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8. April 2022
„Die Kreditversicherung braucht einen funktionierenden Handel“

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„Die Kreditversicherung braucht einen funktionierenden Handel“

Die Pandemie ist noch nicht vorbei, andere Krisen ziehen auf. Was kommt als Nächstes?

Konkrete Szenarien sind schwer vorherzusagen. Interessant ist aber, dass die Versicherer immer sehr, sehr negative Ausblicke gegeben und sehr hohe Risikoszenarien aufgezeigt haben, die so nicht eintrafen. Das heißt, die Einschätzung war viel schlimmer, als die Realität das dann gezeigt hat. Von solchen Szenarien wollen die Kunden dann auch nichts mehr hören.

Aber natürlich haben wir geopolitische Spannungen und wir haben steigende Rohstoffpreise, Ölpreise, Energiepreise. Die Inflation zieht an. Die Geldpolitik wird darauf wahrscheinlich mit höheren Zinsen reagieren. Das sind Zutaten, mit denen verschiedene Ökonomien durch­einandergeraten können. Wie wird sich die USA entwickeln? Wohin laufen der weltweite Handel und die Zusammenarbeit zwischen China, Europa und USA? Und wenn dann weitere Spannungen und kriegerische Handlungen dazukommen, dann können ernsthafte Probleme entstehen.

Was mir persönlich Sorge macht: Wir gewöhnen uns daran, dass die Wirtschaft zum Spielball der Politik wird. Das wird keinem nützen und vielen schaden. Und man sollte Politik auf der politischen Ebene betreiben und Wirtschaft und Handel auf der anderen Ebene. Wie soll denn eine gedeihliche Weltwirtschaft funktionieren, wenn es immer wieder zu Sanktionen und zu Stopps kommt? Die Kreditversicherung lebt davon, dass die Wirtschaften für sich vernünftig funktionieren, miteinander kooperieren und miteinander Handel treiben. Wenn das nicht gegeben ist, braucht man die Kreditversicherung immer weniger.

Von den Lieferketten hört man nichts Gutes.

Das eine bedingt das andere. Ein simples Beispiel: Wenn ein Produkt zu Teilen in Deutschland, zu Teilen in China, zu Teilen in den USA hergestellt wird und an irgendeiner Stelle die Zusammenarbeit verboten wird, ist doch klar, dass die Lieferketten an der Stelle unterbrochen werden.

Welche Rolle spielt dabei die Cyberkriminalität?

Ich sehe die Cyberkriminalität im Sinne von Wirtschaftskriminalität zweigeteilt: Generell führt die zunehmende Digitalisierung zur Zunahme der Risiken sowie der Schäden für alle Unternehmen. Es gibt Schäden, die durch Vertrauenspersonen des Unternehmens, also aus dem Inneren des Unternehmens verursacht werden, wie zum Beispiel Betrug, Untreue, Diebstahl oder auch Computermissbrauch. Diese Schäden bilden nach wie vor einen Großteil der Schäden, sind aber meist nicht existenzgefährdend.

Die klassischen Cyberrisiken sind die Angriffe auf die EDV-Systeme – von innen oder außen – sowie Datenmissbrauch. Die Zahl dieser Schäden ist nach wie vor überschaubar, nimmt aber rasant zu. Diese Risiken sind nicht einfach zu quantifizieren und der Deckungsumfang ist sehr begrenzt.

Es gibt daneben Risiken wie Geldwäsche, Kartellabsprachen etc., die gar nicht versicherbar sind. Es ist die Aufgabe des Topmanagements diese Risiken adäquat zu managen.

Es gibt also keine Lösung für Cyberschäden?

Zumindest nicht der Art, dass dies bezahlbar ist oder man bei Schäden einfach mit Prämienerhöhungen kommen könnte. Von solchen Normalitäten ist diese Sparte weit entfernt.

Sie haben kurz die Vertrauensschadenversicherung angesprochen. Wie sieht es denn hier aus?

Das Thema Vertrauensschaden gibt es lange. Da gibt es ausreichend Erfahrung und Rückdeckungssysteme. Die Schäden sind zudem viel niedriger, als wenn ein Konzern angegriffen wird und die Produktion lahm­gelegt wird. Dennoch ist die große Mehrzahl der Schäden im Bereich der klassischen Vertauensschäden.

 
Ein Interview mit
Cengiz Horn