Ein Artikel von Nick Hayes, Portfoliomanager und Leiter Total Return and Fixed Income Asset Allocation bei AXA Investment Managers
Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass das Jahr 2022 eine ganze Reihe von Herausforderungen mit sich gebracht hat – sowohl auf geopolitischer und humanitärer Ebene als auch in Bezug auf die Marktvolatilität. Erheblicher makroökonomischer Gegenwind, darunter eine anhaltend höhere Inflation, Probleme in der Lieferkette, steigende Energiepreise sowie die Eskalation der Spannungen zwischen Russland und der Ukraine, sorgten für ein negatives Umfeld sowohl für Anleihen als auch für Aktien.
Investmentchancen auch in schwachen Märkten
In einem solchen Umfeld mit korrelierten negativen Renditen über alle Anlageklassen hinweg ist es eine Herausforderung, mit festverzinslichen Wertpapieren allein positive Erträge zu erwirtschaften. Allerdings sollte man bedenken, dass das Umfeld in den ersten Monaten des Jahres 2022 ein ziemlich seltenes ist.
Dass die Märkte eine Menge guter Nachrichten eingepreist haben, seit es in den Volkswirtschaften zu einer Erholung nach den Covid-19-bedingten Lockdowns kommt, ist das Positive für Anleiheinvestoren. Damit sind Anleihen heute eine viel günstigere Anlageklasse als in den vergangenen Jahren – als niedrige und vielfach negative Renditen und geringe Risikoaufschläge an der Tagesordnung waren.
Tatsächlich gab es vor 2014 weltweit kaum negativ verzinste Anleihen. 2020 erreichte ihr Volumen dann einen Höchststand von 18 Bio. US-Dollar. Seither ist dieser Wert auf nur noch 4 Bio. US-Dollar zurückgegangen. Zuletzt durchbrachen zehnjährige US-Treasuries erstmals seit 2019 die viel beachtete 2%-Marke, und auch die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen drehte ins Plus. Das ist ein positives Zeichen für Anleger, die sich unter anderem wegen des positiven Einkommensstroms zu Anleihen hingezogen fühlen.
Auch wenn kurzfristig weiter erhöhte Schwankungen zu erwarten sind, eröffnen die jüngsten Marktentwicklungen doch längerfristig wieder Chancen, attraktive Erträge an den Rentenmärkten zu erzielen.
Anleihen profitieren, wenn die Blasen platzen
Die Zentralbanken werden ihren Zinserhöhungskurs trotz der negativen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf das globale Wachstum aller Wahrscheinlichkeit nach fortsetzen. Denn schließlich treibt dieser gleichzeitig die Inflation weiter in die Höhe. Aber auch wenn es einen Konsens darüber gibt, dass Kern-Staatsanleihen unter den erwarteten Zinsschritten auf kurze Sicht leiden sollten, existieren einige wichtige Faktoren, die einen Anstieg der Renditen und damit verbundene Kursverluste laufender Anleihen beschränken könnten.
Zunächst dürfte die Straffung der Geldpolitik sanfter ausfallen als bisher angenommen – und sicherlich nicht so aggressiv, wie sie der Markt derzeit einschätzt. Die Zinswende wird darüber hinaus zum Platzen vieler Blasen führen. Festverzinsliche Wertpapiere sollten davon profitieren können, auch wenn der Weg dorthin kurzfristig etwas schmerzhaft sein kann.
Denn höhere Renditen führen zu einem Anstieg der Volatilität und zu niedrigeren Aktienkursen, vor allem im Technologiesektor. Ab einem bestimmten Punkt dürfte dies zu wieder sinkenden Renditen führen, da der Safe-Haven-Charakter von Staatsanleihen in den Vordergrund rückt. Zuletzt haben sich die Anleiherenditen seit mehr als einem Jahr stetig nach oben bewegt, und die Märkte preisen rund sechs Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed im Jahr 2022 ein. Auch wenn dies eintrifft, bewegen sich Anleiherenditen auf einen fairen Wert zu. Möglicherweise könnten höhere Renditen zusammen mit volatileren Aktienmärkten zudem zu einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und zu weniger Zinserhöhungen führen. In einem solchen Umfeld sollten sich Staatsanleihen erholen und eine anständige Gesamtrendite erwirtschaften.
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