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26. Mai 2025
„Immobilienmakler sind keine Randfigur des Marktes“
„Immobilienmakler sind keine Randfigur des Marktes“

„Immobilienmakler sind keine Randfigur des Marktes“

Auch in der Immobilienwirtschaft sind die Erwartungen an die neue Bundesregierung groß. An welchen Hebeln es aus Sicht der Immobilienbranche nun anzusetzen gilt und wo die Prioritäten liegen sollten, darüber sprach AssCompact mit Apostolos Bibudis vom Immobilienmaklernetzwerk iad.

Interview mit Apostolos Bibudis, Geschäftsführer der iad Deutschland GmbH
Herr Bibudis, die neue Bundesregierung hat ihre Arbeit aufgenommen. Welche der geplanten Maßnahmen aus dem Koalitionspapier sind aus Sicht der Immobilienpraxis zielführend? 

Es ist zu begrüßen, dass sich die Regierung erneut zum Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr bekennt und den sozialen Wohnungsbau stärken will. Auch die angekündigten Schritte in Richtung Digitalisierung, serielles Bauen und beschleunigte Planungsverfahren sind grundsätzlich richtig – das sagt aber noch nichts über ihre Wirksamkeit aus. Denn woran es uns in Deutschland nicht mangelt, sind rationale Ziele. Gescheitert ist die Vorgängerregierung nicht am „Was“, sondern am „Wie“ – und genau hier liegt auch jetzt die zentrale Herausforderung. Geschwindigkeit, Planbarkeit und ein realistischer, praxisnaher Umgang mit Ressourcen sind entscheidender als jeder politische Slogan. Was wir brauchen, ist weniger Absichtserklärung und mehr Umsetzungskraft. 

Wo bleiben Ihrer Meinung nach zentrale Punkte offen? 

Ein Großteil der Maßnahmen bleibt zu abstrakt. Wir brauchen konkrete Zeitschienen, klare gesetzliche Vorgaben und vor allem ein einheitliches Verständnis von Dringlichkeit – auch auf Landes- und kommunaler Ebene. Viel zu selten wird außerdem die Rolle des Vertriebs thematisiert. Immobilienmakler:innen sind keine Randfigur des Marktes, sondern systemrelevant – gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit. Dass dies politisch kaum anerkannt wird, ist ein Versäumnis. 

Welche Weichen muss die neue Regierung nun stellen, um den Wohnungsbau wirksam zu beschleunigen? 

Die entscheidenden Hebel liegen in der Verwaltung: Bauanträge müssen digital, effizient und transparent bearbeitet werden – mit klaren Fristen und Standards. Gleichzeitig braucht es steuerliche Impulse: eine Reform der Grunderwerbsteuer, bessere Abschreibungsmöglichkeiten, Investitionsanreize für energetische Sanierungen. Und nicht zuletzt: eine stärkere europäische Perspektive. Viele Lösungen für unsere Probleme finden wir nicht im nationalen Rückspiegel, sondern in der Zusammenarbeit mit Partnerländern, die pragmatischer vorangehen. 

Abgesehen vom Wohnungsbau: Welche Prioritäten sollte die neue Bauministerin Verena Hubertz Ihrer Ansicht nach setzen? 

Der Fokus darf nicht allein auf Quantität liegen. Qualität, Nachhaltigkeit und Digitalisierung müssen ebenso priorisiert werden. Außerdem sollten Stadtentwicklung, Infrastruktur und ländliche Räume stärker zusammengedacht werden – nicht im Sinne isolierter Programme, sondern als gesellschaftliche Vision. Ein modernes Bauministerium braucht Mut zur Reform, Lust auf Technologie und die Bereitschaft, föderale Reibungsverluste ehrlich zu adressieren. Das funktioniert nur mit Dialogbereitschaft – auch mit der Branche. 

Lassen Sie uns auf den Markt blicken: Wie wirkt sich die Gemengelage aus geopolitischen Unsicherheiten, gestiegenen Baukosten und höherem Zinsniveau derzeit auf Nachfrage, Transaktionen und Investitionsbereitschaft aus? 

Wir beobachten eine klare Zurückhaltung. Der Markt ist selektiver, kalkulierbarer Wohnraum wird seltener. Projektentwicklungen werden verschoben, Käufer warten ab, Finanzierungen sind schwieriger geworden. Gleichzeitig bleibt Wohneigentum ein Stabilitätsanker. Das Spannungsfeld zwischen Wunsch und Wirklichkeit war selten so groß. In dieser Phase wird Beratung wichtiger als je zuvor – und Vertrauen zur eigentlichen Währung des Marktes. 

Welche Herausforderungen bringt das konkret für Immobilienmakler mit sich?

Immobilienmakler:innen sehen sich heute einer doppelten Herausforderung gegenüber: Sie müssen nicht nur weiterhin erfolgreich vermitteln, sondern auch immer schnellere und komplexere Märkte erklären, Risiken einschätzen und Menschen durch Unsicherheiten begleiten. Die Dynamik hat deutlich zugenommen – was gestern noch galt, kann morgen schon überholt sein. Das erfordert nicht nur fundiertes Fachwissen, sondern auch digitale Werkzeuge, verlässliche Netzwerke und ein feines Gespür für Marktpsychologie. Die alte Vorstellung vom Immobilienmakler als bloßem Vermittler ist längst überholt. Heute geht es um strategische Beratung, Struktur und die Fähigkeit, Orientierung in einer zunehmend vielschichtigen Marktlage zu bieten. 

Welche Maßnahmen braucht es, um die Vermittlung und Verfügbarkeit von Wohnraum unter diesen Bedingungen zu unterstützen bzw. zu vereinfachen? 

Erstens braucht es mehr Transparenz in Prozessen, vor allem bei Genehmigungen und Finanzierung. Zweitens: digitale Schnittstellen zwischen Verwaltung, Maklerschaft und Investoren. Drittens: gezielte Förderung auch für kleinere Akteure, um nicht nur Großinvestoren handlungsfähig zu halten. Wohnraumvermittlung ist kein Zufallsprodukt – sie braucht Infrastruktur, Kommunikation und verlässliche politische Rahmenbedingungen. Und ein klareres gesellschaftliches Bekenntnis zum Wohneigentum, das auch jungen Familien eine Perspektive bietet. 

Welche Rolle können Immobilienmaklernetzwerke wie iad dabei spielen? 

Ein Netzwerk wie iad verbindet lokale Expertise mit europäischer Infrastruktur. Das macht uns schnell, flexibel und resilient – besonders in einem fragmentierten Markt wie dem deutschen. Unsere Partner:innen agieren unternehmerisch, aber mit dem Rückhalt eines starken digitalen Ökosystems. Wir sind überzeugt: Die Zukunft liegt nicht im Einzelkämpfertum, sondern in intelligenten Netzwerken, die Wissen teilen, Standards setzen und den Beruf des Maklers neu definieren – mit Haltung, Kompetenz und Offenheit. 

Welche Impulse braucht der Markt jetzt? 

Vertrauen, Klarheit, Mut. Vertrauen in die langfristige Stabilität des Marktes. Klare politische Botschaften, die Investitionen ermöglichen statt erschweren. Und Mut – bei Projektentwicklern, bei Banken, bei politischen Entscheidungsträgern. Es braucht eine neue Erzählung: vom Wohnen als gesamtgesellschaftlicher Aufgabe, nicht als Spielball wechselnder Parteiprogramme. Wir bei iad glauben an offene Märkte, an europäische Zusammenarbeit und an eine Immobilienbranche, die Teil der Lösung ist – nicht des Problems. 

Bild oben: © iad

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