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28. Oktober 2020
Zwischen Lockdown und Hoffnung: Wirtschaft in Corona-Zeiten

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Zwischen Lockdown und Hoffnung: Wirtschaft in Corona-Zeiten

Temporäre Gastronomieschließung wäre verkraftbar

Clemens Fuest sieht die Schließung von Schulen und Kindergarten ebenfalls als wenig sinnvoll an. Studien würden belegen, dass dort das Ansteckungsrisiko relativ gering ist. Eine Schließung der Gastronomie sei hingegen finanziell verkraftbar. Die Branche habe vor der Krise eine jährliche Wirtschaftsleistung von 52 Mrd. Euro gehabt. Derzeit ist nur die Hälfte aktiv. Somit lägen die Kosten für eine Gastronomieschließung bei 500 Mio. Euro pro Woche. Das sei für die Betroffenen zwar schlimm, gesamtgesellschaftlich aber verkraftbar.

Aufruf zur differenzierten Betrachtung

Insgesamt rief Fuest dazu auf, mehr über die Details der Maßnahmen zu reden. „Wirtschaftlich ist wichtig, dass wir nicht wieder geschlossene Grenzen haben und dadurch industrielle Wertschöpfungsketten gebrochen werden“, forderte Fuest. Das wäre sehr teuer und bringe zudem auch noch wenig für den Infektionsschutz. „Beim Shutdown muss man in den Bereichen ansetzen, die für das Infektionsgeschehen eine relevante Rolle spielen“, so der ifo-Präsident. Wichtig sei zudem eine regional differenzierte Vorgehensweise statt eines bundesweiten allgemeinen Lockdowns.

Rücklagen weitestgehend aufgebraucht

Fratzscher zufolge verkraftet die deutsche Wirtschaft allerdings gar keinen Lockdown mehr. „Viele Unternehmen haben sich während der ersten Welle bereits stark verschuldet und ihre Rücklagen aufgebraucht“, so der DIW-Ökonom. Gerade deswegen sei es wichtig, dass die Maßnahmen zeitlich sehr begrenzt getroffen werden. Zudem müssten Unterstützungen schnell und zielgerichtet fließen. Dabei dürfe man aber die Fähigkeiten des Staates nicht überschätzen. „Der Staat kann nicht alle Unternehmen retten, auch wenn das manchmal so dargestellt wird. Es geht darum, denjenigen zu helfen, die betroffen sind. Frühes, entschiedenes Handeln ist der Schlüssel, damit in ein paar Wochen nicht doch noch ein noch härterer Lockdown nötig wird“, so Fratzscher.

Drohende Insolvenzwelle Anfang 2021

Trotz aller Unterstützungen droht Fratzscher zufolge Anfang 2021 eine Welle der Unternehmensinsolvenzen. Wie viele Insolvenzen genau drohen, konnte auch Clemens Fuest nicht präzise prognostizieren. Wichtig sei vor allem, dass sichergestellt wird, dass funktionierende Geschäftsmodelle weitergeführt werden können. Dennoch sieht er in der Verlängerung des Kurzarbeitergeldes bis Ende 2021 ein falsches Signal. Leute würden dafür bezahlt, zuhause zu bleiben. Anreize in andere Berufe zu wechseln, würden dadurch reduziert. In diesem Punkt wären flexiblere Lösungen gefragt.