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11. August 2020
Wie (un-)zuverlässig regulieren die BU-Versicherer?

Wie (un-)zuverlässig regulieren die BU-Versicherer?

Im Rahmen einer aktuellen Studie beleuchtet das Analysehaus Franke und Bornberg, wie es um die Leistungspraxis der BU-Anbieter steht. Bei keiner der untersuchten Gesellschaften gebe es – wie hin und wieder in der Öffentlichkeit diskutiert – Anhaltspunkte für Leistungsverweigerung mit System, so die Analysten.

Im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) steht die Leistungspraxis der Gesellschaften immer wieder unter besonderer Beobachtung. Das ist auch gut so, denn hinter jedem Fall, der in der Leistungsabteilung eines Versicherers zu bearbeiten ist, steckt immer auch ein menschliches Schicksal. Es geht um nichts weniger als die Existenz des Versicherten. In die Öffentlichkeit kommt ein Fall immer dann, wenn es zu Problemen bei der Regulierung kommt. Dann wird auch öfter mal spekuliert, dass Versicherer Leistungen systematisch verweigern würden. Die aktuelle BU-Leistungspraxisstudie 2020 des Analysehauses Franke und Bornberg will deshalb Fakten zur Regulierung der Versicherer liefern. Sie basiert auf Daten für das Geschäftsjahr 2018, die durch Stichproben vor Ort validiert wurden, die im November 2019 erfolgten. An der Studie haben sich die folgenden BU-Versicherer beteiligt: Generali Deutschland (ehemals AachenMünchener), ERGO Vorsorge, HDI, Nürnberger und Zurich. Deren Bestand beläuft sich zusammen auf 3,9 Millionen BU-Versicherte.

Keine Leistungsverweigerung mit System

Wie die Analysten unterstreichen, zeigen sich bei keiner der untersuchten Gesellschaften Anhaltspunkte für eine „Leistungsverweigerung mit System“. Denn fast 80% aller abgeschlossenen Regulierungen endeten mit einer Anerkennung der Leistungspflicht. Betrachtet man nur Fälle mit einer versicherten Monatsrate von mindestens 300 Euro, beträgt die Leistungsquote 76,4%. 

Wie (un-)zuverlässig regulieren die BU-Versicherer?

 

 

Die detaillierte Analyse der Leistungsquoten nach Rentenhöhe zeigt, dass Versicherer nicht geiziger werden, wenn die Rente einen bestimmten Wert erreicht. Laut Franke und Bornberg findet sich eine Monatsrente über 2.700 Euro aber selten.

Aus diesem Grund wird am häufigsten abgelehnt

Zu den meisten Ablehnungen kommt es, weil der vertraglich vereinbarte BU-Grad (in der Regel 50%) nicht erreicht wird. Dies trifft für mehr als die Hälfte aller negativen Entscheidungen (55%) zu. Während BU-Renten häufig für Versicherte zwischen dem 46. und 58. Lebensjahr bewilligt werden, sieht es bei jungen Erwachsenen zwischen 17 und 35 Jahren etwas anders aus. Hier liege die Ablehnungsquote deutlich über dem Durchschnitt, so die Analysten. Dies sei insbesondere auf die Wirkung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurückzuführen. 

Wie (un-)zuverlässig regulieren die BU-Versicherer?

Fast die Hälfte aller Ablehnungen (47%) wegen Verletzung der Anzeigepflicht ergeben sich für diese Altersgruppe.

Psychische Leiden Leistungsauslöser Nummer 1

Wie die Auswertung weiter zeigt, führten psychische Krankheiten und Verhaltensstörungen auch 2018 die Rangliste der Leistungsauslöser an. Sie machen ein Viertel aller Anerkennungen aus (26,6%). Auf Platz 2 folgen Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems vor Krebsleiden. 

Als „unsicher“ stuft Franke und Bornberg die Datenlage für Unfälle ein, da es nicht immer eine eindeutige Abgrenzung zu Krankheiten gebe, die aus einem Unfall resultieren.

Digitale Unterstützung: Versicherer hinter ihren Möglichkeiten

In puncto Digitalisierung setzen die Versicherer die Schwerpunkte eher auf die Steigerung der Effizienz bei internen Prozessen und Vertriebsaspekte. Dagegen sei die digitale Unterstützung im BU-Leistungsfall in der Regulierung noch ein knappes Gut, so Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg. So habe sich das Telefoninterview zwischen Sachbearbeiter und Anspruchsteller etabliert, doch in Bezug auf Video-Chat, Desktop-Sharing oder Telefonkonferenz würden die Versicherer hinter ihren technischen Möglichkeiten zurückbleiben.

Online-Tracking ein erster Anfang

Als Schritt nach vorne bezeichnet Franke das bereits angewendete Online-Tracking des Leistungsfalles, bei dem der Kunde im besten Fall den konkreten Bearbeitungsstand sehe, mitunter aber auch nur den Posteingang. „Die Versicherer haben die Chancen der Digitalisierung für den Leistungsfall zwar erkannt“, erklärt Franke. „Sie müssen aber zunächst die oft betagten Bearbeitungssysteme modernisieren, um überhaupt für neue Techniken offen zu sein. Kostbare Zeit, die jetzt fehle“, so Franke weiter. Seit Corona sei beispielsweise die traditionelle Außenregulierung kaum noch möglich. Digitale Werkezuge wie Videochatfunktionen seien für eine kundenorientierte BU-Leistungsprüfung aber unabdingbar. (tk)

 

Bild: © Sasint – stock.adobe.com