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29. November 2021
Muss Versicherungsvertrieb digital sein?
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Muss Versicherungsvertrieb digital sein?

PwC und die Versicherungsforen Leipzig haben in einer Studie untersucht, was sich die Kundschaft der Versicherungsvertriebe wünscht. Was sind ihre Erwartungen und Wünsche für den Abschluss einer Versicherung? Antworten darauf und auf andere Fragen wurden jetzt veröffentlicht.

PwC Deutschland und die Versicherungsforen Leipzig haben Ergebnisse einer Studie zur Zukunft des Versicherungsvertriebs herausgegeben. In einem mehrstufigen Prozess wurden unter anderem 1.000 Endkunden, 65 Vertriebsexperten sowie einige Vorstandsmitglieder befragt oder interviewt. In der Studie geht es um Erfahrungen mit und Erwartungen der Endkunden an Vertriebsprozesse, wobei ein besonderer Fokus darauf liegt, wie sich diese möglicherweise durch die Corona-Pandemie verändert haben. Da es sich um eine Studienreihe handelt, werden weitere Beiträge, zum Beispiel zu Banken-, Ausschließlichkeits-, Direkt-, Makler- und Finanzvertrieb, in Folge veröffentlicht.

Fokus auf Veränderung durch Pandemie

Es lässt sich kaum leugnen, dass die Corona-Pandemie viel verändert hat. Im Vertrieb von Versicherungen ist dies ebenfalls der Fall. Auch wenn der Kontakt von Angesicht zu Angesicht als besonders wichtig in der Versicherungsbranche gilt, könnte es vielleicht sein, dass Kunden sich aufgrund der Krise wünschen, dass alles viel digitaler abläuft? Auf die Beantwortung dieser Frage legt die Studie ein besonderes Augenmerk. Was hat sich in und durch die Pandemie in der Welt des Versicherungsvertriebs verändert? Und welche Konsequenzen zieht das für die Zukunft mit sich? Letztendlich stellt sich die Frage, wie ein erfolgreicher Versicherungsbetrieb zukünftig aussieht.

Welche Kommunikationswege gibt es?

Was tun, wenn der persönliche Kontakt entfällt? Nun, es müssen andere Kommunikationswege her. In der Befragung der Vertriebsexperten gaben 71% an, dass sie nun Videoberatung anbieten. Diese wurde nach Angaben der Experten auch oft und gut genutzt. 23% haben ein Serviceportal gestartet. Und einen Chat oder eine App zum Kommunizieren gibt es jeweils bei rund 20%.

Auf Kundenseite nachgefragt ist die Einholung von Erstinformationen über die Internetrecherche am beliebtesten. Direkt danach (über 40%) folgen bereits die Vermittler selbst. Vergleichsportale stehen auf Platz 3.

Kommt es zum Abschluss eines Vertrages, bleibt immer noch der Vermittler die erste Wahl (39,5%), dicht gefolgt von der Website des Vermittlers. Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass bei der Beratung die Verständlichkeit der Informationen und das Vertrauen zum Anbieter die größte Rolle spielen.

Bei Servicefragen sind E-Mail und Telefon bei den Kunden angesehen.

Was soll beibehalten werden? Was soll übertragen werden?

Auch nach der Pandemie wünschen sich Kunden digitale Wege, um mit ihrem Anbieter in Kontakt zu treten. Digitale Unterschriften, WhatsApp-Chat, Kundenportal und Videotelefonie werden gemäß der Studie weiterhin gefragt sein. Denn aufgrund der Pandemie ging der persönliche Kontakt der Kunden zu ihrem Vertriebspartner zurück und andere Servicekanäle (z. B. Telefon, Mail, Video, Kundenportal, Social Media) wurden häufiger in Anspruch genommen als vorher.

In den Ergebnissen werden zudem drei Eigenschaften genannt, die vom Analogen auf das Digitale übertragen werden sollen. Sie lauten: Vertrauensvoll, persönlich und freundlich. Dies wird Aufgabe der Vermittler sein. Dabei sei Video-Telefonie ein wichtiger Schritt, der sich der Studie nach fortsetzen wird.

Wie ist die Situation im Vertrieb?

Die Pandemie hat die Digitalisierung im Vertrieb beschleunigt. Einige Themen und Projekte erhielten besondere Aufmerksamkeit: Vertriebsprozesse im eigenen Haus wurden bei 88% weiter digitalisiert. Zudem wurden dort neue Tools für den Vertrieb eingeführt. Neue Services für die Kunden wurden bei knapp 80% angeboten. Bei ungefähr genauso vielen gab es einen Ausbau der digitalen Kontaktwege.

„Versicherer und Vermittler, die in der Pandemie auch Chancen erkennen und ihr Geschäftsmodell weiterentwickeln, werden die Gewinner sein“, betonen Diana Ehrenberg und Dr. Manuela Wolf, Vertriebsexpertinnen bei den Versicherungsforen Leipzig. Ein wesentlicher Baustein werde laut Dr. Wolf dabei auch der Wandel der Unternehmenskultur sein, um im Versicherungsvertrieb zukunfts- und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Was ist daraus zu schließen?

Sollte als Reaktion auf die Pandemie-Situation und auch danach auf volle Digitalisierung gesetzt werden? Nein, sagen die Ergebnisse der Befragungen. Natürlich kann der Vertrieb auch nicht ausschließlich Face-to-Face ablaufen. Die vorgeschlagene Lösung ist der Mittelweg: Die Kundschaft will „hybrid“. Sie möchte sich online wie offline informieren und kommunizieren können. Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist folglich: Entlang der Customer Journey sind „digital“ und „persönlich“ untrennbar miteinander verbunden.

„Beim Abschluss einer Versicherung ist und bleibt Vertrauen entscheidend, der persönliche Vertragsschluss ist weiterhin der Königsweg. In der Pandemie wurde und wird jedoch deutlich: Gut ausgestaltete digitale Angebote können auch ohne persönliches Gespräch eine sehr gute Alternative für einen vertrauensvollen Vertragsabschluss bieten. Die Institute, die in hybride und digitale Kommunikationsangebote investieren, werden sich damit einen Wettbewerbsvorteil sichern können“, sagt Sven Stark, Insurance Leader Advisory bei PwC Deutschland. (lg)

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