Ein Artikel von Andreas Wollermann, Head of Growth & Generational Trend bbg Betriebsberatungs GmbH
Früher war die Lebensversicherung ein Symbol für Sicherheit und für viele eine Selbstverständlichkeit. Ein Vertrag fürs Leben. Man schloss sie ab, sobald man den ersten Job hatte, und glaubte, damit alles richtig zu machen. Sie stand für Verlässlichkeit, für Planbarkeit, für den Traum vom ruhigen Lebensabend und brachte Ruhe, zumindest wenn man der ein oder anderen Verkaufsschulung von früher glauben wollte.
Heute klingt genau diese Story für viele junge Menschen wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Die Gen Z winkt ab, wenn man über Laufzeiten von 30 Jahren, Garantiezinsen und Überschussbeteiligungen spricht, die für viele in unsicheren Zeiten gar nicht greifbar sind. Nicht, weil sie Sicherheit ablehnen, sondern weil sie das System dahinter nicht mehr verstehen wollen oder noch viel schlimmer: weil sie ihm aufgrund vieler unseriöser Geschichten einfach nicht mehr trauen.
Produkte aus einer Welt, die es nicht mehr gibt
Die Lebensversicherung wurde entwickelt für ein Leben, das heute kaum noch jemand führt. Feste starre Jobs, konstante Einkommensentwicklung über Jahrzehnte beim gleichen Arbeitgeber und somit einem klaren Lebensplan. Die Realität der Gen Z und folgend der Gen Alpha sieht anders aus. Wechselnde Arbeitgeber, hiermit verbunden regelmäßig neue Wohnorte, die ein oder andere Selbstständigkeit und flexible Modelle.
Das Leben ist in Bewegung, aber die meisten Produkte sind starr. Genau da liegt das Problem. Wer sein Leben alle zwei, drei Jahre neu denkt, wird sich nicht auf Verträge einlassen, die bis 2055 laufen. Diese Generation will Freiheit und Flexibilität, nicht Verpflichtung. Transparenz und Klarheit, nicht Bürokratie und Hindernisse. Selbstbestimmung und Anpassungsfähigkeit, nicht Bindung.
Vertrauen scheitert an Sprache
Die Branche spricht so oft noch in Fachbegriffen, als wäre 1999 nie vergangen: Garantiezins, Risikoanteil oder Überschussbeteiligung. Das klingt für die meisten nach Amtsblatt und Bürokratie, nach Starrheit und wenig Flexibilität, nicht nach Zukunft. Die wirkliche Wahrheit ist beim genauen Betrachten jedoch oft eine andere als die wahrgenommene. Die meisten Produkte sind nicht schlecht. Sie sind sprachlich und emotional einfach in einer Welt stecken geblieben, die es nicht mehr gibt. Analoge Botschaften treffen auf digitale Zuhörer!
Wer heute Vertrauen will, muss emotionalen Klartext reden. Die Gen Z will sehen, was mit ihrem Geld passiert! In Echtzeit und anpassbar. So wie jetzt das Leben spielt. Nicht erst in 30 Jahren. Sie will verstehen worin, sie investiert, welche Werte dahinterstehen, und ob das zu ihrem eigenen Wertesystem passt. Sinn schlägt Zins, denn diesen kann ich heute bereits spüren!
Seite 1 Die klassische Lebensversicherung verliert ihre Generation
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