Für Versicherer sind solche Ausschlussklauseln wichtig, um sich vor vielen gleichzeitigen Ansprüchen zu schützen, die sie selbst überfordern würden. Das ist immer bei sogenannten Kumulrisiken der Fall“, erläutert dazu der GDV. Damit meint der GDV Gefahren, die in relativ kurzer Zeit sehr viele Schäden anrichten könnten, wie beispielsweise ein Krieg, eine Pandemie oder eine über Monate im Voraus geplante Unterbrechung der Strom- oder Gasversorgung. Allerdings würde in einem solchen Kumulfall – wenn also viele Unternehmen gegenüber den Versicherern gleichzeitig einen Schaden geltend machen würden – das Prinzip der Risikostreuung nicht mehr funktionieren, gibt der GDV zu bedenken.

Fitch: Auf Versicherer könnten indirekte Schäden zukommen

Allerdings: Indirekt könnten die Versicherer laut Fitch sehr wohl die Auswirkungen eines Gas-Lieferstopps zu spüren bekommen. Einsparungen bei der Heizenergie könnten beispielsweise dazu führen, dass im Winter mehr Wasserrohre in Häusern bersten – ein klassischer Fall für die Gebäudeversicherung. Denkbar ist auch, dass vorübergehende Produktionsstopps in den Betrieben in der Folge zu mehr Maschinenschäden führen, für die die Assekuranz dann aber einstehen müsste, lässt die Ratingagentur in einer Pressemitteilung wissen. Und generell könnten die gesamtwirtschaftlichen Folgen einer Gasmangellage wie steigende Arbeitslosigkeit oder sinkende Reallöhne zu einer geringeren Nachfrage nach Versicherungsprodukten führen. (as)

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