Ein Mann, der sich 2020 sechs Tage zur Durchführung einer OP im Krankenhaus befand, war nach dem Eingriff auf eine andere Station verlegt worden. Als er dort seinen persönlichen Besitz zurückerhielt, fehlte seine Zahnprothese, die zu dem Zeitpunkt nur etwas mehr als ein Jahr alt war.
Krankenhaus sieht GKV in der Pflicht
Der Mann forderte das Krankenhaus auf, schnellstmöglich für Abhilfe zu sorgen. Der Versicherer des Krankenhauses lehnte eine Kostenübernahme jedoch ab, da zunächst die gesetzliche Krankenversicherung des Mannes einstandspflichtig sei.
Schadensersatz und Schmerzensgeld gefordert
Das hatte zur Folge, dass der betroffene Mann drei Monate nicht über eine Zahnprothese verfügte und erhebliche Beeinträchtigungen bei der Nahrungsaufnahme hinnehmen musste. Der Umstand wurde erst dadurch behoben, dass der Geschädigte im Herbst 2020 selbst in Vorleistung ging und sich auf eigene Kosten eine neue Zahnprothese anfertigen ließ. Die Kosten dafür in Höhe von knapp 1.400 Euro forderte er mit seiner Klage beim Amtsgericht Nürnberg ein. Außerdem machte er auch Schmerzensgeld dafür geltend, dass er drei Monate ohne Prothese hatte leben müssen.
Pflichtverletzung durch Krankenhauspersonal
Das Gericht gab der Klage des Mannes statt. Das Krankenhaus wäre nach Überzeugung des Gerichts dazu verpflichtet gewesen, die Zahnprothese des Klägers ordnungsgemäß aufzubewahren. Das Krankenhauspersonal habe diese Pflicht verletzt, woraus sich ein Schadensersatzanspruch aus dem Behandlungsvertrag ergibt.
Kein Mitverschulden des Patienten erkennbar
Ein Mitverschulden des Patienten konnte das Amtsgericht nicht erkennen. Insbesondere hinsichtlich des Schmerzensgeldanspruchs könne ihm nicht vorgeworfen werden, dass er sich erst drei Monate später eine neue Prothese anpassen ließ. Immerhin habe der Mann sich unmittelbar nach dem Verlust an das Krankenhaus gewandt und um Abhilfe gebeten. Ebenfalls sei der Kläger nach Ansicht des Gerichts nicht dazu verpflichtet gewesen, zunächst seine Krankenversicherung zur Beseitigung des entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen.
Schadensersatz in voller Höhe
Die Ansprüche des Klägers müssten auch nicht gekürzt werden, weil die Prothese schon über ein Jahr alt gewesen sei, entschied das Gericht. Immerhin hätte die Zahnprothese noch viele Jahre genutzt werden können und ein Ersatz wäre – falls erforderlich – von der gesetzlichen Krankenkasse des Mannes übernommen worden.
Zusätzlich Schmerzensgeld zu entrichten
Das Amtsgericht sprach dem Mann neben dem Ersatz der Prothese auch ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro zu, da der fehlende Zahnersatz die Lebensqualität des Patienten über drei Monate hinweg tatsächlich stark beeinträchtigt habe. Die Nahrungsaufnahme mit den verbliebenen vier Zähnen sei nicht nur mühselig für den Mann gewesen, sondern habe ihm auch Schmerzen bereitet. (tku)
Amtsgericht Nürnberg, Urteil vom 23.06.2021 – 19 C 867/21
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