AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
11. September 2025
Zug verspätet, Flug verpasst: Grund für Schadenersatz?
Zug verspätet, Flug verpasst: Grund für Schadenersatz?

Zug verspätet, Flug verpasst: Grund für Schadenersatz?

Urlaubsreise gescheitert, noch bevor sie begann: Ein verspäteter Zubringerzug machte einem Ehepaar die Nordeuropa-Kreuzfahrt zunichte. Der Flug startete ohne sie, die gesamte Pauschalreise fiel ins Wasser. Infolge verlangten die Reisenden Schadenersatz vom Reiseveranstalter.

„Rail & (NO)Fly?“ – mit dieser zugespitzten Frage titelt das Landgericht (LG) Koblenz zu einem Urteil vom 03.07.2025. Für ein Ehepaar endete der Urlaub schon am Bahnsteig: Der Zubringerzug verspätete sich, der Flieger startete ohne sie und die gebuchte Pauschalreise inklusive Rail&Fly-Ticket fiel ins Wasser. In der Folge stornierten die Reisenden ihre gesamte Reise, verlangten vom Veranstalter Schadenersatz und klagten.

Zugverspätung führte zu No-Show beim Flug

Das Ehepaar hatte eine Nordeuropa-Kreuzfahrt ab Frankfurt zum Gesamtpreis von 5.920 Euro gebucht, inklusive eines Rail&Fly-Tickets. Der Flug sollte am 05.11.2023 um 11:50 Uhr starten. Für die Anreise nutzten die Reisenden eine Zugverbindung, die planmäßig um 9:18 Uhr am Frankfurter Flughafen eintreffen sollte. Aufgrund einer Zugverspätung verpassten der Kläger und seine Frau jedoch den Flug.

Der Kläger argumentierte, dass sie die Reise rechtzeitig angetreten hätten und dass das Rail&Fly-Ticket eine Leistung des Veranstalters sei. Deshalb stünde ihm gemäß § 651n Abs. 2 BGB ein Ausgleich von 50% des Reisepreises für die vereitelte Reise zu. Der Veranstalter führte dagegen an, dass die Bahnanreise nicht Vertragsbestandteil des Reisevertrags gewesen sei. Die Kläger hätten lediglich einen Rail&Fly-Gutschein erhalten, mit dem sie kostenlos zum Flughafen gelangen konnten. Aus den Gutscheininformationen gehe hervor, dass eine Verbindung empfohlen werde, die mindestens vier Stunden vor Abflug am Flughafen eintreffe. Dieser Empfehlung sei der Kläger nicht gefolgt, insofern sei die Berechnung einer Stornierungspauschale gemäß den AGB gerechtfertigt.

Gericht: Verspätetes Eintreffen selbst verschuldet

Die 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz wies die Klage ab. Ein Anspruch des Klägers auf Erstattung des Reisepreises bestehe nicht. Zwar sei die Bahnanreise mit dem Rail&Fly-Ticket Teil der Reiseleistung der Beklagten, doch habe der Kläger das Verpassen des Fluges selbst verschuldet.

Die Beklagte wies in ihren Reiseinformationen darauf hin, dass Reisende für Ziele außerhalb der EU drei bis dreieinhalb Stunden vor Abflug am Check-in erscheinen sollten. Diese Hinweise seien verbindlich, da das Rail&Fly-Angebot Teil der Reiseleistung sei. Damit könne der Veranstalter abstrakte Verhaltensregeln für eine sorgfältige Anreise vorgeben, um das Risiko grob fahrlässiger Planungsfehler nicht zu tragen.

Nach diesen Maßstäben sei das verspätete Eintreffen des Klägers am Flughafen selbst verschuldet. Die geplante Anreise mit der Bahn hätte nur eine Ankunft um 9:18 Uhr ermöglicht, also lediglich zwei Stunden und 32 Minuten vor Abflug. Für den Weg zum Check-in wäre die verbleibende Zeit äußerst knapp gewesen. Angesichts der bekannten Unzuverlässigkeit der Deutschen Bahn sei diese Planung bereits grob fahrlässig. (bh)

LG Koblenz, Urteil vom 03.07.2025 – Az: 16 O 43/24

Lesen Sie auch: Flieger hätte Passagiere – trotz kurz vor knapp – mitnehmen müssen