Unlängst nahm eine Studie der Fachhochschule Dortmund mit dem Titel „Wert unabhängiger Versicherungsberatung“ die Aufmerksamkeit der Medien in Anspruch. Das Fazit der Studie im besten Genderdeutsch: „Kund:innen verschmähen Honorarberatung in der Rentenversicherung“. Die Journaille formulierte prompt tönende Headlines: „Studie: Verbraucher pfeifen auf Lebenspolicen ohne Provisionen“. Aber die Kritik war nicht weniger laut: „Schein statt Wissenschaft: Wie eine Studie unabhängige Beratung verfälscht“. Was nun?
Was auf den ersten Blick nur als ein Thema vor allem für die ca. 300 Versicherungsberater in Deutschland und damit wenig relevant für die ca. 47.000 Versicherungsmakler in Deutschland daherkommt, entpuppt sich auf den zweiten Blick tatsächlich als eine sprachliche Mogelpackung. Denn in Wahrheit geht es in der Studie um den Vergleich zweier Vertriebsmodelle: Vermittlung von Fondspolicen „brutto“ mit eingepreisten und vom Versicherer zu zahlenden Vermittlungsprovisionen einerseits und Vermittlung von Fondspolicen „netto“ mit offengelegten und vom Versicherungsnehmer (VN) zu zahlenden Vermittlungsprovisionen. Dass die vom VN zu zahlenden Vermittlungsprovisionen in der Studie vornehm als Honorar bezeichnet werden: geschenkt. Eine Katze bleibt eine Katze, auch wenn man ihr ein Schild mit der Aufschrift „Hund“ umhängt. Die Wahl der Worte nimmt (manchmal bewusst) Einfluss auf die Inhalte. Sind die Begriffe jedoch unklar, beginnen die Probleme in der Kommunikation (Wenn die Begriffe nicht richtig sind, so stimmen die Worte nicht, Konfuzius).
Sprache als Mittel der Kommunikation
Sprache dient der Kommunikation. Sprache transportiert Gedanken und Informationen von einem Menschen zum anderen. Bildlich kann man sich das so vorstellen, dass von einem Sender über ein Medium Nachrichten an einen Empfänger übermittelt werden. Die Nachricht wird vom Sender kodiert und als Signal an den Empfänger übertragen. Der Empfänger muss das Signal decodieren, um die Nachricht zu verstehen. Die Kommunikation ist erfolgreich, wenn das Signal ohne Störungen übermittelt wird und Sender und Empfänger denselben Code verwenden. Ist das nicht der Fall, kommt es in der Kommunikation zu Störungen.
Digitale Kommunikation
In der digitalen Welt ist das Matchen von Informationen vergleichsweise einfach, weil die Informationen aufgrund der Verwendung von Binärcodes lediglich aus einer Anreihung von nur zwei Grundinformationen (+/– bzw. wahr/falsch) bestehen, die elektronische Prozesse anstoßen.
Sprachliche Kommunikation
Die Kommunikation der Menschen untereinander ist ungleich komplexer. Sprache besteht aus verschiedenen Zeichen und Regelsystemen (Laute, Buchstaben, Wörter, Sätze, Syntax). Sender und Empfänger müssen deshalb über einen möglichst großen Übereinstimmungsgrad ihrer Zeichen und Regelsysteme verfügen. Das ist in der Praxis nicht immer der Fall. Das liegt zum einen an der unterschiedlichen Sprachkompetenz der Beteiligten und zum anderen an der mangelnden Eindeutigkeit der Zeichen und Regelsysteme.
Gesprochene und geschriebene Sprache kennt viele bedeutungsähnliche oder bedeutungsverwandte Wörter. Während das Verb „sterben“ lediglich die Grundinformation liefert, können bedeutungsähnliche Wörter wie „verdursten“ oder „ertrinken“ die Grundinformation um weitere Informationen erweitern. Hinzu kommt, dass Wörter oder Sätze auch über Nebenbedeutungen (Konnotationen) verfügen, die bei der Verwendung des Wortes/Satzes als zusätzlicher wertender Begriffsinhalt mit transportiert werden können. So meinen die Wörter „Hund“ oder „Kläffer“ dasselbe Tier. Doch die übermittelte Information ist je nach verwendetem Wort unterschiedlich (Kläffer ist eine abschätzige Bezeichnung für einen Hund und ist so ein Beispiel für eine negative Konnotation). Sprachkommunikation ist also nur erfolgreich, wenn Codierung und Decodierung auch die semantischen Unterschiede der verwendeten Zeichen berücksichtigen.
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