AssCompact suche
Home
Assekuranz
15. Mai 2025
Wohngebäudeversicherung: Alte Kalkulation reicht nicht mehr

2 / 2

Wohngebäudeversicherung: Alte Kalkulation reicht nicht mehr

Wohngebäudeversicherung: Alte Kalkulation reicht nicht mehr

Profitabilität unter Druck – und kaum Spielraum für Fehler

Wie brisant die Lage für die Assekuranz ist, untermauert die Schaden-Kosten-Quote in der Wohngebäudeversicherung. Sie lag den jüngsten Zahlen des Versicherungsanalysten Assekurata zufolge 2023 bei 100,9%. Trotz teils signifikanter Prämienerhöhungen konnten viele Versicherer die gestiegenen Schadenleistungen also kaum ausgleichen. Auch 2025 dürfte herausfordernd werden – nicht zuletzt wegen immer öfter auftretender Extremwetterlagen, die den Versicherern die Profitabilität verhageln.

Für die kommenden Monate gilt daher: Versicherer müssen sich wetterfest machen und frühzeitig ihre Produkt- und Preisstrategien justieren. Bereits kleinste Fehleinschätzungen bei der Baukostenentwicklung oder bei der Wirkung des Anpassungsfaktors können große Löcher in die Bilanz reißen. Die Kalkulationsmodelle sollten daher nicht nur auf Indexdaten beruhen, sondern stärker differenzierte Prognoseinstrumente und Szenarioanalysen einbeziehen.

Um das eigene Produktportfolio profitabel auszurichten, sind jetzt insbesondere fünf Schritte notwendig:

  • Regionalisierung und Risikodifferenzierung vorantreiben

Ein bundesweiter Standardfaktor ignoriert regionale Unterschiede bei Baupreisen im Allgemeinen und Lohn- sowie Materialkosten im Besonderen. Wer differenzierter kalkuliert – etwa nach PLZ-Regionen oder Risikozonen –, kann präziser steuern.

  • Produktdesign dynamisieren

Anstelle starrer Versicherungssummen sind variable Modelle sinnvoll, die die Anpassungsmechanismen flexibler gestalten. Denkbar sind Tarife mit Indexkorridoren, automatischer Höchstwertprüfung oder modularen Zusatzbausteinen.

  • Kundenkommunikation professionalisieren

Steigende Beiträge und neue Tarifstrukturen müssen nachvollziehbar bleiben. Vermittler brauchen Argumentationshilfen, um ihren Kunden die Tarifanpassungen, aber noch viel wichtiger den Mehrwert der einzelnen Bausteine der Wohngebäudeversicherung verständlich machen zu können. Versicherer, die hier Transparenz schaffen und die Kommunikation mit den Kunden optimieren, minimieren Abwanderung – und erhöhen die Zahlungsbereitschaft.

  • Neuzuschnitt statt Weiter-so

Angesichts der zunehmenden Extremwetterereignisse funktioniert ein „Weiter-so“ nicht mehr. Die Branche braucht eine strategische Neuausrichtung ihrer Produkte – mit modularen Bausteinen, dynamischen Versicherungssummen und differenzierter Risikobewertung. Nur so bleibt der Schutz für die Kunden bezahlbar und gleichzeitig profitabel für die Versicherer.

  • Rabatte strategisch neu ausrichten

Rabatte werden oft zu großzügig und ohne klare Strategie gewährt, auch bei Wohngebäudeversicherungen – das belastet die Profitabilität. Versicherer sollten bestehende Rahmen- und Kooperationsrabatte kritisch prüfen und dort ansetzen, wo schnelle Einsparungen möglich sind. Auch Marketingaktionen gehören auf den Prüfstand: Nur Rabatte mit echtem Absatzhebel sollten Bestand haben. Langfristig gilt es, Vermittleranreize und Rabattvergabe stärker zu verzahnen – etwa durch Boni für eine zurückhaltende Rabatthandhabung bei stabiler Neukundengewinnung. Entscheidend dabei ist, die vertraglichen Grundlagen für die Zusammenarbeit zwischen Versicherern und Vermittlern so anzupassen, dass eine gezielte Steuerung der Rabatte möglich ist. Ziel sollte eine stärker regelbasierte Rabattvergabe durch den Vermittler sein.

Alte Formeln reichen nicht mehr

Die Mechanismen der Vergangenheit bieten in Zeiten volatiler Märkte keine zuverlässige Orientierung mehr. Anpassungsfaktor und Baukostenindex bleiben wichtige Eckpfeiler – doch sie sollten nicht alleinige Grundlage für Kalkulation und Pricing sein. Versicherer, die jetzt ihre Modelle hinterfragen, datenbasierte Prognoseinstrumente nutzen und ihr Produktportfolio weiterentwickeln, sichern nicht nur ihre Profitabilität, sondern auch das Vertrauen ihrer Kunden. Klug geplante Prämienanpassungen, ein modularer Produktzuschnitt und eine zielgerichtete Kundenkommunikation sind dabei der Schlüssel zur Zukunftssicherung.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 05/2025 und in unserem ePaper.

Seite 1 Wohngebäudeversicherung: Alte Kalkulation reicht nicht mehr

Seite 2 Profitabilität unter Druck – und kaum Spielraum für Fehler

 
Ein Artikel von
Dirk Schmidt-Gallas
Philipp Kaupke